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Stromschnellen: Roman (German Edition)

Stromschnellen: Roman (German Edition)

Titel: Stromschnellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bonnie Jo Campbell
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sie sich das nasse Haar kämmte, hörte sie wieder nebenan den Fernseher brummen, und das Geräusch machte sie schläfrig. Sie wickelte sich in ein Handtuch, ging ins Gästezimmer und legte sich aufs Bett, ohne die Tagesdecke zurückzuschlagen. Vielleicht sollte sie ein paar weiche Handtücher mit auf ihr Boot nehmen. Gut möglich, dass sie eins hätte mitgehen lassen, wenn sie ihren Rucksack dabeigehabt hätte.
    Als sie aufwachte, war es draußen dunkel. Sie setzte sich auf und stellte verwundert fest, dass sie nackt auf einem fremden Bett lag. Dann fiel ihr wieder ein, dass sie im Haus ihrer Mutter war, und sie überzeugte sich davon, dass sie nicht träumte. Nebenan lief immer noch der Fernseher. Auf dem Stuhl, auf dem sie ihre Kleider gelassen hatte, lagen nun eine Jeans und eine weiße Bluse, wie ihre Mutter sie angehabt hatte. Ihr Armeemesser und ihr Geldbeutel waren auf der Kommode. An der Tür hing ein grüner Parka.
    »Da kommt Dornröschen«, begrüßte Luanne sie, als sie die Küche betrat. »Du hast fast vier Stunden geschlafen.«
    »So lange wollte ich gar nicht schlafen.« Normalerweise schlief Margo nicht einmal nachts vier Stunden am Stück, ohne aufzuwachen, um zumindest das Feuer zu schüren.
    »Du redest mit einer Frau, die früher den ganzen Tag lang geschlafen hat. Weißt du noch? Das war ein Anzeichen für eine Depression, sagt mein Arzt. Sieh mal, ich habe uns eine Pizza bestellt – mit allem. Mir ist wieder eingefallen, dass du sie so am liebsten magst.«
    Margo lächelte, als Luanne den Deckel anhob.
    »Meine Sachen stehen dir gut«, stellte Luanne fest, als sie sich an den Küchentisch setzten. Er war in eine Ecke eingepasst und viermal so groß wie der Tisch auf der Glutton .
    »Wo sind meine Sachen?«, fragte Margo.
    »Ich habe sie gewaschen und in den Trockner gesteckt, aber die Jacke sollte ich vielleicht besser verbrennen. Sie sieht aus wie eine von denen, die die Slocums getragen haben. Ach, erinnerst du dich noch an die Slocums?«
    »Es ist Daddys alte Jacke.«
    »Wie dem auch sei, sie sieht aus, als wäre sie seit … na ja, seit einer ganzen Weile nicht mehr gewaschen worden. Mal sehen, wie sie aus dem Trockner kommt. Ich habe einen warmen Parka für dich ins Gästezimmer gehängt. Den kannst du haben, wenn du willst. Ich sehe darin so unförmig aus. Möchtest du einen Schluck Wein?«
    Margo schüttelte den Kopf.
    »Normalerweise trinke ich unter der Woche nicht, aber der heutige Tag hat sich als ziemliche Überraschung entpuppt.« Ihre Mutter trank einen Schluck Weißwein. »Erzähl mir mehr über Murrayville – irgendwas.«
    Margo schluckte und berichtete dann zögernd: »In unserem alten Haus wohnt jetzt eine Frau mit einem bösartigen Hund. Sie raucht Pfeife. Und Junior ist nach Alaska gegangen.«
    »Wie schön, dass es noch jemand von dort weg geschafft hat.«
    Margo fand es schrecklich, dass Junior so weit weg war. Sie verdrängte den Gedanken jedoch und sagte sich, dass dies die beste Pizza war, die sie je gegessen hatte. Sie verschlang das Stück, das vor ihr lag, und nahm sich noch eins.
    »Hat Cal …?« Margo war sich nicht sicher, was sie eigentlich fragen wollte. »Hat Cal dich gezwungen, Ma?« Sie beobachtete Luannes Gesicht. »Bist du deshalb von zu Hause weggegangen?«
    »Ob Cal mich zu irgendwas gezwungen hat?« Luanne lachte und hielt sich die Hand vor den Mund. Ihr Nagellack hatte denselben Perlmuttton wie der Lippenstift der Krankenschwester in der Klinik. »Du kannst es nicht wissen, du warst noch so jung. Cal und ich, wir waren … Also wir hatten …«
    »Was?«
    »Cal und ich hatten damals was miteinander. Wir waren ein Paar. Cal war meine große Liebe, nicht dein Vater, Gott habe ihn selig. Ich kann nicht glauben, dass ich dir das erzähle.«
    »Du hattest was mit Cal? Freiwillig?«
    »Freiwillig? Ich denke, so könnte man es nennen.«
    »Wusste Daddy davon?« Diese Küche war größer als Joannas, aber die Arbeitsflächen waren nicht mit Behältern, Schneidbrettern oder Stapeln von Geschirrtüchern zugekramt. Bei Joanna stand eine Reihe alter Kochbücher unter den Hängeschränken, aber hier entdeckte Margo kein einziges.
    »Nach einer Weile hat er es rausgefunden. Und Joanna auch. Sie hat geschworen, mir das Leben zur Hölle zu machen, wenn ich nicht verschwinde. Diese Frau ist zäher, als du denkst. Cal hatte mir versprochen, mich aus Murrayville wegzubringen und mit mir nach Kalifornien zu gehen, aber mir ist klar geworden, dass er niemals alles

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