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Stromschnellen: Roman (German Edition)

Stromschnellen: Roman (German Edition)

Titel: Stromschnellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bonnie Jo Campbell
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hatten gewisse Gemeinsamkeiten – schwarzes Haar, Bart, blaue Augen –, aber während Brian breitschultrig und um die Leibesmitte straff war, hatte Paul runde Schultern und einen Bauchansatz. Brians Haar war zu kurz, um es wie Pauls zu einem Pferdeschwanz zusammenzubinden, und Pauls Gesicht war schmaler und blasser als Brians. Angestrengt starrte Paul auf die Karten in seiner Hand und legte sie dann widerstrebend auf den Tisch. Er angelte eine Brille aus der Tasche seiner mit Schafsfell gefütterten Jacke und setzte sie auf. Durch das Brillenglas wirkte ein Auge ganz groß, das andere war halb geschlossen. Margo konnte den Blick nicht von ihm losreißen.
    »Ein gutes Blatt reißt dich nicht aus der Pechsträhne, die du seit fünf Jahren hast, du armes Schwein«, versetzte Brian grinsend.
    »Letzte Woche habe ich gegen dich gewonnen.«
    »Einen Dreck hast du!« Brian wandte sich an Margo. »Wir haben das mit deinem Daddy gehört. Es tut uns so leid! Ich habe ein paar Jahre mit ihm in der Wärmebehandlung gearbeitet. Der alte Murray hat immer gesagt, dass er schlau und sehr umsichtig war. Ja, das hat er über ihn gesagt. Er hat ihn geliebt wie einen Sohn. Er war ja wohl auch sein Sohn.«
    »Mir tut’s auch leid«, sagte Paul und deckte seine Karten auf. »Ich hab ihn zwar nie kennengelernt, aber die Sache ist hart.«
    »Paul und ich haben unseren Vater vor fünf Jahren verloren«, erklärte Brian. »Das war selbst für uns als Erwachsene nicht leicht. Und das, obwohl der Schweinehund uns windelweich geprügelt hat.«
    »O ja, das hat er!«, bekräftigte Paul. »Der Fiesling hat uns geschlagen, und das hat uns hart gemacht.«
    »Er hat uns zu den Fieslingen gemacht, die wir heute sind«, ergänzte Brian.
    Paul nahm grinsend die Brille ab. Ein Auge war immer noch zusammengekniffen.
    »Warum lässt du die Brille nicht auf?«, fragte Brian. »Sonst siehst du doch nichts.«
    »Ich krieg Kopfschmerzen von dem verdammten Ding. Scher dich um deine eigenen Augen, Brian.«
    »Als wir noch Kinder waren, hab ich meinem Bruder mit dem Luftgewehr ins Auge geschossen. Seitdem ist er auf dem rechten Auge blind, deshalb muss ich mich jetzt um ihn kümmern«, erklärte Brian.
    »Von wegen kümmern, du Arschloch!«
    »Ich hab ihm Vietnam erspart und ihm dadurch wahrscheinlich das verdammte Leben gerettet«, behauptete Brian.
    »Können wir einfach das Spiel zu Ende spielen?«
    »Auf dem andern Auge sieht er aus dem üblichen Grund schlecht – er hat zu oft an seiner Kette gezerrt«, meinte Brian augenzwinkernd zu Margo. »Dabei hatte uns der Pfarrer gewarnt.«
    »Halt endlich dein verdammtes Maul, Brian!«
    Margo zog die Handschuhe aus und legte sie auf den Tisch. Sie blieben gekrümmt liegen.
    »Oh, Maggie, du Arme! Paul, die Kleine ist halb erfroren. Sieh dir ihre Finger an!« Brian nahm Margos Hände und blies seinen heißen Atem darauf. Als sie selbst ihre Finger angehaucht hatte, hatte es nur wenig geholfen, aber Brians großer Körper – er musste auch große Lungen haben – erzeugte richtige Hitze. Trotz ihrer Vorbehalte war ihr danach, den Kopf an ihn zu lehnen.
    »Ich hoffe, es macht dir nichts aus, wenn ich dich das frage, Miss Maggie«, sagte Paul, »aber wundert sich deine Familie nicht, wo du steckst?«
    »Ihre Familie, das sind jetzt die Murrays, Paul. Würdest du bei diesen Kotzbrocken leben wollen?«
    »Trotzdem machen sie sich bestimmt Sorgen um sie«, entgegnete Paul. »Was ist mit ihrer Mutter?«
    »Die ist vor anderthalb Jahren abgehauen und hat ihre Tochter im Stich gelassen. Sie ist mit einem Kerl aus Heart of Pines durchgebrannt. Maggie, bist du hier, weil du zu deiner Mutter willst?«
    Margo zog scharf die Luft ein. Sie hatte nicht bedacht, dass Brian ihre Mutter womöglich kannte.
    »Gib mir zwei Karten«, verlangte Paul.
    Brian ließ Margos Hände los, gab Paul zwei Karten und nahm sich selbst auch zwei. Paul hielt sein Blatt so verkrampft fest, dass seine Fingerspitzen weiß wurden.
    »Morgen bringen wir dich, wohin du willst«, sagte Brian. »Keine Sorge, heute Nacht kannst du hierbleiben.«
    »Ich kann verstehen, dass eine Frau ihren Mann sitzen lässt«, sagte Paul, und seine Stimme klang mit einem Mal ärgerlich. »Aber welche Frau würde ihr Kind im Stich lassen? Noch dazu ihre Tochter? Meine Frau würde eher sterben, als eins von unseren Kindern allein zu lassen.«
    »Es steht uns nicht zu, darüber zu urteilen«, meinte Brian und ergriff wieder Margos Hände. Nachdem er sie ein paar Minuten

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