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Stromschnellen: Roman (German Edition)

Stromschnellen: Roman (German Edition)

Titel: Stromschnellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bonnie Jo Campbell
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klafterweise in der Gegend aus. Er konnte auch Autos reparieren, hasste diese Arbeit im Winter aber, es sei denn, er durfte die beheizte Garage eines Bekannten nutzen. Etwa einmal die Woche besuchte er seine Kinder in der Stadt, von denen eines, wie er sagte, knapp drei Jahre jünger als Margo war, was bedeutete, dass der Junge in Wirklichkeit nur ein Jahr jünger als sie war. Manchmal lud Brian sie zu einer Fahrt ein, aber Margo wollte nicht riskieren, der Polizei oder den Murrays über den Weg zu laufen. Anfangs war ihm nicht ganz wohl bei der Vorstellung, sie allein zu lassen, aber schon bald ging er fest davon aus, dass sie bei seiner Heimkehr noch da war. Er sei ein Glückspilz, meinte er, weil er wisse, dass sie am Ende eines Tages, an dem er Gruben ausgehoben oder Bäume gefällt hatte, auf ihn warte. Sie sei seine Rettung , sein Grund, sesshaft zu werden und sich zu bessern. Bei diesen Worten grinste er so grimmig, dass Margo Angst bekam.
    Der Brief, der im März eintraf, steckte in einem gelben Kuvert ohne Absender. Comicartige Hummeln zierten den gefalteten Papierbogen, in dem eine postalische Geldanweisung über zweihundert Dollar lag. Erst nach mehrmaligem Lesen bemerkte Margo, dass er nach Blumen und Honig duftete. Im Brief stand:
    Danke, dass Du mir geschrieben hast, meine Süße. Schön, dass es Dir gut geht und Du immer noch am Fluss lebst. Ich weiß ja, wie Du den Fluss liebst. Ich habe den Moder und Gestank nicht ausgehalten. Obwohl es mir das Herz bricht, kann ich Dich zurzeit schlecht zu einem Besuch bei mir ermuntern. Ich bin in einer heiklen Lage. Bald schreibe ich Dir wieder, und dann planen wir ein Wiedersehen.
Liebe Grüße, Deine Mama
PS: Erzähle Deinem Daddy und Cal Murray nichts von meinem Brief.
    An diesem Abend brachte Margo kein Wort heraus, sondern nickte nur zustimmend, wenn es gerade passte, und legte sich zeitig schlafen. Als Brian tags darauf zur Arbeit gefahren war, lud Margo seine Winchester 97 mit Flintenlaufmunition und machte sich auf den Weg in den Wald. Dabei zog sie den robusten Schlitten hinter sich her, den Brian zum Transportieren von Feuerholz benutzte. Obwohl zurzeit keine Jagdsaison für Hirsche war, stapfte sie durch den Schnee flussabwärts, bis sie eine Fährte entdeckte, die geradewegs zum Fluss führte. Sie setzte sich an den Stamm einer Eiche und wartete. Ein paar Stunden später ließ sich das erste Stück Wild auf dem Weg zum Wasser blicken. Es war eine Hirschkuh, gefolgt von einer zweiten mit geschwollenem Bauch. Margo sah, wie die Tiere aus dem Fluss tranken, die Böschung hochsprangen und mit dem Maul im Schnee nach Eicheln stöberten. Mit gleichgültiger Miene kauten sie auf jungen Trieben herum und zogen schließlich weiter, ohne Margo bemerkt zu haben. Kurz nach Mittag tauchte ein größeres Tier auf, ein Hirsch, der sein Geweih abgeworfen hatte, und ging zum Trinken ans Wasser. Margo beobachtete das Muskelspiel an seinen Schultern und seinem Hals, das Zucken der Ohren und des Schwanzes. Sie verbannte sämtliche Gedanken an ihre Mutter in den stillsten Winkel ihres Wesens und gab sich ganz dem Rascheln der Blätter und dem Säuseln des Winds auf der gekräuselten Wasseroberfläche hin. Der Hirsch sprang zurück auf die Böschung. Ruhig folgte Margo seinen Bewegungen. Als er stehen blieb und am Boden nach Nahrung suchte, zielte sie auf Herz und Lungen und drückte ab.
    Das Tier schlug hart zu Boden. Im Näherkommen erkannte Margo, dass sie auf eine Hirschkuh geschossen hatte. Beim Anblick der Muskulatur war sie sich sicher gewesen, dass es sich um ein männliches Tier handelte, aber jetzt konnte sie das Geschlecht und den leicht geschwollenen Bauch sehen. Obwohl Margo genau gezielt hatte, war die Hindin nicht tot. Sie versuchte den Kopf zu heben, musterte Margo panisch aus einem großen, klaren Auge und kickte dabei mit den Hinterläufen, als wollte sie wegrennen. Margo zog das Armeemesser aus der Tasche, klappte die größte Klinge heraus und schnitt dem Tier die Halsschlagader durch, was einige Kraft erforderte. Dann klappte sie die blutige Klinge wieder ein, und erst jetzt begannen ihre Hände zu zittern.
    Sie setzte sich im Schneidersitz neben den warmen Körper der Hirschkuh. Ihr war elend beim Gedanken an das, was sie getan hatte. Während das Tier langsam erkaltete, streichelte sie das raue Fell, das sich über den Brustkorb spannte. Nach einer Weile hörte sie noch ein Tier näher kommen. Sie gab keinen Laut von sich, als es auf dem Weg zum

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