Stürmische Begegnung - zauberhafte Eroberung
denn ich habe heute früh erklärt, dass ich zum Pfarrhaus gehe. Man wird glauben, ich hätte Emily bei ihrer mildtätigen Arbeit geholfen.“
Als sie seine gerunzelte Stirn sah, erklärte sie: „Ich habe nicht gelogen, ich wollte wirklich zum Pfarrhaus. Lionel hatte mir geschrieben, er wolle mich dort treffen, und hat mir dann in der Gasse aufgelauert.“
Sie erzitterte. Lord Lensborough hatte ihr für die Fahrt seinen Schal geliehen, aber ohne ihr Tuch, das sie in Lionels Mietkutsche verloren hatte, und ihre Haube, die ihr in der Schänke vom Kopf geglitten war, war sie so durchgefroren, dass sie ihre Ohren nicht mehr spürte.
Aber sie war zu Hause. Sie sah Lord Lensborough lange ins wie versteinerte Gesicht und verspürte zum ersten Mal im Leben den Wunsch, einem Mann einen Kuss auf die Wange zu geben.
„Hinein mit Ihnen“, knurrte er. Doch als sie seinen Ärmel nicht losließ und ihn weiter flehentlich ansah, schmolz sein Widerstand dahin. Er konnte ihr nichts ausschlagen.
„Gut. Ich fahre erst, wenn wir noch einmal miteinander gesprochen haben.“
„Oh, danke!“ Sie stieg aus, und während sie davoneilte, meinte er noch zu hören: „Für alles!“
Zwei Burschen eilten herbei, sobald Lord Lensborough an der Stallung vorfuhr. Er blieb noch kurz bei ihnen, um sicherzustellen, dass sie seine Pferde ebenso gut versorgten, wie Pattison es gemacht hätte, und so eilte die Nachricht von seiner Rückkehr ihm voraus.
Lady Gregory und ihre Töchter flatterten sofort um ihn herum wie Schmetterlinge, empfahlen ihm ein heißes Bad, reichten ihm Glühwein und erklärten, das Dinner könne warten, bis er bereit sei.
„Wir brauchen nicht einmal ein Extra-Gedeck“, zwitscherte Lady Gregory. „Hester wird heute Abend nicht mit uns speisen.“
„Warum nicht?“, fragte er unwirsch.
„Sie hat uns ausrichten lassen, dass sie sich nicht wohlfühlt, Mylord“, erwiderte Julia, da ihre Mutter angesichts seiner barschen Frage in verstörtes Schweigen verfallen war. „Ich vermute, man wird ihr ein Tablett in ihre Räume bringen.“
„Sie vermuten es?“ Bedeutete sie hier denn niemandem genug, um hinaufzugehen und nach ihr zu sehen? Im Gasthof wäre sie besser aufgehoben gewesen; dort hätte wenigstens er sich um sie gekümmert. Hier konnte er nicht einmal auf ihre Nöte aufmerksam machen, ohne Argwohn zu wecken. Sie war völlig allein. „Ein Tablett bringen“, grollte er.
„Ich bin sicher, dass sie Sie damit nicht vor den Kopf stoßen will, Mylord.“ Zu seiner Überraschung war es die junge Phoebe, die sich für ihre Cousine einsetzte. „Wenn sie sagt , dass sie sich nicht wohlfühlt, dann fühlt sie sich nicht wohl.“
Genau das befürchtete er ja! Er selbst war bis aufs Mark durchgefroren, und nach allem, was sie vorher durchgemacht hatte, musste es um sie noch schlechter stehen.
Er konnte nur hoffen, dass sie so klug war, sich so schnell wie möglich aufzuwärmen und abzutrocknen. Wenn er sich hier umsah, konnte er sie sogar verstehen: Wie hätte sie sich nach all den Strapazen diesem geistlosen Geschwätz aussetzen können? Er zuckte mit den Schultern. „Wie Sie meinen.“
Während er sein Bad nahm, fasste er einen Entschluss. Vorhin im Gasthof hatte er sich von seinen ärgerlichen Gefühlen für Hester beinahe zum größten Fehler seines Lebens hinreißen lassen. Er konnte nicht vor ihr weglaufen; das hatte dieser Tag bewiesen; er musste sich selbst ein für alle Mal vor einer Dummheit bewahren.
Sobald Hester das nächste Mal zu erscheinen geruhte, würde er vor Julia auf die Knie fallen und ihr einen Antrag machen. Wenn es ihm dann noch gelang, ihr aus dem Weg zu gehen und seine derzeitige Geliebte vielleicht durch eine schlanke Rothaarige zu ersetzen, würde er seiner Besessenheit bezüglich dieser ungewöhnlichen Frau hoffentlich noch vor der Hochzeit den Garaus machen können.
Hester hatte in ihrem Wohnzimmer das Kaminfeuer geschürt, aber da sie ständig nervös aufsprang und umherlief, um die Schlösser an der Tür und am Oberlicht zu überprüfen und den pochenden Schmerz in ihren Ohren zu ertragen, den die wiedereinsetzende Durchblutung mit sich brachte, profitierte sie kaum von der Wärme.
Sobald der Schmerz ein wenig abebbte, widmete sie sich der Suppe, die Mary auf einem Tablett vor der Tür abgestellt hatte. Seit dem Frühstück hatte sie nichts gegessen, sodass sie eigentlich hungrig sein müsste. Doch ihr Magen rebellierte, sobald sie ein paar Löffel zu sich genommen hatte.
Sie
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