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Stürmische Begegnung

Stürmische Begegnung

Titel: Stürmische Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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jetzt in einem mitleid erregenden Zustand. Zwar sind sie ständig poliert worden, bis fast das ganze Holz wegpoliert war, aber er hat vor zehn Jahren Zentralheizung legen lassen, und die trockene Heizungsluft ist der Tod für alte Möbel. Die Schubladen verziehen sich, die Fur niere werden wellig und rissig, und Beine fallen von Stühlen. Üb rigens – “ offensichtlich war ihm etwas eingefallen – „war ich derjenige, der Ihren Kirschbaumstuhl repariert hat.“
    „Wie lange machen Sie das schon?“
    „Warten Sie… Ich bin mit siebzehn von der Schule abgegan gen, und jetzt bin ich vierundzwanzig. Das wären also rund sie ben Jahre.“
    „Aber Sie mußten es doch erst lernen…“
    „Ja, sicher. Ich habe zuerst eine Tischlerlehre gemacht und war vier Jahre auf der Berufsschule in London, und als ich das alles intus hatte, bin ich für zwei Jahre zu einem alten Kunst tischler unten in Sussex gegangen. Ich habe bei ihm und seiner Frau gewohnt, alle mögliche Dreckarbeit in der Werkstatt ge macht und alles gelernt, was es zu lernen gibt.“
    Ich rechnete nach. „Das sind erst sechs Jahre. Sie haben sieben gesagt.“
    Er lachte. „Ich habe mittendrin ein Jahr blaugemacht und bin herumgereist. Meine Eltern sagten, ich würde zu engstirnig. Mein Vater hat einen Vetter, der in Amerika eine Rinderranch hat, in den Rocky Mountains, im südwestlichen Colorado. Ich habe gut neun Monate als Cowboy bei ihm gearbeitet.“ Er runzelte die Stirn. „Was gibt es da zu grinsen?“
    „Als ich Sie zum erstenmal sah, in dem Geschäft, sahen Sie aus wie ein Cowboy… Sie wirkten ganz echt. Und es ärgerte mich irgendwie, daß Sie dann doch keiner waren.“
    Er lächelte. „Und wissen Sie, wie Sie aussahen?“
    Mein Lächeln erstarb. „Nein.“
    „Wie die Musterschülerin eines Mädchenpensionats. Und das hat mich geärgert.“
    Ein rasches Klingenkreuzen, und wir standen wieder auf ver schiedenen Seiten des Zauns.
    Ich beobachtete ihn mißmutig, während er seine Suppe mit sichtlichem Appetit aufaß. Die Kellnerin kam, um die Teller ab zuräumen, und brachte uns eine Karaffe Rotwein. Ich hatte nicht gehört, daß er Wein bestellt hatte, und sah zu, wie er zwei Gläser einschenkte, betrachtete seine geraden Finger mit den flachen Kuppen. Mir gefiel die Vorstellung, daß sie mit alten und schö nen Dingen arbeiteten, sie maßen und zusägten, ölten und in ihre endgültige Form brachten. Ich nahm mein Glas, und als ich es ans Licht hielt, leuchtete der Wein rubinrot. „Ist das alles, was Sie in Porthkerris machen?“ fragte ich. „Die Möbel von Grenville Bayliss restaurieren?“
    „Großer Gott, nein. Ich mache gerade einen Laden auf. Ich habe vor einem halben Jahr unten am Hafen ein kleines Haus gefunden und gemietet. Seitdem bin ich oft hier gewesen. Jetzt versuche ich, bis Ostern oder Pfingsten soweit zu sein. Bis das Sommergeschäft so richtig anfängt.“
    „Ist es ein Antiquitätengeschäft?“
    „Nein. Moderne Möbel, Glas, Stoffe. Aber ich werde weiter antike Möbel restaurieren. Ich meine, hinter dem Laden ist eine Werkstatt. Und im zweiten Stock liegt eine kleine Wohnung, wo ich jetzt wohne. Deshalb haben Sie mein Zimmer bei Mrs.
    Kernow bekommen. Sollten Sie eines Tages zu dem Schluß gelan gen, daß ich kein Monster bin, können Sie die wacklige Treppe hochklettern, und ich werd Ihnen mein Domizil zeigen.“
    Ich ignorierte die neue Spitze.
    „Wenn Sie hier arbeiten, was haben Sie dann in dem Geschäft in London gemacht?“
    „Bei Tristram? Ich hab Ihnen doch gesagt, er ist ein Freund von mir. Ich besuche ihn jedesmal, wenn ich in der Stadt bin.“
    Ich runzelte die Stirn. Es gab so viele merkwürdige Zusam mentreffen. Sie schienen uns beide zu umwinden wie Bindfäden ein Paket. Ich sah zu, wie er seinen Wein austrank, und spürte wieder das Unbehagen, das mich vorhin überkommen hatte. Ich wußte, ich hätte ihn eigentlich tausend Dinge fragen müssen, doch ehe ich eine Frage aussprechen konnte, kam die Kellnerin mit Steaks, Gemüse, Pommes frites und kleinen Schüsseln mit Salat. Als sie wieder fort war, sagte ich: „Was macht Eliot Bay liss?“
    „Eliot? Er hat eine Autowerkstatt oben in High Cross, er spe zialisiert sich auf große Gebrauchtwagen, Mercedes und Alfas und so. Wenn Sie ein dickes Bankkonto haben, kann er Ihnen praktisch alles besorgen, was Sie haben wollen.“
    „Sie mögen ihn nicht, stimmt’s?“
    „Das habe ich nicht gesagt.“
    „Aber Sie mögen ihn nicht.“
    „Vielleicht kommt

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