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Stürmische Begegnung

Stürmische Begegnung

Titel: Stürmische Begegnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
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Schritte in der Diele, und kurz darauf wurde die Tür geöffnet, und Pettifer kam vorsichtig mit einem Tablett ins Zimmer, auf dem ein komplettes zweites Frühstück angerich tet war. In der Mitte stand eine große silberne Kaffeekanne, aus deren Tülle verlockend duftender Dampf quoll.
    „Oh, Pettifer, vielen Dank.“
    Er wankte ein wenig unter der Last des Tabletts, und Mollie holte rasch einen Schemel, damit er es absetzen konnte, ehe das Kaffeegeschirr hinunterrutschte und in tausend Scherben zer sprang.
    „Sehr schön, Pettifer.“
    „Eine Tasse war für Joss.“
    „Er ist oben und arbeitet. Den Kaffee hat er sicher vergessen. Keine Sorge, ich trinke eine Tasse für ihn mit. Und, Pettifer…“ Er richtete sich langsam auf, es sah aus, als schmerzten alle seine alten Gelenke. Mollie nahm den Brief aus Ibiza vom Kaminsims, wo sie ihn sicherheitshalber hingelegt hatte. „Wir fanden alle, Sie sollten dem Commander sagen, daß seine Tochter gestorben ist, und ihm dann diesen Brief geben. Wir dachten, es wäre am be sten, wenn es von Ihnen käme. Würde es Ihnen etwas ausma chen?“
    Pettifer nahm den dünnen blauen Umschlag.
    „Nein, Madam. Ich werde es tun. Ich wollte sowieso gerade nach oben gehen und dem Commander beim Anziehen helfen.“
    „Sie würden uns einen großen Gefallen tun, Pettifer.“
    „Das ist doch selbstverständlich, Madam.“
    „Und sagen Sie ihm, daß Rebecca hier ist. Und daß sie bei uns wohnt. Wir werden das Bett in der Dachkammer beziehen müssen, aber ich denke, sie wird sich dort oben ganz wohl fühlen.“
    Pettifers Miene hellte sich wieder auf. Ich fragte mich, ob er jemals richtig lächelte oder ob diese pessimistischen Furchen sich bereits so in sein Gesicht eingraviert hatten, daß es ihm physisch unmöglich war, fröhlich auszusehen.
    „Ich freue mich, daß Sie bleiben“, sagte er zu mir. „Der Com mander freut sich bestimmt auch.“
    Als er gegangen war, sagte ich: „Sie haben sicher eine Menge zu tun. Ich denke, ich gehe jetzt besser, damit ich Ihnen nicht im Wege bin.“
    „Sie werden ohnehin Ihre Sachen von Mrs. Kernow holen müssen. Wie machen wir das am besten… Pettifer könnte Sie hinfahren, aber er ist jetzt für eine Weile mit Grenville beschäf tigt. Ich muß wegen Ihres Zimmers mit Mrs. Thomas sprechen, und dann wird es Zeit, an das Essen zu denken. Wie machen wir das bloß?“ Ich wußte keine Antwort. Ich konnte mein Gepäck unmöglich den ganzen Weg vom Dorf den Berg hinaufschlep pen. Zum Glück beantwortete Mollie ihre Frage dann selbst. „Ich hab’s – Joss! Er kann Sie in seinem Wagen mitnehmen und dann wieder zurückbringen.“
    „Aber er arbeitet doch?“
    „Oh, dieses eine Mal werden wir ihn dabei stören. Er wird nicht oft gebeten, eine Pause einzulegen, ich bin sicher, er wird nichts dagegen haben. Kommen Sie, wir gehen zu ihm.“
    Ich hatte gedacht, sie würde mich zu einem halbverfallenen Gartenhaus oder Schuppen bringen, wo Joss inmitten von Sägespänen und umgeben von dem Geruch warmen Holzleims vor sich hin werkelte. Doch zu meiner Überraschung führte sie mich nach oben, und ich vergaß Joss fürs erste, denn dies waren meine ersten Eindrücke von Boscarva, wo meine Mutter groß geworden war. Ich wollte alles in mich aufnehmen. Die Treppe hatte keinen Teppichbelag, die Wände waren bis zu halber Höhe getä felt, darüber dunkel tapeziert und mit schweren, düsteren Ölgemälden behangen. Alles stand in Kontrast zu dem hübschen, feminin-wirkenden Wohnzimmer im Erdgeschoß, wo wir bis eben gewesen waren. Im ersten Stock führte ein Flur nach links und rechts, ich bemerkte eine Etagere aus poliertem Walnußholz und niedrige Regale voller Bücher, und dann gingen wir weiter hoch, ins Dachgeschoß. Hier waren die Wände mit grobem ro tem Wollstoff ausgeschlagen und darüber weiß getüncht. Wieder ging ein Flur nach rechts und links, und Mollie wandte sich nach rechts. Am Ende des Flurs befand sich eine offene Tür, und da hinter hörte man Stimmen, die eines Mannes und eine Mädchen stimme.
    Mollie schien zu zögern, und dann ging sie entschlossen weiter, mit schnelleren Schritten. Sie wirkte so, von hinten, auf ein mal ausgesprochen respekteinflößend. Mit mir im Schlepptau schritt sie den Flur entlang in den Raum hinter der Tür, eine Dachstube, die mit einem Oberlicht in ein Arbeitszimmer um funktioniert worden war, vielleicht auch in ein Billardzimmer. An der einen Wand stand ein großes Ledersofa mit Armlehnen und Füßen aus

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