Stürmische Begegnung
Kleid, das Sie abends anhaben, wie eine Märchenprinzessin. Ich habe das Ge fühl, ich entdecke jeden Tag etwas Neues an Ihnen. Und des halb möchte ich nicht, daß Sie wieder gehen. Noch nicht.“
Mir fiel nichts ein, was ich auf diesen langen Monolog ent gegnen konnte. Ich war ein bißchen gerührt und zugleich verle gen. Aber es war auf jeden Fall wohltuend, daß mich jemand mochte und bewunderte, und noch wohltuender, daß er es mir sagte.
Er lachte. „Sie müßten Ihr Gesicht sehen! Sie wissen nicht, wohin Sie gucken sollen, und sind ganz rot geworden. Kommen Sie, trinken Sie Ihren Sherry aus, dann gehen wir hinein und es sen Austern. Und ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß ich Ih nen keine Komplimente mehr machen werde!“
Wir aßen in dem kleinen, niedrigen Gastzimmer, an einem Tisch, der auf dem unebenen Boden so sehr wackelte, daß Eliot ein zusammengefaltetes Stück Papier unter eines der Beine schieben mußte, und ließen uns beim Essen Zeit. Wir aßen zu erst Austern, dann Steak und grünen Salat und tranken dazu eine Flasche Wein. Den Kaffee nahmen wir draußen in der Sonne, setzten uns auf die Mauer der Terrasse und sahen zu, wie zwei braungebrannte Jungen in kurzen Hosen ein kleines Segelboot takelten und damit auf das blaue Wasser hinausfuhren. Das gestreifte Segel blähte sich in einer geheimnisvollen Brise, die wir nicht wahrnahmen, als das Boot um ein kleines bewaldetes Kap glitt und aus unserem Blickfeld verschwand. Eliot sagte, wenn ich in Cornwall bliebe, würde er ein Boot mieten und mir Segeln beibringen, wir würden von Porthkerris aus hinausfahren und Makrelen fischen, und er würde mir im Sommer all die kleinen Buchten und verschwiegenen Plätze zei gen, die die Touristen nie fänden.
Schließlich war es Zeit aufzubrechen. Der Nachmittag um wand alles wie eine lange, glänzende Seidenschleife. Eliot fuhr, sichtlich müde und zufrieden, langsam nach High Cross, auf der großen Landstraße, die durch vergessene Dörfer und durch das Herz des Landes führte.
Als wir nach High Cross kamen, sah ich, daß es auf der Spitze der Halbinsel lag, so daß das Dorf zwei Gesichter hatte, das eine dem Norden, dem Atlantik zugewandt, und das andere dem Är melkanal. Es war wie eine Insel, von salzigen Winden umtost und vom Meer umgeben. Seine Werkstatt war auf halber Höhe der Dorfstraße, ein kleines Stück zurückgesetzt, mit einem ge pflasterten Hof, der mit Blumenkästen geschmückt war. Hinter dem großen Fenster des Ausstellungsraums standen chromblit zende, rassige Wagen. Alles wirkte sehr neu, makellos gepflegt und teuer. Als wir über den Hof zum Ausstellungsraum gingen, fragte ich mich, wieviel Eliot wohl in dieses Unternehmen inve stiert haben mochte und woher er den Mut genommen hatte, ausgerechnet an diesem abgelegenen Platz einen Handel mit Lu xusautos aufzumachen.
Er zog eine der gläsernen Schiebetüren auf, und ich ging hin ein. Meine Schritte machten nicht das leiseste Geräusch auf dem vor Sauberkeit glänzenden Gummiboden.
„Warum haben Sie die Werkstatt hier aufgemacht, Eliot? Wäre es in Fourbourne oder Falmouth oder Penzance nicht bes ser gewesen?“
„Verkaufspsychologie, meine Liebe. Wenn man sich einen Namen gemacht hat, kommen die Leute vom Ende der Welt, um das zu kaufen, was man ihnen anbietet.“ Er fügte mit entwaff nender Offenheit hinzu: „Außerdem gehörte mir das Grund stück schon, das heißt, es gehörte meiner Mutter, und das war ein gewisser Anreiz, den Laden hier zu bauen.“
„Sind die Wagen alle zu verkaufen?“
„Ja. Wie Sie sehen, spezialisieren wir uns auf Autos vom Kon tinent und auf Sportwagen. Wir hatten letzte Woche einen Fer rari da, aber er ist vor ein paar Tagen weggegangen. Er hatte einen Unfall gehabt, aber ich habe da einen ausgezeichneten jungen Mechaniker, und als er fertig war, sah der Wagen so gut wie neu aus.“
Ich legte die Hand auf eine blitzende gelbe Kühlerhaube. „Was ist das für einer?“
„Ein Lancia Zagato. Und das hier ist ein Alfa Romeo Spider, erst zwei Jahre alt. Toller Wagen.“
„Und ein Jensen Interceptor…“ Das war der einzige, den ich kannte.
„Kommen Sie, ich zeige Ihnen die Werkstatt.“ Ich folgte ihm durch eine andere Schiebetür, an der Rückseite des Ausstellungs raums, und sah ausgebaute Motoren, Ölkanister, lange Kabel, die von der Decke baumelten, nackte Glühbirnen, Werkbänke, alte Reifen und Werkzeugkarren. Sogar ich hätte diesen Raum als eine Autowerkstatt identifiziert.
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