Stürmische Eskapaden - Lady in Waiting (Featherton 2)
muskulösen Beinen in der Tat Lord Argyll war.
Sie sah verblüfft, wie er mit einer bebenden Hand an den Namen hinabfuhr, die in die Gedenktafeln entlang der Kirchenwand gemeißelt waren.
Sein Finger hielt abrupt neben einer Inschrift unter einer kunstvoll gearbeiteten Marmorkartusche, die einen anmutigen Engel über einem aufgezogenen Theatervorhang darstellte. Jenny schlich näher heran, um zu lesen, was ihn so gebannt hielt.
Im Gedenken an Olivia Burnett Campbell,
Lady Argyll von Argyll in Schottland,
die in der Blüte ihrer Jahre
am 3. Jänner 1802 zu Bath
aus dem Leben schied.
»Ihre Mutter «, entfuhr es Jenny unwillkürlich.
Callum fuhr herum und starrte sie mit glühendem Blick an. Er war bis auf die Haut durchnässt, und seine Haare trieften, wie es auch Jennys taten.
Sie streckte die Hand nach ihm aus, um ihn zu trösten, doch seine Finger schnellten vor und packten grob ihr Handgelenk, wehrten ihre zärtliche Berührung ab.
Sie starrten einander tief in die Augen. Sein Blick war hart und unerbittlich, ihrer voller Mitleid. Keiner von beiden rührte sich.
Dann schien etwas im Innern des Schotten nachzugeben.
Sein Griff lockerte sich, und der grimmige Ausdruck in seinen Augen verschwand. Er ließ seine Hand neben den Körper sinken.
Mehr brauchte Jenny nicht. Sie breitete ihre Arme aus, und er warf sich in die Umarmung, verlangte ebenso sehr danach, gehalten zu werden, wie sie danach, ihm Trost zu spenden.
Sie kniff ihre Augen fest zu und hielt ihn eng an sich gedrückt, so eng, dass sie selbst durch die Lagen aus wollenem Gehrock und Umhang zwischen ihnen das Pochen seines Herzens fühlen konnte.
Dort im Seitenschiff der Abteikirche klammerten sie sich aneinander, während aus ihren durchnässten Kleidern kleine Lachen auf den Marmorboden tropften.
In jenem Moment wuchs etwas in Jenny und wärmte ihr Herz. Callum in ihren Armen zu halten, fühlte sich so gut und richtig an. Er fühlte sich so gut und richtig an.
Sie hob ihre Finger an seine Wange und drehte sein Gesicht zu sich, zwang ihn, ihr in die Augen zu sehen. Wassertropfen von den Strähnen, die an seiner Stirn klebten, fielen auf ihr Gesicht, als sie sich auf ihre Zehenspitzen stellte und ihn ganz sacht küsste.
Der Kälte und Nässe und dem Zittern ihrer Leiber zum Trotz, war sein Mund warm und einladend. Und als sie einander küssten, erwärmte sich Jennys Körper dort, wo sie sich berührten, so als würde sie vor einem flackernden Kaminfeuer stehen.
Ihre Münder lösten sich voneinander, und jeder von ihnen tat einen stockenden Atemzug.
Callum starrte sie an, und seine Lippen bewegten sich, als wolle er etwas sagen. Doch es kamen keine Worte heraus.
Stattdessen zog er sie abermals an sich und drückte einen Kuss auf ihr Haar. Jenny schloss die Augen und presste ihre Wange gegen seinen nassen Gehrock, denn tief in ihrem Innern
wusste sie, dass, sobald sie ihn loslassen würde, dieser Moment - das Band zwischen ihnen - verloren wäre.
Und sie wollte nicht, dass es endete … niemals.
So als hätte dieser Gedanke ihre Trennung heraufbeschworen, hörte sie vom hinteren Ende der Kirche das vertraute Geräusch des sich räuspernden Pfarrers. »Es hat aufgehört zu regnen, meine Kinder.«
Callum löste sich von ihr und starrte sie an, als würde er sie zum ersten Mal sehen. Er wich mit einem erschreckten Ausdruck in seinen dunklen Augen zurück, dann drehte er sich um und stürmte aus der Kirche, so dass Jenny allein im Seitenschiff zurückblieb.
Jenny schenkte dem Pfarrer ein freundliches Lächeln und nickte ihm zu, als sie auf dem Weg nach draußen an ihm vorbeiging.
Als sie durch das bogenförmige Portal hinaustrat, hob Jenny ihre behandschuhten Finger an ihre Lippen und rief noch einmal die Erinnerung an Callums Kuss wach.
Was war gerade passiert? Obgleich sie es nicht benennen konnte, hatte sich etwas in den Tiefen ihrer Seele verändert, hatte ihr Innerstes erwärmt, und sie wusste mit unumstößlicher Gewissheit, dass das Verhältnis zwischen ihnen nie wieder dasselbe sein würde.
Als sie den Kirchplatz erreichte, brachen erste vereinzelte Sonnenstrahlen durch die Wolkendecke und zeichneten einen Pfad auf das Kopfsteinpflaster. Jenny hatte gerade ihren Fuß auf die nassen, schlüpfrigen Pflastersteine gesetzt, als sie eine Bewegung zu ihrer Rechten sah und den Kopf umwandte.
An der Ecke eines Gebäudes lehnte der winzige Mann. Irgendwie war seine Kleidung trocken geblieben, und er aß genüsslich ein krümelndes
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