Stürmische Verlobung
strikte Etikette zu halten. Nicht als sein Vater ihn nach Eton geschickt hatte, wo seine Lehrer es als ihre heilige Pfllicht betrachteten, ihm sein ungebändigtes schottisches Naturell und seinen schottischen Dialekt mit Prügeln auszutreiben. Und ebenso wenig beim Militär, wo sein Ungestüm immer wieder die strikte Regimentsordnung aus den Fugen gebracht hatte.
Wie bedauerlich, dass Eliza nicht für seinen Geldbeutel geeignet war. Ansonsten passte sie bestens zu ihm. Magnus’ Blick wanderte vorsichtig zu Elizas Augen. Schließlich wollte er nicht, dass seine sündige Schwelgerei bemerkt wurde.
Im Moment war Eliza jedoch gänzlich in ihre Arbeit vertieft.
Magnus betrachtete fasziniert ihr Gesicht, während ihre rosa Zunge ihre Lippen befeuchtete und ihre Haut vor lauter Konzentration, mit der sie skizzierte, leicht zu glänzen begann.
Je mehr sie sich in ihre Arbeit versenkte, desto schneller zeichnete sie, schattierte und verwischte sie mit ihren Fingerspitzen und der Seite ihres Daumens. Drei Stücke Zeichenkohle von unterschiedlicher Dicke ragten zwischen den Fingern ihrer linken Faust heraus, während sich ihre rechte Hand rastlos über das Papier bewegte.
Endlich löste Eliza ihren Blick von dem Zeichenbogen. »Lord Somerton, wenn Sie nicht erwartet haben, dass ich heute Morgen mit Ihrem Porträt beginnen würde, warum sind Sie dann hergekommen, wenn ich fragen darf?«
»Hauptsächlich, um mich zu vergewissern, dass es Ihnen mit unserem Arrangement auch ernst war. Wie ich sehe, ist es das.«
»Ich versichere Ihnen, es ist mir sehr ernst damit«, gestand Eliza. Sie ließ ihr Stück Kohle sinken und runzelte die Stirn. »Jetzt haben Sie sich bewegt.« Sie legte ihr Zeichenbrett beiseite, ging zu Magnus und nahm sein Gesicht in beide Hände. Dicht über ihn gebeugt, zog sie ganz sacht sein Kinn hoch. »Oh, jetzt habe ich Sie schmutzig gemacht.«
Magnus atmete ihren Duft ein, während er ein Leinentuch aus seiner Gehrocktasche zog und es ihr reichte. »Lavendel.«
»Ja. Sie haben eine gute Nase, Lord Somerton.« Sie schenkte ihm ein flüchtiges Lächeln. »Unsere Zofe Jenny destilliert die Essenz für meine Tante. Gefällt es Ihnen?«
»Sehr«, sagte er und atmete genüsslich ein.
Eliza beugte sich dichter heran, um ihm den Fleck von der
Wange zu wischen, und plötzlich fühlte Magnus, wie ihre Brust ganz leicht gegen seine stieß. Er sah auf, und ihre Blicke trafen sich.
Magnus stockte der Atem, und für einen flüchtigen Moment hatte er den unbändigen Wunsch, sie zu küssen. Er setzte sich aufrechter hin und blinzelte verwirrt von der Macht und Plötzlichkeit jenes Drangs.
Er wusste, dass er es nicht tun durfte. Sie war eine Lady, eine Unschuld. Nicht irgendeine Marketenderin, die sich anbot, die Wärme seines Feldbetts zu teilen. Er sollte ganz Gentleman bleiben. Ja, das sollte er unbedingt.
Eliza muss seine niederen Absichten erahnt haben, denn sie wich zurück und suchte Schutz hinter ihrem Zeichenbrett. Als sie ihn wieder ansah, bemerkte er, dass ihre Wangen gerötet waren.
Er war nicht der Einzige, der die Intimität jenes Moments gespürt hatte.
Elizas Blick huschte nervös zu dem Fenster im ersten Stock. Sie seufzte erleichtert. »Zum Glück beobachten uns meine Tanten nicht mehr, Lord Somerton.«
»Magnus«, sagte er und schaute ebenfalls zu dem Fenster. »Nennen Sie mich Magnus. Schließlich werden wir in den kommenden Wochen viel Zeit miteinander verbringen.«
Eliza nickte und senkte den Blick wieder auf ihren Skizzenbogen. Nach einer Weile fing sie wieder an zu zeichnen, doch ihre Haltung war jetzt angespannt. Ein Strom stummer Worte formte sich auf ihren Lippen, so als würde Eliza sie Wendung um Wendung proben, bis sie den richtigen Wortlaut gefunden hatte.
»Wir sollten unsere gemeinsame Zeit voll ausnutzen, finden Sie nicht auch, Lord - Magnus?«, sagte sie schließlich.
Er grinste. »Und was schwebt Ihnen da vor?«
»Wenn ich meine Hälfte unseres Arrangements ausführen
soll, dann sollten wir darüber sprechen, welche Eigenschaften Ihre zukünftige Frau besitzen sollte.«
»Soll mir recht sein.«
»Dass sie über ein ansehnliches Vermögen verfügen muss, versteht sich natürlich von selbst«, bemerkte Eliza in geschäftsmäßigem Ton, ohne den Blick von ihrer Skizze zu nehmen.
»Leider ja.«
Eliza schluckte schwer. »Dann lassen Sie uns also mit ihrem … Körper beginnen.«
Magnus hüstelte, als hätte er sich verschluckt. Ihre Unverblümtheit kam doch etwas
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