Stürmische Verlobung
Magnus zu bahnen.
Doch Graces Arm legte sich um ihre Taille und hielt sie fest. »Eliza, du kannst doch nicht quer durch den Salon zu einem Junggesellen laufen. So etwas gehört sich einfach nicht.«
Eliza sah ihre Schwester verwundert an. »Und wie soll ich
dann bitte mit ihm reden? Soll ich von hier aus zu ihm hinüberrufen?«
»Natürlich nicht«, zischte Grace unwirsch. »Wir werden gemeinsam zu ihm gehen und auf dem Weg das eine oder andere Wort mit den anderen Gästen wechseln. Dann kann niemand etwas dagegen sagen.«
Eliza schnaubte aufgebracht. »Bist du sicher? Ich möchte schließlich nicht deine Chancen auf eine gute Partie aufs Spiel setzen.«
Grace, die bereits damit beschäftigt war, nach geeigneten Kandidaten für sich selbst Ausschau zu halten, beachtete Elizas Bemerkung überhaupt nicht, und die beiden machten sich zusammen auf, den bunt geschmückten Raum zu durchqueren.
Während sie gemächlich um die Kissenberge herumschlenderten, behielt Eliza Magnus starr im Blick. Sie wünschte, sie könnte sehen, mit wem er und Pender sich unterhielten. Doch es herrschte zu großes Gedränge. Wenigstens konnte sie Magnus’ dunkelblauen Gehrock, seine gestärkte weiße Weste und seine sandfarbene Hose ausmachen. Beim Jupiter, er sah sehr schneidig aus.
Heißes Blut stieg in ihren Wangen hoch, während sie ihn mit ihren Blicken verschlang und jede Einzelheit an ihm auskostete.
Auf ihrer Runde durch die versammelte vornehme Gesellschaft bemerkte Eliza, dass mehr als eine Lady sie im Vorbeigehen missbilligend anschaute. Herrje, die sahen sie an, als wäre sie in etwas getreten … Moment mal. War sie in etwas getreten? Eliza hielt kurz an und überprüfte verstohlen erst die Sohle ihres einen Schuhs, dann die des anderen. Sie waren sauber. Als Nächstes warf sie einen prüfenden Blick auf ihr Kleid, doch nicht einmal eine Knitterfalte verunzierte ihre äußere Erscheinung. Warum sahen die Leute sie nur so an?
Doch dann schnappte sie einen Unterhaltungsfetzen auf und plötzlich wurde ihr alles klar.
»Nein, es stimmt, sage ich Ihnen. Sie sind einander beim Ball der Greymonts nicht von der Seite gewichen«, bemerkte eine korpulente Frau zu ihrer Begleiterin. »Ich muss schon sagen, so unziemlich wir es auch finden mögen, dieses sonderbare Merriweather-Ding ist der Augenstern des Earls.«
Eliza hätte am liebsten laut gelacht. Wenn sie doch nur die Wahrheit wüssten.
Dann bewegte sich unvermittelt ein Grüppchen von Frauen zur Seite, und Eliza sah etwas, das sie wie angewurzelt stehenbleiben ließ.
»Ist etwas?« Grace wurde gegen sie gedrückt, als eine Gruppe von Gästen an ihnen vorbeiströmte.
»Nein, natürlich nicht.« Aber da war etwas. Etwas Unerwartetes. Magnus sprach mit einer anderen Frau.
Obgleich die Frau ihr den Rücken zugewandt hatte, konnte Eliza doch erkennen, dass ihre Schönheit Magnus’ gutem Aussehen in nichts nachstand. Sie hatte eine anmutige, aufrechte Haltung, die von ihrem smaragdgrünen Abendkleid bestens zur Geltung gebracht wurde. Funkelnde blaue Brillanten zierten ihr kupferrotes Haar, das in einer Kaskade aus weichen Locken über ihren schneeweißen Hals und den Rücken fiel.
Doch es war nicht die Gegenwart dieser Frau, die Eliza beunruhigte. Es war Magnus’ Reaktion auf sie. In seinen Augen schien ein wahrhaftiges Feuer zu leuchten, während er mit der Lady sprach.
Gütiger Himmel! Was würden ihre Tanten denken, wenn sie sahen, wie Lord Somerton um eine andere herumscharwenzelte? Oh, das war nicht gut. Ganz und gar nicht gut. Ihre kleine List stand bereits auf tönernen Füßen.
Eliza erhaschte in dem angelaufenen Spiegel hinter den beiden
einen Blick auf sich und hob hilflos eine Hand an ihr schmuckloses, unauffällig braunes Haar. Dann wanderte ihr Blick weiter nach unten, und sie verzog das Gesicht, als sie ihr schlichtes hellblaues Kleid betrachtete.
Grace stieß einen aufgebrachten Laut aus und unterbrach damit Elizas Bestandsaufnahme ihrer mangelnden Reize. »Ich kann es nicht glauben. Lord Somerton schäkert mit diesem - diesem Frauenzimmer .«
»Nein, das tut er nicht«, widersprach Eliza und versuchte mit aller Kraft, unbeteiligt zu klingen. »Er ist nur … höflich. Es ist schließlich ein Fest.«
Wie sehr sie sich wünschte, dass ihre Worte wahr wären.
Es versetzte ihr einen Stich, ihn mit einer anderen zu sehen. Nicht weil sie eifersüchtig war. Selbstverständlich nicht.
Sie war nur … enttäuscht. Er sollte ihr Arrangement ernster nehmen.
Weitere Kostenlose Bücher