Stürmische Verlobung
Stimme an der Haustür. Sie riss den Kopf hoch und hätte beinahe den dampfenden Inhalt ihrer Teetasse über ihr Promenadenkleid aus himmelblauer Seide verschüttet.
Endlich . Eliza stellte ihr Porzellantasse auf den Tisch und bemerkte dabei, wie Tante Letitia Tante Viola verstohlen einen Stoß in die Rippen versetzte, den diese mit einem eindeutig verschwörerischen Augenzwinkern erwiderte.
Eliza schüttelte den Kopf. Es gab nur einen einzigen Weg, ihre Tanten im Zaum und ihr leidiges Regelbuch in der Bibliothek unter Verschluss zu halten. Und Lord Somerton war der Schlüssel dazu.
Grace trug ihre Tasse zum Tisch. »Eliza, du hast gar nicht erwähnt, dass Lord Somerton heute seine Aufwartung machen würde.«
»Habe ich nicht?« Eliza schaute nervös zur Tür.
Grace vergeudete keine Zeit. Sie zwickte sich in die Wangen und biss sich auf die Lippen, bis sie rosenrot leuchteten,
dann setzte sie ein strahlendes Lächeln auf und wartete auf das Eintreten ihres Gastes.
Tante Viola schüttelte den Kopf. »Du brauchst dich gar nicht erst hübsch zu machen, Grace. Lord Somerton ist wegen unserer Eliza hier.«
»Dessen bin ich mir bewusst, Tantchen, aber vielleicht hat er ja einen Freund mitgebracht«, entgegnete Grace. »Es schadet nie, sich von der besten Seite zu präsentieren.«
Eliza verkniff sich eine Bemerkung und schaute stattdessen durch die Tür ins Vestibül. Ihr Blick fiel auf ein goldenes Dreieck aus Licht, das sich über den Marmorfußboden bewegte und schließlich mit dem Klicken des schweren Schlosses der Haustür verschwand.
Einen Moment später führte Edgar Lord Somerton in den Salon.
Eliza setzte ein mattes Lächeln auf, erhob sich und begrüßte Magnus mit einem knappen Nicken. Sein Erscheinen war keine Überraschung, doch seine Gegenwart erfüllte Eliza nichtsdestotrotz mit Unbehagen.
Eliza hatte auch in der vergangenen Nacht wieder schlecht geschlafen. Ihr hatte das Bild, wie gebannt Magnus beim Fest der Hogarts Miss Peacock angestarrt hatte, unauslöschlich im Kopf herumgespukt.
Es hatte einige Zeit gedauert, bis sie ihre Gefühle richtig benennen konnte, die ganze Nacht, um genau zu sein, doch jetzt wusste sie, welcher Teufel sie ritt - Eifersucht .
Das war etwas, womit sie sich nicht abfinden konnte. Denn Eliza war sich sehr wohl bewusst, dass Eifersucht nur dort erwachsen konnte, wo zumindest eine gewisse Zuneigung bestand. Und das konnte sie weiß Gott nicht zulassen. Nein, Zuneigung für einen Mann wäre nur ein Hindernis auf dem Weg zu ihrem erklärten Ziel, am Ende der Saison nach Italien zu reisen.
Es wäre für alle das Beste, wenn ihre Verbindung rein geschäftsmäßig bliebe, und nicht mehr.
Doch als Magnus vor sie trat, und sie seinen frisch gewaschenen Duft roch, wurde das leise Flattern in ihrem Magen zu einem dumpfen Ziehen. Kühn hob er ihre Finger an seine Lippen und hauchte einen Kuss auf ihre bloße Hand. Eliza schaute sich erschrocken um, überzeugt, dass ihre Familie Zeuge seiner Unverfrorenheit geworden war, doch sie hatten nichts gesehen. Sein breiter Rücken versperrte ihnen die Sicht, während Magnus sich verbeugte.
Er musste doch wissen, dass es ausgesprochen unschicklich war, die Hand einer unverheirateten Frau zu küssen - und doch bestand er darauf, wann immer er sich unbeobachtet wähnte. Und Eliza schien außerstande, ihm ihre Hand zu entziehen. Sein rasiertes Kinn, das rau über ihre Fingerknöchel rieb, ließ ihre Haut kribbeln - und weckte in ihr die Frage, wie es wohl wäre, wenn er sie … woanders küssen würde.
Nein, nein, nein. Sie musste derartige Gedanken im Keim ersticken.
Der Teufel soll dein schönes Gesicht holen . Eliza atmete tief durch und gemahnte sich abermals, dass ihre Verbindung mit Magnus ein rein geschäftsmäßiges Arrangement war und nicht mehr. Nicht mehr .
»Guten Abend, Ladys«, sagte Magnus und wandte sich zu den anderen drei Frauen um. »Ich hoffe, ich komme nicht ungelegen.«
Tante Viola hielt Lord Somerton ihre Hand hin. »Ganz und gar nicht. Sie sind zu jeder Zeit ein willkommener Gast in diesem Hause.«
Als Nächstes reichte Tante Letitia Magnus ihre Hand. Als er zu ihr trat, um diese zu ergreifen, packte sie unversehens sein Handgelenk und zog ihn mit einem Ruck vor sich. »Was führt Sie an diesem späten Nachmittag zu uns, Lord Somerton?
Können wir Ihnen eine Tasse Tee anbieten - oder vielleicht etwas Lieblicheres?« Sie deutete mit einem Nicken auf Eliza und kicherte fidel, bevor sie sein Handgelenk wieder
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