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Stuermischer Zauber

Stuermischer Zauber

Titel: Stuermischer Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Jo Putney
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und schaute nach Gwynne. Wie an den meisten Abenden sah er sie beim Lesen. Lionel hatte sich an sie gekuschelt. Zu sehen, wie sie den großen Kopf des Katers streichelte, ließ ihn wünschen, selbst derjenige zu sein, der in ihrem Schoß ruhte. Gwynne sah müde aus. Sie vermisste ihn vermutlich so sehr, wie er sie vermisste. Gerade blickte sie auf, als wäre sie in der Lage, ihn durch den Spiegel zu sehen. Er lächelte unwillkürlich, dann ließ er das Bild verblassen.
    Nachdem er dem Wunsch, Gwynne zu sehen, nachgegeben hatte, suchte er jetzt in einem weiten Umkreis nach Bildern.
    General Wade und seine Armee hatten für die Nacht ihr Lager aufgeschlagen. Die Soldaten versammelten sich missmutig um die Lagerfeuer oder in Zelten, die kaum den Regen abhielten. In zwei oder drei Tagen würden sie Brampton erreichen, wo der Prinz sie erwartete. Es sei denn …
    Er öffnete sein Fenster und starrte in die nasse, bitterkalte Nacht, während er über die blutige Schlacht nachdachte, die stattfinden würde, wenn die beiden Heere aufeinandertrafen.
    Aber was war, wenn die Armeen nicht aufeinanderstießen? Zu dieser Jahreszeit wäre es für ihn ein Leichtes, Schnee zu beschwören, der Wades Vorstoß aufhielt. Wenn Duncan dies tat, rettete sein Handeln Leben. Das war stets ein Ziel der Wächter.
    Es könnte aber ebenso als parteiische Hilfe für die Jakobiten ausgelegt werden. Würde man es für einen zu großen Eingriff in weltliche Angelegenheiten halten, wenn er Wade bremste? Oder war dies eine gute Gelegenheit, viele Menschenleben zu retten?
    Stirnrunzelnd erinnerte er sich an das Gespräch mit Simon. Selbst sein Freund dachte, es gebe durchaus Gründe, über die nachzudenken lohnte, ob die Stuarts nicht einfach den Thron von Schottland für sich beanspruchen sollten. Dieses Ziel konnte man ohne allzu großes Blutvergießen erreichen. Obwohl Schottland und England seit Jahrhunderten unruhige Nachbarn waren, wurden sie allmählich friedlicher. Es gab keinen Grund, warum sie weiterhin vom selben König beherrscht werden sollten.
    Wenn man das alles bedachte, schien Duncan eine kleine Einmischung durchaus gerechtfertigt. Wenn das Wetter den Prinzen dazu zwang, sich nach Schottland zurückzuziehen, würde jeder davon profitieren.
    Trotzdem schirmte Duncan sich ab, bevor er mit der Arbeit begann. Er wollte nicht, dass auch nur ein einziger Fetzen verstreute Magie Simon alarmierte und er Verdacht schöpfte, was gerade vor sich ging. Außerdem streifte er Adam Macraes verzauberten Saphirring vom Finger, der eine enge Bindung zum englischen Thron schuf. Duncan wollte, seine Konzentration nicht durch die Vergangenheit untergraben.
    Den Regen zu stoppen wäre etwas ganz anderes und sehr viel schwieriger gewesen. Den Regen über den Höhenzügen der Highlands in Schnee zu verwandeln war zu dieser Zeit des Jahres relativ einfach. Duncan schloss die Augen und fand die arktische Luft nördlich der britischen Inseln. Statt der Luft zu gestatten, direkt nach Skandinavien zu ziehen, formte er die Winde so, dass die eisige Masse gen Süden gezogen wurde. Wenn die kalte Luft irgendwann vor Sonnenaufgang auf den Regen traf, würde es über den Highlands anfangen zu schneien. Wades Männer und seine Artilleriegeschütze steckten dann hoffnungslos fest.
    Er war von der Anspannung erschöpft, als er fertig war. Das lag weniger an der Arbeit mit dem Wetter als an dem Aufwand, alle Spuren seiner Magie vor Simon zu verbergen. Aber Duncan fühlte sich erleichtert, als er in sein einsames und kaltes Bett stieg. Er hatte eine Schlacht vereitelt. Damit wurden nicht nur Leben gerettet, sondern er hatte auch die Richtung des Aufstands eindeutig verändert.
    Hatte Duncan sich zu sehr eingemischt? Er glaubte es nicht – doch andere waren vielleicht nicht seiner Meinung.
    Gwynne erwachte keuchend aus erneuten Albträumen, in denen sie mit Tod und Zerstörung konfrontiert worden war. Es war für sie eine eisige Qual zu sehen, wie ihre Welt auf einen See aus Blut zutaumelte.
    Nordengland war am nächsten Morgen unter einer makellosen Schneedecke begraben. Duncan gesellte sich zu Simon, der bereits in der Schankstube saß. Die Geräusche aus der Küche verrieten, dass es bald Frühstück gab. Simon blickte stirnrunzelnd auf den noch immer fallenden Schnee. Für diese Mission hatte er den feinen Zwirn, den er normalerweise in London trug, abgelegt. Er hatte einfache, blaue Kleidung gewählt, und sein blondes Haar war ungepudert und zusammengebunden. Seine

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