Stuermischer Zauber
neue Probleme hervorzurufen. Das ist unser Glück, aber nachdem Duncan auf sich gestellt war, haben seine jakobitischen Neigungen die Oberhand gewonnen.« Bitter kniff Simon den Mund zusammen. »Ich hätte es besser wissen müssen. Wir sollten einander ausgleichen, doch ich dachte, die Krise sei vorbei, als die Rebellen begannen, sich nach Schottland zurückzuziehen. Ich lag falsch.«
Das bedeutete, dass es Simons Pflicht war, einen seiner engsten Freunde zur Strecke zu bringen. Wie abscheulich! »Es ist nicht Euer Fehler«, sagte Gwynne. »Duncan hat bereits vorher im Stillen den Rebellen geholfen, ehe Ihr Euch getrennt habt. Ich sah ihn zuletzt an Heiligabend. Zu der Zeit verteidigte er seine Eingriffe damit, dass er Leben rettete. Aber ich fürchte, er war schon damals auf dem besten Wege, seine Vernunft über Bord zu werfen und sich ganz für die Sache der Rebellen einzusetzen.«
»Wenn ich bei ihm geblieben wäre, hätte ich ihn vielleicht daran hindern können, jenen Punkt zu erreichen, ab dem es kein Zurück mehr gibt.« Simon neigte das Weinglas und ließ den Rotwein im Licht der Lampe rubinfarben funkeln. »Ich habe ihn wochenlang erfolglos gesucht.«
Gwynne drückte ihre Hand an die Lippen. Wenn die beiden einander gegenüberstanden und Simon gezwungen war, Duncan aufzuhalten … bei dem Gedanken erschauderte sie. »Er kann sich also selbst vor Euch verbergen?«
»Ich habe Spuren von ihm gefunden, doch ich war nicht in der Lage, seinen aktuellen Aufenthaltsort aufzuspüren.« Er seufzte. »Es sei denn, ich will ihn tief in meinem Herzen nicht finden und das behindert meine Macht.«
Sie lehnte sich vor und legte ihre Hand auf seine. »Quält Euch nicht, Simon. Er ist sehr mächtig, und ihn beseelt der Wunsch, nicht aufgespürt zu werden.«
Seine schmale Hand verkrampfte sich unter ihren Fingern. »Ihr seid inzwischen sehr geübt darin, Eure Bezaubernden-Kraft zu kontrollieren«, bemerkte er mit einer unnatürlichen Ruhe. »Aber Eure Berührung ist wahrlich nicht harmlos.«
»Entschuldigt.« Sie errötete und zog ihre Hand zurück. Daran musste sie noch arbeiten.
»Wisst Ihr, wo er ist?«, fragte Simon.
Sie schüttelte den Kopf. »Duncan ist sehr gut darin, sich vor mir zu verbergen. Er ist wohlauf und irgendwo in der Nähe von Inverness, glaube ich. Darüber hinaus weiß ich so wenig wie Ihr.« Gwynne dachte einen Moment nach. »Jean hält sich auch in Inverness auf. Sie schreibt mir, aber wenn sie Duncan gesehen hat, hat sie es nicht erwähnt.«
»Ich habe mit Jean gesprochen. Sie sagt, sie hat ihn nicht gesehen. Ich glaube ihr.«
Gwynne studierte sein abgehärmtes Gesicht. Sie waren stets befreundet gewesen, und heute vermutete sie, dass es zum Teil deshalb so war, weil sie eine Wächterin ohne Zauberkraft gewesen war. Er hatte sich bei ihr entspannen können, weil sie um sein Wesen und seine Macht gewusst hatte. Doch sie hatte nicht über die Fähigkeit verfügt, ihn mit den Augen der Macht zu sehen. Jene, die in der Lage waren, sein gesamtes Selbst zu übersehen, tendierten auch dann zur Wachsamkeit, wenn sie über ähnlich große magische Fähigkeiten verfügten. Er musste zu strikt seine Macht kontrollieren und kam nie zur Ruhe. »Es muss schwer sein, wenn man so allein ist«, murmelte sie.
Sein Kopf ruckte hoch. Einen Moment glaubte sie, er würde ihren Kommentar ignorieren oder ihn beiseitewischen, als verstünde er nicht, was sie damit sagen wollte. Stattdessen erwiderte er: »Das ist es. Es ist ein Fluch, ein Falconer zu sein. Man gewöhnt sich daran.«
Und er wünschte dieses Thema nicht weiter zu diskutieren.
Sie nickte. »Die Heere kommen einander immer näher. Die Entscheidungsschlacht ist nah, nicht wahr?«
»Sehr. Zwei Wochen, höchstens. Vermutlich schon eher.« Er lehnte sich vor, seine grauen Augen grimmig. »Ihr müsst Duncan aufhalten, Gwynne. Ihr seid die Einzige, die es vermag. Wenn Ihr es nicht tut, fürchte ich um die Konsequenzen.«
»Ich würde ihn aufhalten, wenn ich es könnte. Aber wie?« Sie breitete ihre Hände hilflos aus. »Wenn Ihr ihn nicht finden könnt, dann gelingt es mir sicher ebenso wenig.«
»Sucht ihn nicht. Bringt ihn zu Euch.«
Sie starrte ihn an. »Wie kann ich diesen sturen Schotten dazu bringen, irgendetwas für mich zu tun?«
»Sendet einen geistigen Ruf nach ihm aus. Fleht ihn an, mit jedem Jota Eurer Bezaubernden-Macht«, antwortete Simon forsch. »Ich denke nicht, dass er Euch widerstehen kann. Benutzt das Wissen um seine Stärken und
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