Stürmisches Feuer der Liebe
Stimme schreckte sie aus ihren Gedanken auf, und sie wandte den Kopf und hatte die kleine Jennie buchstäblich vor der Nase.
Es versetzte Chloe einen Stich. Dieses ungepflegte kleine Mädchen, mit seinem strähnigen blonden Haar und schäbigen Kleid, sorgte sich um sie. »Ich habe nur nachgedacht«, erwiderte sie ruhig und widerstand dem Impuls, einen Arm um Jennies magere Schultern zu legen und sie für einen Moment an sich zu ziehen. Sie wollte nicht riskieren, Jennies Stolz zu verletzen. »Aber ich verstehe schon, wieso du den Eindruck hattest, irgendwas wäre mit mir nicht in Ordnung. Ich kann sehr ernst aussehen, wenn ich über etwas nachdenke.«
Jennies Lächeln war zaghaft, aber es lag auch eine unübersehbare Erleichterung darin. »Ich bin mit dem Rechnen fertig«, sagte sie.
Chloe nahm die Tafel und überprüfte die Zahlen. »Prima«, lobte sie die kleine Schülerin. Die Additionen waren zwar teilweise falsch, die Subtraktionen dafür alle richtig. Fast wie ein Kommentar zu Jennies Leben, dachte Chloe. So jung sie auch noch war, so wusste sie doch schon erheblich mehr über Abzüge als über das Hinzugewinnen. »Das war für den Anfang schon sehr gut«, sagte Chloe. Dann zeigte sie ihr so freundlich und sachlich wie nur möglich die Fehler und ermutigte sie: »Versuch es noch einmal.«
Als es Mittag wurde, gingen Marietta und Eloise zum Essen nach Hause. Die SussexKinder spielten im Garten und taten so, als läge ihnen nichts an Essen. Jennie knabberte an einem Stückchen Käse, das sie vermutlich aus den reichhaltigen Vorräten im Saloon, die dort auf die Gäste warteten, entwendet hatte. Jesse Banner öffnete ein in braunes Papier eingewickeltes Päckchen und förderte ein Sandwich und zwei hart gekochte Eier zutage. Walter und Ellen Jessup blieben einfach nur auf ihren Plätzen sitzen, starrten vor sich hin und warteten darauf, dass der Unterricht weiterging.
Emmeline, die als Mitinhaberin einen Großteil ihrer Zeit im Hotel verbrachte, tauchte aus dem Blauen heraus mit einer großen Pfanne in den Händen auf, als Chloe gerade Kekse und Obst aus ihrem Häuschen holen und sie den Kindern hinstellen wollte. Mrs. Rafe McKettrick fegte wie ein frischer Wind in das Schulhaus, dicht gefolgt von dem chinesischen Koch aus Beckys Küche, der Teller und Besteck mitbrachte. Die SussexKinder drängten hinter ihnen herein, machten große Augen und schnupperten beglückt.
»Um den ersten Schultag zu feiern«, verkündete Emmeline, als sie die Pfanne schwungvoll auf den Tisch in der ersten Reihe stellte. »Kommt alle her und bedient euch.«
Die Sussex-Kinder ließen sich das nicht zweimal sagen, während Walter Jessup und seine kleine Schwester einen Blick auf den Inhalt der Pfanne warfen, die ein Nudelgericht mit einer cremigen Sauce und verschiedenen Gemüsesorten enthielt.
Walter zog eine ablehnende Miene. »Ich und Ellen essen nichts«, erklärte er.
Die beiden Frauen wechselten einen Blick, und beide lachten im Stillen.
Vergelts Gott, Emmeline, dachte Chloe. Sie war nicht nur so großzügig gewesen, dieses dringend benötigte Essen zu bringen, sondern hatte es zudem auch noch auf eine Art getan, die den Kindern nicht das Gefühl vermitteln würde, Almosen angenommen zu haben.
Der chinesische Koch trabte wieder hinaus, und Emmeline mischte sich die Hände ab, als ob sie sagen wollte, ihre Aufgabe sei damit erledigt. Es erfolgte ein wahrer Ansturm auf die Pfanne, und schließlich gaben auch die Jessups nach und aßen mit. Das Tempo, mit dem sie das Essen hinunterschlangen, veranlasste Chloe, sich zu fragen, wann sie zum letzten Mal etwas Vernünftiges gegessen hatten.
Da sie selbst nur wenig Appetit verspürte, setzte Chloe sich mit Emmeline auf die Eingangsstufen.
»Das war sehr, sehr lieb von dir«, sagte sie. »Ich bin dir wirklich dankbar.«
»Wir sind froh, dass wir eine Schule haben«, erwiderte Emmeline, als sei die Angelegenheit damit erledigt. »Von einer Lehrerin erst ganz zu schweigen. Becky wird den Stadtrat um einen Zuschuss für ein Mittagessen für die Kinder bitten. Sie sagt, wenn sie sich weigern, wird sie es persönlich finanzieren.« Emmeline lächelte. »Das wird sie so beschämen, dass sie zahlen werden.«
Chloe lachte, aber das Geräusch blieb ihr in der Kehle stecken, als sie zum Arizona Hotel hinüberblickte, wo Jeb lag und sich erholte. Seine, Verwundung würde voll und ganz verheilen, hatte der Doc gesagt, aber er würde sich zweifellos wieder auf die Suche nach neuen
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