Stürmisches Feuer der Liebe
einem richtigen Dach über seinem Kopf und bekam regelmäßige Mahlzeiten. Früher oder später würde sie ihn sich jedoch bestimmt vorknöpfen.
»Nun«, sagte sie mit einem Lächeln und einem Seufzer, »falls ihr jemals Hilfe brauche n solltet, dann kommt einfach und klopft bei mir. Ich wohne in dem kleinen Haus hinter der Schule.«
»Wir bringen den Korb morgen zurück«, sagte Walter und wies das Angebot einer anderen Unterbringung - und Chloes Hilfe - stillschweigend zurück. »Und in der Zwischenzeit können wir schon auf uns selber aufpassen.«
»Wenn ihr euren Vater wiederseht«, sagte Chloe und wandte sich zum Gehen, »dann sagt ihm bitte, dass Miss Wakefield ihn sprechen möchte.«
Walter nickte, aber erst nach einem langen, ernsten Schweigen. Dann fiel die Plane wieder an ihren Platz zurück, und er und Ellen waren nur noch Schatten hinter einer Wand aus Segeltuch.
Chloe ging langsam zurück zu ihrem Haus und fragte sich, wie sie es überhaupt zustande bringen sollte, Mr. Jessup noch vor dem ersten Schnee zu sehen. Sie würden ständig in entgegengesetzte Richtungen fahren; er kam freitags nach einer anstrengenden Arbeitswoche von der Triple M, und sie würde zur gleichen Zeit zur Circle C fahren, um Lizzie Cavanagh zu unterrichten.
In Gedanken verloren nahm sie eine Abkürzung über den Friedhof, weil sie kurz bei John Lewis' Grab Halt machen und ihm ein paar Worte sagen wollte.
Jack erschreckte sie, als er so urplötzlich hinter einem Baum hervortrat, als sei er selbst ein Teil der Dunkelheit.
»Hallo, Chloe«, sagte er so galant, als wären sie sich bei einer gesellschaftlichen Veranstaltung begegnet oder an einem sonnigen Morgen vor dem Krämerladen statt auf einem dunklen Friedhof, umgeben von schlummernden Toten.
Sie legte eine Hand an ihr Herz, das ihr förmlich aus der Brust zu springen schien, so bestürzt und aufgeregt war sie. »Jack«, sagte sie erschrocken. »Was tust du denn hier?«
»Ich bin gekommen, um dich zu sehen. «
»Nun, dann verschwendest du deine Zeit.«
Darüber grinste er nur und verstellte ihr entschieden den Weg, als sie versuchte, an ihm vorbeizugehen. Er zündete sich eine Zigarre an und zog so tief den Ranch ein, dass ihre rot glühende Spitze in der kühlen Dunkelheit zu sehen war. »Na ja, du hast bestimmt nicht damit gerechnet, mir über den Weg zu laufen«, bemerkte er. Sie blickte zu seinem harten Gesicht auf, das von einigen kleinen Pockennarben leicht entstellt war, und fragte sich, was sie sich gedacht hatte in jenen ersten Tagen ihrer unglückseligen Bekanntschaft, als sie ihn noch für gut aussehend und einen Gentleman gehalten hatte.
»Du hast die Scheidungspapiere mitgenommen«, beschuldigte sie ihn. Sie fühlte sich mehr als beklommen, was allerdings weder ihrer Stimme noch ihrem Verhalten anzumerken war. »Ich will sie wiederhaben.«
»Chloe«, versuchte er, ihr zuzureden. Und dann trat er sogar vor, um ihr Gesicht zu berühren, aber sie wich ihm blitzschnell aus. »Hat er dich für mich verdorben, dein reicher Mann?«, fragte er und klang, als sei er sehr in seinem Stolz gekränkt. Als ob ihm ein schreiendes Unrecht zugefügt worden wäre.
In diesem Augenblick kam Chloe ein entsetzlicher Gedanke. Sie hatte noch nie zuvor daran gedacht, weil sie geglaubt hatte, Jack würde sich noch in Tombstone aufhalten, seiner ruchlosen Geschäfte wegen, aber jetzt stand er da, direkt vor ihr und ließ sich nicht mehr ignorieren. »Hast du Jeb McKettrick angeschossen?«, fragte sie.
»Aber natürlich nicht«, verneinte er ihre Frage milde. »Warum sollte ich das tun?«
»Ich kann mir tausend Gründe denken«, sagte sie und wäre am liebsten vor ihm davongerannt. Aber sie blieb stehen, weil sie wusste, dass er sie mit wenigen Schritten eingeholt haben würde, wenn sie es auch nur versuchte. Und wenn sie um Hilfe schrie, würde er sie schlagen oder sie vielleicht sogar erschießen.
»Fasst er dich an, Chloe ?« Die Frage klang heiser, und es verriet sich sogar ein gewisser Schmerz darin, dem Chloe jedoch keinerlei Substanz zuschrieb. Denn eins wusste sie über Jack Barrett: Er war kalt bis in sein Herz hinein. »Berührt er dich mit seinen Händen?«
»Das geht dich nichts an.«
Er blies einen Ra u ch ring in die Luft. »Oh doch, das tut es allerdings.«
»Ich bin seine Frau.«
»Du bist meine Frau.« Sie schüttelte den Kopf Die Scheidungspapiere zurückzubekommen, war im Augenblick ihre geringste Sorge; sie wollte nur noch weg. Einfach nur noch weg.
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