Stürmisches Feuer der Liebe
Tante Geneva blutend hinfallen, sah, wie der Postkutschenfahrer mit einer geradezu schaurigen Anmut auf dem Erdboden zusammenbrach. Und hinter all dem stand der böse Mann mit diesem Halstuch über dem Gesicht.
Lizzie erschauderte.
»Dein Onkel ist sehr stark. Er wird wieder gesund.« Concepcion ging zum Herd zurück, rührte mit einem Holzlöffel die Schokoladenmischung um und gab noch ein ordentliches Stück Butter dazu.
»Meine Tante Geneva war auch stark«, sagte Lizzie. »Und sie ist trotzdem gestorben. Papa sagt, dass sie in der Stadt beerdigt wurde und er mit mir zu ihrem Grab gehen wird, wenn ich ein bisschen Zeit hatte, mich zu erholen.« Sie runzelte verwirrt die Stirn. »Und dabei weiß er doch, dass ich gar nicht verletzt worden bin. «
In Concepcions Augen standen Tränen, obwohl sie versuchte, sie zu verbergen, indem sie rasch den Kopf abwandte. Als das nichts half, bekreuzigte sie sich rasch mit einer Hand und betupfte sich dann mit einem Zipfel ihrer Schürze das Gesicht. »Es gibt viele Arten von Verletzungen, Lizzie«, sagte sie mit rauer Stimme. »Dir hätte
eine solche Erinnerung erspart bleiben müssen.«
»Manchmal weine ich, wenn ich weiß, dass Papa es nicht sieht.«
Concepcion fuhr sich wieder mit der Hand über die Augen. »Du hast in deinem jungen Leben schon so viel Trauriges miterlebt«, sagte sie, aber sie sah dabei nicht Lizzie an, sondern starrte durch das Fenster über dem Spülbecken und rührte in der heißen Schokolade. »Es ist nicht richtig, dass ein Kind so viel Tragisches erleben muss.«
»Papa sagt, dass es bald wieder besser werden wird.«
Concepcion stieß einen tief empfundenen Seufzer aus und lächelte sie an. »Dein Papa hat Recht. «
In diesem Moment wurde die Tür, die auf den Korridor hinausführte, geöffnet. »Na, das ist ja etwas Seltenes«, bemerkte Holt und grinste, obwohl seine Augen irgendwie traurig aussahen und er auch ein bisschen verärgert zu sein schien. »Dass ich auch mal Recht habe, meine ich.«
Concepcion blinzelte, so wie jemand, der aus einem Tagtraum aufwacht. »Wo ist dein Vater?«, fragte sie Holt.
»Ich wusste gar nicht, dass ich einen hatte.«
Sie bedachte ihn mit einem ihrer Blicke und kniff die Lippen zusammen. Lizzie beobachtete mit Interesse, wie Concepcions Blick seine Wirkung tat. Sie hätte nur zu gern gewusst, ob dieser Trick auch bei ihr funktionieren würde. Denn ihrer Meinung nach brauchte ihr Papa jemanden, der ihn hin und \Nieder in die Schranken wies, allzumal er ein wirklich sturer Bock war, wie sie fand.
Er seufzte. »Er ist draußen und verabschiedet sich von Sam.«
»Und deine Brüder?«
Holt zog seine Augenbrauen zusammen, und diesmal war er es, der einen finsteren Blick auflegte.
»Kade und Rafe«, sagte Concepcion und sprach die Namen so langsam aus, als ob sie ihm ganz und gar unbekannt wären. »Sind sie noch da?«
Lizzie hatte den Eindruck, dass Concepcion wegen irgendetwas sehr beunruhigt war, und es betraf offenbar ihre Onkel, die sie alle sehr gern mochte. Das hatte zur Folge, dass auch Lizzie sich nun Sorgen machte.
»Sie sind in die Scheune gegangen«, sagte Holt. »Um ihre Pferde zu satteln.«
Concepcion erschrak. »Sie sind nicht durch die Küche gekommen«, stellte sie nachdenklich fest, und was immer das auch bedeuten mochte, sie wirkte jedenfalls nicht gerade erfreut darüber.
Holt stellte sich hinter Lizzies Sessel und brachte ihn zum Schaukeln. »Sie sind klüger, als sie aussehen«, stellte er fest.
Lizzie wünschte, die Erwachsenen würden ganz normales Englisch reden. Es war ja schließlich nicht so, als ob sie nicht wüsste, dass sie ihr irgendwas verheimlichten.
»Ich bekomme eine Lehrerin«, sagte sie, weil sie plötzlich Angst bekam und den Donner, der nicht mehr nur ein fernes Grollen oben in den Wolken war, auf einmal mitten in ihrer Brust zu spüren glaubte. Und deshalb musste sie jetzt über etwas Angenehmes sprechen. »Es ist Miss Wakefield, aus der Schule in der Stadt. Sie wird jetzt jede Woche von freitags bis sonntags bei uns zu Hause sein.«
Concepcions Blick glitt an ihr vorbei zu Holt. »Weiß Chloe, dass Jeb dann auch dort auf der Ranch sein wird?«
Lizzie blickte gerade rechtzeitig auf, um das Lächeln zu sehen, das über das gut aussehende Gesicht ihres Vaters huschte.
»Es sind die Überraschungen«, sagte er, »die das Leben interessanter machen.«
Kapitel 41
Für Chloe verging der Rest der Woche mit der Geschwindigkeit eines Tausendfüßlers, der seine
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