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Stürmisches Herz

Stürmisches Herz

Titel: Stürmisches Herz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Lindsey
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benützt, die sie am Abend heraufgebracht hatte, und die Tücher zum Trocknen über die Stangen des Waschtisches gehängt. Das einzige Fenster war geschlossen und die Vorhänge zugezogen. Auf dem Holzstuhl neben dem gußeisernen Ofen hingen ein sauberes blaues Hemd, die schwarze Jacke, das Halstuch und ein Gürtel. Der Revolvergürtel hing neben dem Bett, und das Halfter war leer. Beim Anblick seines zerwühlten Bettes wurde sie verlegen und wich zur Tür zurück. Sie hatte ihn geweckt, und das war absolut ungehörig.
    »Es tut mir leid, daß ich Sie gestört habe«, entschuldigte sie sich.
    »Aber Sie haben es getan. Deshalb werden Sie dieses Zimmer erst verlassen, wenn ich weiß, warum.«
    Das klang wie eine Drohung, und plötzlich fiel ihr auf, daß sein Oberkörper nackt war und daß er die Hose nur hastig übergestreift hatte, so daß sein Nabel frei war. Die dichten, dunklen Haare auf seiner Brust bildeten ein T, dessen senkrechter Strich in der Hose verschwand. In einer seiner Gürtelschlingen steckte ein kurzes, gefährlich aussehendes Messer. Den Revolver hatte er wahrscheinlich hinten in den Hosenbund geschoben.
    Nein, er war kein Risiko eingegangen, als er die Tür öffnete.
    »Also?«
    Sie zuckte zusammen. Seine Stimme klang nicht ungeduldig, aber er hatte sicherlich genug von ihr.
    Sie hob zögernd den Blick. Sein Gesichtsausdruck war genauso undurchdringlich wie immer.
    »Ich – ich habe gehofft, daß Sie mir helfen werden.«
    Er hatte den Revolver tatsächlich hinten in den Hosenbund gesteckt. Jetzt zog er ihn heraus, ging zum Bett und steckte ihn in das Halfter. Dann setzte er sich auf das Bett und sah sie nachdenklich an. Das zerwühlte Bett, der halbbekleidete Mann waren zuviel für Courtney. Ihre Wangen begannen zu brennen.
    »Sind Sie in Schwierigkeiten?«
    »Nein.«
    »Was dann?«
    »Würden Sie mich nach Texas bringen?«
    Sie hatte es hervorgesprudelt, bevor sie es sich anders überlegte.
    Nach einer kurzen Pause fragte er: »Sie sind verrückt, nicht wahr?«
    »Nein, ich versichere Ihnen, daß ich es ernst meine. Ich muß nach Texas. Ich habe Grund zu der Annahme, daß mein Vater in Waco lebt.«
    »Ich kenne Waco. Die Entfernung von hier dorthin beträgt über vierhundert Meilen, und die Hälfte davon ist Indianerterritorium. Das haben Sie nicht gewußt, nicht wahr?«
    »Ich habe es gewußt.«
    »Aber Sie hatten nicht vor, diesen Weg zu wählen.«
    »Es ist die kürzeste Route. Ich hätte sie vor vier Jahren mit meinem Vater benützt, wenn nicht –. Ich kenne die Gefahren. Deshalb bitte ich Sie, mich zu begleiten.«
    »Warum ich?«
    »Weil es sonst niemanden gibt, den ich darum bitten kann. Das heißt, es gibt einen Mann, aber der Preis, den er verlangt, ist zu hoch. Außerdem haben Sie heute bewiesen, daß Sie durchaus dazu fähig sind, mich zu beschützen. Ich bin davon überzeugt, daß Sie mich heil nach Waco bringen würden.« Sie unterbrach sich und überlegte, ob sie weitersprechen sollte, dann tat sie es. »Außerdem kommen Sie mir irgendwie bekannt vor.«
    »Ich vergesse niemals ein Gesicht, Lady.«
    »Ich will damit nicht sagen, daß wir einander kennengelernt haben. Ich würde mich bestimmt daran erinnern. Ich glaube, es liegt an Ihren Augen.« Natürlich konnte sie ihm nicht sagen, daß seine Augen sie auf magische Weise beruhigten, denn dann würde er sie bestimmt für verrückt halten. Deshalb fuhr sie fort: »Vielleicht habe ich als Kind jemandem vertraut, der die gleichen Augen hatte wie Sie. Ich weiß es nicht. Aber ich weiß, daß Sie mir das Gefühl der Sicherheit geben – ich fühlte mich zum ersten Mal seit der Trennung von meinem Vater sicher.«
    Er stand auf, ging zur Tür und öffnete sie. »Ich bringe Sie nicht nach Texas.«
    Sie war verzweifelt. Sie war nie auf die Idee gekommen, daß er ablehnen könnte. »Ich würde Sie dafür bezahlen.«
    »Ich lasse mich nicht anheuern.«
    »Aber Sie bringen eine Leiche nach Wichita, um die Belohnung zu kassieren.«
    Er lächelte amüsiert. »Ich wäre auf dem Weg nach Newton ohnehin durch Wichita gekommen.«
    »Ach – ich habe nicht gewußt, daß Sie vorhaben, in Kansas zu bleiben.«
    »Das habe ich auch nicht vor.«
    »Dann verstehe ich nicht –«
    »Ich bleibe bei meinem Nein. Ich bin kein Kindermädchen.«
    »Ich bin kein hilfloses Kind«, begann Courtney empört, verstummte aber, als sie seinen ironischen Gesichtsausdruck bemerkte. »Dann werde ich eben jemand anderen finden, der mich nach Waco bringt«, schloß

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