Stürmisches Herz
vor seinen Füßen landete. Hastig raffte sie ihre Bluse zusammen.
Sie hatte sich darauf verlassen, daß Chandos sie beschützen würde, und kam sich jetzt verraten und verkauft vor. Sie blickte zu ihm auf, und in ihren Augen lag das tiefe Entsetzen, das sie empfand.
Doch dann erschauerte sie. Er wirkte so erbarmungslos, wie er mit gespreizten Beinen vor ihr stand, so stark, so schön und so grausam.
»Sie haben die Situation offenbar noch immer nicht erfaßt, sonst würden Sie nicht meinen Zorn riskieren, indem Sie schreien.«
»Ich weiß genau, in welcher Situation ich mich befinde.«
»Dann erklären Sie es mir. Sofort.«
»Sie werden mich vergewaltigen.«
»Und?«
»Ich kann Sie nicht daran hindern.«
»Und?«
»Ich weiß nicht, was ich noch sagen sollte.«
»Eine ganze Menge, Lady. Die Vergewaltigung sollte Ihnen die geringste Sorge bereiten. Sie haben sich mir ausgeliefert. Das war dumm, denn jetzt kann ich mit Ihnen tun, was ich will. Habe ich mich klar ausgedrückt? Ich kann Ihnen die Kehle durchschneiden und Sie an einer Stelle liegen lassen, an der kein Mensch jemals Ihre Knochen suchen wird.«
Courtney zitterte wie Espenlaub. Sie hatte das alles nicht bedacht, als noch Zeit dafür gewesen war, und jetzt war es zu spät.
Als sie nicht aufhörte zu zittern, beugte sich Chandos vor und schlug sie ins Gesicht. Sie brach prompt laut heulend in Tränen aus, und er fluchte. Vielleicht verfuhr er zu hart mit ihr, aber sie hatte die Lektion gebraucht.
Er war bereit gewesen, notfalls noch weiter zu gehen, aber das war nicht notwendig. Sie ließ sich leicht in Angst versetzen.
Er legte ihr die Hand auf den Mund, um sie zum Schweigen zu bringen. »Du kannst aufhören zu weinen. Ich tue dir nichts.«
Er erkannte, daß sie ihm nicht glaubte, und seufzte. Er hatte sie tiefer verunsichert, als er vorgehabt hatte. »Hör zu, Kätzchen«, sagte er bewußt sanft. »Schmerz merkt man sich, deshalb habe ich ihn dir zugefügt. Du sollst nicht vergessen, was du heute gelernt hast. Ein anderer hätte dich vergewaltigt, ausgeraubt und wahrscheinlich getötet, um sein Verbrechen zu verbergen. Du kannst dein Leben nicht in die Hände eines Fremden legen, weder in diesem Teil des Landes noch sonstwo. Ich habe versucht, dir das begreiflich zu machen, aber du wolltest nicht auf mich hören. Diesen Trail benützen zu viele gefährliche Männer.«
Sie hatte aufgehört zu weinen. Er nahm die Hand von ihrem Mund und sah zu, wie sie sich mit der kleinen, rosa Zunge über die Lippen fuhr. Dann richtete er sich auf und wandte ihr den Rücken zu.
»Wir können genauso gut unser Nachtlager hier aufschlagen«, meinte er, ohne sie anzusehen. »Morgen früh bringe ich Sie nach Rockley zurück.«
13. KAPITEL
Courtney blickte einige Stunden lang zu den Sternen empor. Dann drehte sie sich um und starrte in das erlöschende Feuer. Sie nahm an, daß es gegen Mitternacht war.
Sie hatte sich beruhigt. Chandos hatte sie nicht mehr angerührt und war nur einmal zu ihr gekommen, um ihr einen Teller mit Essen zu geben. Er hatte auch nicht mehr mit ihr gesprochen, denn er war zweifellos der Ansicht, daß er alles Notwendige gesagt hatte.
Dieser Schuft! Wer gab ihm das Recht, sich als ihr Lehrer aufzuspielen? Das Recht, ihr Hoffnung zu machen, und diese Hoffnung dann wieder zu zerstören? Dennoch wagte sie nicht, ihm zu sagen, was sie von seiner >Lektion< hielt. Sie hatte Angst, ihn damit zu provozieren.
Dann kamen die Tränen, Tränen der Verzweiflung. Es waren stumme Tränen, nur gelegentlich schnüffelte sie oder holte stockend Atem. Aber das genügte; Chandos hörte sie.
Er hatte nicht geschlafen, denn seine Gedanken hielten ihn wach. Seine Vorgehensweise bereute er allerdings nicht. Er hatte in bester Absicht gehandelt, auch wenn die Lektion etwas drastisch ausgefallen war. Doch es war besser, wenn das Mädchen jetzt einen Schreck bekam, als wenn es später irgendwo in der Prärie verscharrt wurde. Reden allein hätte nichts genützt, denn sie hätte nicht auf ihn gehört.
Sein Problem war nur, daß ihr Schmerz ihn unerwarteterweise tief getroffen hatte. Es war beinahe wie damals gewesen, als ihr Leben zum ersten Mal in seinen Händen gelegen hatte. In ihm war der Beschützerinstinkt erwacht,
und er wollte sie trösten und beruhigen. Daß sie weinte, zerrte an seinen Nerven. Er ertrug es nicht.
Sein erster Gedanke war fortzureiten, bis sie sich beruhigt hatte. Aber dann würde sie natürlich glauben, daß er sie im Stich ließ,
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