Stürmisches Herz
Chandos' Bettrolle und breitete sie neben ihm aus. Ihr Herz klopfte wild.
»Leg dich auf den Bauch.«
»Sag mir nicht, was ich zu tun habe, Frau.«
Sie war empört über seinen Ton, dann aber begriff sie, daß er Schmerzen litt. Auf seiner Wade breitete sich ein großer, grellroter Fleck aus. Er hatte seinen Gürtel wenige Zentimeter oberhalb des Bisses eng um das Bein gebunden. Zwei Zentimeter tiefer, und die Schlange hätte in Chandos' Stiefel gebissen. Was für ein unglaubliches Pech!
»Hast du das Gift ausgesaugt?«
Chandos' Blick sprach Bände. »Sieh doch einmal hin, Frau. Wenn du glaubst, daß ich mit dem Mund dorthin komme, dann bist du verrückt.«
Courtney wurde noch blasser. »Das heißt, daß du nicht einmal … warum hast du mich nicht gerufen? Was du jetzt tust, ist ein letztes Hilfsmittel!«
»Du weißt wohl genau Bescheid«, fuhr er sie an.
»Ja. Ich habe meinem Vater zugesehen, wenn er Schlangenbisse behandelt hat. Er ist Arzt und –. Hast du den Gürtel schon einmal gelockert? Du solltest es ungefähr alle zehn Minuten tun. Bitte Chandos, leg dich hin. Ich muß das Gift aussaugen, bevor es zu spät ist.«
Er starrte sie so lange an, daß sie schon annahm, er würde sich weigern. Doch dann zuckte er die Schultern und legte sich auf die Bettrolle.
»Der Schnitt ist in Ordnung«, erklärte er ihr mit deutlich schwächerer Stimme. »Ich konnte die Stelle sehen und mit den Händen erreichen, aber nicht mit dem Mund.«
»Spürst du außer den Schmerzen ein Schwächegefühl oder Übelkeit? Kannst du klar sehen?«
»Wer, sagtest du, ist der Arzt – du oder dein Vater?«
Es war eine Erleichterung, daß er noch Witze machen konnte. »Es würde mir helfen, wenn du meine Fragen beantwortest, Chandos. Ich muß wissen, ob das Gift schon in deinen Kreislauf gelangt ist oder nicht.«
»Ich leide unter keiner der erwähnten Beschwerden, Lady«, seufzte er.
»Das ist wenigstens etwas, wenn man bedenkt, wieviel Zeit vergangen ist.«
Aber Courtney war nicht davon überzeugt, daß er die Wahrheit sagte. Es würde ihm ähnlich sehen, nicht zuzugeben, daß er sich schwach fühlte.
Sie kniete neben seiner Wade nieder und machte sich an die Arbeit – es war ihr nicht widerwärtig, sondern einfach etwas, das getan werden mußte. Aber sie hatte Angst, weil soviel Zeit vergangen war.
Chandos rührte sich nicht, während sie sich mit ihm befaßte; er erklärte ihr nur einmal, daß sie die Hand von seinem verdammten Bein nehmen solle. Courtney hörte nicht auf, gleichmäßig zu sauen und zu spucken, bis sie plötzlich krebsrot wurde. Fortan achtete sie darauf, die Hand nicht mehr so hoch oben auf seinen Oberschenkel zu legen. Sie nahm sich vor, ihm später einmal deshalb die Meinung zu sagen. Der Mann konnte seine Begierde nicht einmal beherrschen, wenn er Schmerzen litt!
Sie arbeitete eine Stunde lang, dann konnte sie nicht mehr. Ihre Lippen waren taub, und ihre Wangen schmerzten. Die Wunde blutete nicht mehr, aber sie war gerötet und schrecklich geschwollen. Courtney bedauerte, daß sie keine Zugsalbe mithatte. Noch mehr bedauerte sie es, daß sie nichts von Heilkräutern verstand, denn es gab vielleicht am Flußufer oder im Wald etwas, das das Gift herausziehen oder die Schwellung zum Abklingen bringen konnte.
Statt dessen holte sie Wasser vom Fluß, tauchte einen Lappen hinein und legte ihn auf die Wunde. Alle zehn Minuten lockerte sie den Gürtel, der den Blutstrom unterband, und zog ihn nach einer Minute wieder an.
Sie war unermüdlich. Und als sie endlich dazu kam, ihn zu fragen, wie er sich fühlte, erhielt sie keine Antwort. Chandos war ohnmächtig geworden. Courtney wurde allmählich von Panik erfaßt.
24. KAPITEL
»Wenn du mir die Haare abschneidest, Alter, bringe ich dich um.« Chandos hatte diesen und andere Sätze immer wieder gemurmelt, und Courtney hatte sich daraus ein bedrückendes Bild von Chandos' Leben machen können. Er sprach im Schlaf und fieberte hoch.
Irgendwann in der Nacht war sie eingeschlafen, aber nicht für lange Zeit. Sie hatte den Kopf an Chandos' Beine gelehnt, und dann hatte er plötzlich geschrien, daß er erst sterben könne, bis alle tot waren. Sie versuchte, ihn aufzuwecken, aber er stieß sie von sich.
»Verdammt, Calida, laß mich in Ruhe«, knurrte er. »Kriech in Marios Bett. Ich bin müde.«
Danach versuchte sie nicht mehr, ihn zu wecken. Sie wechselte den kalten Umschlag und hörte zu, wie er im Fieberwahn Schießereien, Prügeleien und
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