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Stürmisches Paradies

Stürmisches Paradies

Titel: Stürmisches Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Beattie
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holte einmal tief Luft, bevor er sie wieder ansah. »Sag mir, Alicia, hat er jemals erklärt, was mit Daniel geschah?«
    Alicia schüttelte den Kopf. »Wenn sein Name erwähnt wurde, verstummte Vater und ging runter ans Wasser. Wenn ich Anna fragte, wurde sie immer so traurig. Deshalb habe ich wohl aufgehört zu fragen. Ich nahm an, Jacob ging dann ans Wasser, weil Daniel auch auf See gestorben war, nur dass sie seine Leiche nie gefunden haben.«
    »Daniel ist nicht gestorben. Bis zum heutigen Tag ist er noch ziemlich lebendig.«
    Alicia starrte ihn an, Tränen stiegen ihr in die Augen. »Wenn Jacob das bloß gewusst hätte. Er wäre so …«
    »Er wusste es, Alicia.«
    »Aber das kann nicht sein. Ich sah den Schmerz in seinen Augen, wenn er am Strand stand. Er sah so verlassen aus, so traurig. Wenn er gewusst hätte, dass Daniel noch lebt, dann hätte er doch nach ihm gesucht. Nichts hätte ihn aufhalten können.«
    Blake explodierte. Seine Augen funkelten wild.
    »Er hatte die Chance! Er hatte mehrere Jahre, um Daniel zu finden, und stattdessen tat er nichts! Ich hoffe, seine Schuld hat ihn bis ins Grab verfolgt.«
    Alicia blieb der Mund offen stehen.
    »Er ist der einzige Vater, an den ich mich erinnere, und er war ein guter Mann. Du hast kein Recht, so von ihm zu reden.«
    »Oh, das habe ich wohl nicht, nicht wahr? Nun, du weißt nichts über diesen Mann, den du Vater genannt hast! Und Daniel ist ohne ihn besser dran!«
    »Du Mistkerl! Ich habe oft genug gesehen, wie dieser Mann sich Tränen wegwischte, die ich nicht sehen sollte. Er und meine Mutter saßen abends zusammen und beteten für ihre Jungen. Er liebte sie alle beide. Wage es ja nicht, über ihn zu urteilen, wenn du nichts darüber weißt, wie er sich fühlte.«
    Außer Atem, die Hände auf die Hüften gestemmt, forderte sie Blake so sehr heraus, wie sie es noch nie getan hatte. Er schien das nicht zu bemerken. Die Hände ebenfalls in die Hüften gestemmt, entgegnete er mit lauter Stimme, die ihrer in nichts nachstand: »Ich weiß ganz genau, wie er sich fühlte! Anders als du muss ich mir nicht einreden, dass ich wüsste, was der Mann empfand, denn er hat mir unumwunden gesagt, was er von Daniel hielt.«
    »Und was war das?«, wollte sie wissen und stopfte sich unwirsch eine Haarlocke hinters Ohr, als diese ihr ins Gesicht fiel.
    »Dass es Daniels Schuld war, dass Eric starb.«
    Alicia hielt inne und blinzelte. »Wie bitte?«
    Blake drehte sich zum Fenster und stützte sich daneben mit einer Hand ab. Er stand so lange schweigend und grübelnd dort, dass Alicia fast nicht mehr glaubte, er würde fortfahren.
    »Daniel hat das Meer geliebt, und die See rief nach ihm, wie er es niemals zuvor erlebt hatte. Das Meer, der endlose Horizont, die frische Luft. Das war genau das, was er wollte. Einfach ein Schiff besitzen und seine eigene Mannschaft kommandieren. Aber er hatte Angst, es seinem Vater zu erzählen, weil Jacob seinen Traum nie verheimlicht hatte, dass seine beiden Söhne eines Tages gemeinsam die Schmiedewerkstatt übernehmen würden. Daniel brauchte lange, bis er das Thema gegenüber seinem Vater ansprach.«
    Blake schlug mit der Hand gegen das Holz. »Und als er endlich den Mut aufbrachte, seinem Vater von seinem Traum zu erzählen, da hat Jacob nicht zugehört. Jedenfalls nicht richtig. Er hat sich eingeredet, es wäre bloß eine Marotte und dass Daniel, falls er zu See fahren würde, das Wasser bald satt haben und nach Hause kommen würde. Deshalb hat er auch Eric gebeten, Daniel zu begleiten, als der auf einem Freibeuterschiff Arbeit gefunden hat. Jacob hat geglaubt, in einem Monat oder so wäre die Sache erledigt.«
    »Warum würde Jacob Eric auf ein Freibeuterschiff schicken, wenn er diese für nichts weiter als Piraten hielt?«
    Blakes Lachen klang freudlos. »Erst nachdem Eric gestorben ist, hat Jacob seine Meinung über Freibeuter geändert. Bis dahin jedenfalls hatte er, soweit ich weiß, keine Einwände gegenüber Freibeutern.«
    »War Daniel mit auf dem Schiff, als Eric gestorben ist?«
    Blake nickte. »Daniel hat alles gesehen. Er hat die Leiche seines Bruders auch zurück nach Port Royal gebracht. Daniel war ein gebrochener Mann, als er Erics Leichnam nach Hause trug. Er hat sich für den Tod seines Bruders verantwortlich gefühlt. Es hat ihm wie eine schwere Last auf der Seele gelegen. Er konnte nicht essen, nicht schlafen. Es hat drei Tage gedauert, nach Port Royal zu segeln, und Daniel hat diese Tage an der Seite seines Bruders

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