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Stürmisches Paradies

Stürmisches Paradies

Titel: Stürmisches Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Beattie
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seiner Stelle zu bringen.«
    »Hat er das?«
    Vincent beobachtete staunend, wie ihre Wangen rot wurden und ihre Hände an ihrem Kragen nestelten. Weil er annahm, dass sein Vorhaben nun viel einfacher geworden war, zog Vincent sich einen Stuhl heran.
    »Bitte setzt Euch und esst, solange es noch heiß ist. Und darf ich so kühn sein zu fragen, ob ich Euch Gesellschaft leisten darf?«
    Alicias Augen glitzerten ebenso strahlend wie das Meer.
    »Bitte tut das. Es ist schön, ein wenig Gesellschaft zu haben.«
    Weil er wusste, dass seine Zeit begrenzt war, vergeudete Vincent auch keinen Augenblick davon.
    »Blake ist nicht besonders gesprächig.«
    Sie lächelte, während sie in ein Stück Ananas biss. »Es sei denn, er ist verärgert.«
    »Manchmal kann er ein wenig unzivilisiert sein.«
    »Das ist mir aufgefallen.« Sie aß ihre Frucht zu Ende und begann die Eier zu essen.
    »Gewöhnt er sich, ähm, nicht ein wenig an Euch?«
    Alicia verschluckte sich fast an den Eiern. Sie hustete, und ihr stiegen die Tränen in die Augen. Oh, Hölle! Vincent stellte sich auf seinen Stuhl und klopfte ihr auf den Rücken. Sie hustete noch heftiger. Er war kurz davor, in Panik zu geraten, als sie sich in ihrem Stuhl umdrehte und ihn am Handgelenk packte.
    »Es geht mir gut«, keuchte sie.
    Mit einem Seufzer der Erleichterung setzte Vincent sich wieder hin. »Nun, Gott sei Dank. Ich dachte schon, ich hätte Euch umgebracht!«
    Sie sahen sich gegenseitig an und schwiegen, bis Alicia plötzlich laut loslachte und sich tiefe Grübchen in ihre Wangen gruben. Trotz seiner Verlegenheit stimmte Vincent in ihr Lachen ein. Bald wischten sich beide die Lachtränen aus den Augen.
    »So sehr habe ich schon seit Monaten nicht mehr gelacht«, erklärte Alicia. »Vielen Dank.«
    »Mir hat es ebenfalls Spaß gemacht. Ihr erinnert mich an Vivian, eine meiner Schwestern.«
    Als sie ihr Mahl beendet hatte, schob Alicia den Teller zur Seite und nippte an ihrem Tee. »Habt Ihr viele Schwestern?«
    »Fünf. Und einen Bruder. Aber Cale ist der Älteste und war beinahe schon erwachsen, als ich hinzukam.« Er zuckte die Achseln. »Ich habe ihn nicht oft gesehen und stattdessen die meiste Zeit mit meinen Schwestern verbracht. Vivian ist mir altersmäßig am nächsten.«
    Alicia sah aus dem Fenster der Kabine hinaus. »Ich beneide Euch um Eure Erinnerungen. Das Einzige, was ich von meiner Schwester noch weiß, ist, dass sie braunes Haar hat und ich sie früher Sam genannt habe.«
    »Aber Ihr werdet sie finden, und dann kann sie Euch alles erzählen, was Ihr wissen wollt. Seid Ihr nicht aufgeregt?«
    Alicia drehte sich zu Vincent um, und ihr trauriges Lächeln rührte sein Herz.
    »Es fühlt sich an, als ob man eine Fremde trifft, denn das ist sie ja in Wirklichkeit für mich.«
    Als Vincent die schweren Stiefel und ein grummelndes Gespräch über ihren Köpfen hörte, wusste er, dass seine Zeit abgelaufen war. Blake würde bald nach ihm suchen.
    »Hat Blake mit Euch über Eure Familie gesprochen, nun ja, die, an die Ihr Euch erinnert?«
    »Ich weiß, er hasste meinen Vater.«
    Da es nun spannend wurde, schob Vincent seinen Stuhl näher an Alicia heran. »Habt Ihr ihn denn nicht gefragt, weshalb er das tut?«
    »Ich glaube nicht, dass er es mir sagen würde.«
    »Nun, das könnt Ihr solange nicht wissen, bis Ihr es versucht, nicht wahr?«
    Und mit diesen Worten nahm er ihren leeren Teller und überließ sie ihren Gedanken.
     
     
    Alicia wurde beinahe verrückt. Sie war nun schon den ganzen gestrigen und den Großteil des heutigen Tages in der Kabine eingesperrt gewesen und wusste nicht mehr, was sie noch tun konnte. Die Bettbezüge waren glatt gestrichen, die Stühle gleichmäßig verteilt und an den Tisch geschoben. Da niemand gekommen war, um ihr Waschwasser zu holen, und da es nicht sehr schmutzig war, hatte sie es benutzt, um den Boden der Kabine damit zu wischen. Nirgendwo lag Staub herum.
    Sie hätte am liebsten gebrüllt.
    In der Schmiede herrschte immer ein ziemlicher Lärm durch das Scheppern von Metall, das auf Metall schlug und dem Schwatzen, mit dem Charles und sie sich die langen Stunden der harten Arbeit verkürzten. Alicia ließ die Stirn gegen das Glas des kleinen, runden Fensters sinken und spürte die Wärme auf ihrer Haut.
    Sie vermisste die Werkstatt. Von dem Zugehörigkeitsgefühl, das sie jedes Mal verspürte, wenn sie in das rauchige Innere trat, bis zur Befriedigung, ein fertiges Werkstück im Sonnenlicht glänzen zu sehen. Und sie

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