Stumme Zeugen
diskrete Art und Weise, wenn du weißt, was ich meine.«
»Ich denke schon.«
»Bevor du zu Gonzo fährst, machst du einen kleinen Abstecher in die Stadt und findest heraus, in welchem Hotel er wohnt. Falls jemand Fragen stellt, sagst du einfach, du würdest dem Sheriff helfen, seine Kartei mit Sexualstraftätern auf dem neuesten Stand zu halten. Vielleicht erfährst du, wann er abreisen will. Ruf mich an, dann sehen wir weiter.«
»Okay.«
»Achte darauf, dass er dich nicht sieht. Zweimal bist du ihm schon über den Weg gelaufen, und wir können kein Interesse daran haben, dass er sich irgendwas zusammenreimt.«
Warum klapperst du dann nicht die Hotels ab?, wollte Newkirk fragen. Dich hat er noch nicht gesehen.
»Einverstanden?«, fragte Singer.
Newkirk seufzte. »Aber sicher.«
»Und schön diskret vorgehen«, wiederholte Singer. »Dann hilfst du Gonzo. Wir müssen diese Geschichte in trockene Tücher bringen.«
»Okay.« Damit war das Gespräch beendet, und Newkirk klappte sein Handy zu.
Während Newkirk auf der Toilette war, starrte Monica Taylor auf das Telefon und traf eine Entscheidung. Sie würde den Mann anrufen, von dem sie sich Hilfe versprach und der ihr auch früher schon beigestanden hatte. Selbst wenn er ihr jetzt nicht helfen konnte, würde er sie vielleicht beruhigen und ihr versichern, dass alles gut werden würde. Er stand in ihrer Schuld, und sie hatte ihn in zwölf Jahren nicht ein einziges Mal daran erinnert.
Sie ging durch das Zimmer und griff nach dem Hörer. Ein Blick ins Telefonbuch war überflüssig, sie hatte die Nummer seit Jahren im Kopf. Hundertmal hatte sie darüber nachgedacht, sie zu wählen, es aber nie getan.
»Was haben Sie vor?«, fragte Newkirk laut genug, um das Rauschen der Wasserspülung zu übertönen.
»Ich möchte telefonieren.«
»Mit wem?«
»Geht sie nichts an.«
»Halten Sie die Leitung frei.« Newkirk nahm ihr den Hörer aus der Hand und knallte ihn auf die Gabel. Sein Gesicht war vor Wut rot angelaufen. »Falls jemand anruft, weil er etwas über Ihre Kinder weiß, wollen Sie doch bestimmt nicht, dass die Leitung besetzt ist.«
»Wollen Sie mir helfen, oder bewachen Sie mich?«
»Das Thema können Sie mit Swann besprechen.«
»Vielleicht sollte ich die Reporterin suchen und ihr erzählen, dass ich in meinem eigenen Haus als Gefangene gehalten werde.«
»Sie rühren sich nicht vom Fleck«, sagte Newkirk. »Wir versuchen, Sie aus den Medien herauszuhalten, damit unsere Ermittlungen nicht behindert werden. Hat Swann Ihnen das nicht gesagt? Um Pressekonferenzen und den ganzen anderen Mist können Sie sich kümmern, wenn alles vorbei ist. Sie möchten doch sicher zu Hause sein, wenn jemand wegen Ihrer Kinder anruft, oder?«
Sie bedachte ihn mit einem funkelnden Blick und versuchte, den wahren Sinn seiner Worte zu verstehen. Und sie fragte sich, warum er plötzlich schwitzte.
Sonntag, 11.41 Uhr
Villatoros Herzschlag setzte einen Moment aus, als die Frau an der Rezeption ihm einen Stapel Dokumente gab, die Celeste im Laufe des Vormittags aus seinem ehemaligen Büro gefaxt hatte. Die Frau beobachtete ihn amüsiert, während
er die Papiere durchblätterte, und sagte, wenn er Interesse habe, stehe ihr Angebot, an diesem Abend gemeinsam einen Drink zu nehmen.
»Pardon?«, sagte er.
»Sie haben mich schon verstanden.« Die Frau wies mit einer Kopfbewegung auf die Papiere. »Mir ist noch nie jemand begegnet, der sich so darüber freut, an einem Sonntag arbeiten zu dürfen.«
Er schenkte ihr ein strahlendes Lächeln.
»Mit ist aufgefallen, dass es größtenteils Listen mit Namen von Polizisten sind«, sagte sie. »Hat das etwas mit dem Grund Ihres Besuches bei uns zu tun?«
Villatoro war zu aufgeregt, um sich über ihre Schnüffelei zu ärgern. »Ja, vielleicht. Ich muss mir die Papiere erst genauer ansehen.«
»Ein paar von den Jungs kenne ich. Wenn jemand hier in der Gegend ein Grundstück sucht, steigt er in der Regel bei uns ab. Genau besehen kenne ich sogar ziemlich viele von ihnen, zumindest dem Namen nach. Falls Sie möchten, könnte ich die Gästelisten der letzten Jahre durchgehen …«
»Das würde Ihnen nichts ausmachen?«
Sie zwinkerte ihm zu. »Hier ist nicht viel los. Mit irgendwas muss ich mir ja bis zu unserem Drink heute Abend die Zeit vertreiben.«
Er zögerte und entschied dann gegen seinen ersten Impuls. »Danke für Ihre Hilfe.«
Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht und lächelte ihn an.
Als er die Dokumente
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