Stumme Zeugen
korrupt oder regelrechte Kriminelle? Es hätte jeder Logik widersprochen, dass es sie nicht gab.
Das Klingeln des Telefons riss ihn aus seinen Gedanken. Es war Celeste. Ihre Stimme klang aufgeregt. Er bedankte sich herzlich, weil sie ihren Sonntagmorgen und den Kirchgang geopfert hatte, um im Büro zu arbeiten und ihm die Dokumente zu faxen.
»Kommen wir der Lösung näher?«, fragte sie.
»Ein bisschen. Aber wir haben noch nicht genug Material,
um etwas in Bewegung zu setzen. Officer Newkirk und Lieutenant Singer leben in Kootenai Bay, doch bis jetzt lässt sich damit nichts anfangen. Außerdem haben wir hier noch einen Excop namens Swann, der Kontakt zu den beiden hat, aber ich sehe keinen Zusammenhang zwischen ihm und dem Verbrechen. Oder den Ermittlungen des LAPD.«
»Gibt es noch etwas, das ich dir faxen könnte?«
Ihre Stimme klang enttäuscht. Villatoro glaubte, dass er ihre Erwartungen nicht erfüllt hatte. »Eigentlich fällt mir gar nichts ein, worum ich dich bitten könnte«, sagte er. »Ich habe meine Akten hier. Bist du sicher, alle Unterlagen durchgesehen zu haben, in denen ihre Namen auftauchen könnten?«
Sie bejahte und schien etwas beleidigt zu sein. Seit vier Uhr morgens sei sie im Büro, versicherte sie. Villatoro entschuldigte sich erneut.
»Eine Sache wäre da noch«, sagte Celeste. »Aber sie hat nichts mit unseren Unterlagen zu tun.«
»Ich höre …«
»Vor ein paar Minuten habe ich bei Google die beiden Namen eingegeben. Dabei stieß ich auf eine Stiftung namens SoCal Retired Peace Officers Foundation, kurz SRPOF genannt. Laut öffentlicher Registrierung ist das eine Non-Profit-Organisation, deren Aufgabe darin besteht, Stipendien an Kinder von Polizisten zu vergeben, Witwen zu helfen und so weiter. Sowohl Singer als auch Newkirk sitzen im Vorstand der Stiftung.«
Trotz angestrengten Nachdenkens konnte Villatoro sich nicht vorstellen, warum diese Information nützlich sein könnte. »Wo ist die Stiftung registriert?«
»Moment.« Offensichtlich studierte Celeste Informationen auf ihrem Monitor. »In Burbank«, antwortete sie schließlich. Sie zögerte kurz. »Und im Pend Oreille County in Idaho.«
Villatoro fuhr in die Höhe.
»Wann wurde sie gegründet?«
Celeste nannte das Datum der offiziellen Registrierung. Die SRPOF war zwei Monate vor dem Raub der Wetteinnahmen in Santa Anita gegründet worden.
»Steht da irgendwo, wie sich die Stiftung finanziert?«
Er hörte ihre Finger auf der Tastatur klappern.
»Durch Spenden«, antwortete Celeste. »Es sieht nicht so aus, als hätte sie einen Stamm von regulären Mitgliedern.«
Villatoros Gehirn arbeitete fieberhaft. »Vermutlich kommen die Spenden von anderen Polizisten.«
»Ich denke schon.«
»Und wahrscheinlich in bar, in kleinen Scheinen. Im Mannschaftsraum geht ein Hut herum, und die Cops werfen Banknoten hinein. Irgendwas in der Art.«
»Ich weiß es nicht, aber vermutlich hast du recht.«
»Gibt es eine Liste mit den Namen der Spender?«
»Nicht auf dieser Webseite. Ich wüsste nicht, wo ich so eine Liste finden sollte, ohne Kontakt zu der Stiftung aufzunehmen.«
»Die sie vermutlich nicht herausrücken würde.« Villatoro spürte, dass sein Enthusiasmus zurückkehrte. »Weil es keine Spender gibt. Das ist die perfekte Methode, um viel Geld in kleinen Scheinen zu waschen. Nach und nach, im Laufe der Zeit, werden Bareinzahlungen gemacht, wobei das Geld angeblich aus solchen Sammlungen stammt.«
Celeste schwieg einen Augenblick. »Ich kann nicht ganz folgen.«
»Das ist eine Geschichte, die mich schon immer irritiert hat«, sagte Villatoro. »Was konnten die Diebe mit dem Geld machen, ohne aufzufallen? Bei Banken fallen Bareinzahlungen auf, besonders wenn es sich um große Summen handelt. Ab einer bestimmten Höhe müssen sie sogar Meldung machen. Doch wenn das Geld über einen langen Zeitraum eingezahlt wird, in eher kleinen Beträgen, vielleicht jedes Mal ein paar hundert Dollar, ist man auf der sicheren Seite. Besonders, wenn die Bank weiß, dass es kleine Spenden an eine wohltätige Stiftung sind. Perfekt.«
Jetzt hatte Celeste verstanden. »Mein Gott, Eduardo …«
»Aber der Plan funktioniert nicht mehr, wenn jemand das Geld ausgibt, das er eigentlich einzahlen sollte. Besonders, wenn die Scheine markiert waren. Falls einige dieser Scheine am gleichen Ort auftauchen, erregt das Verdacht.«
Während er sprach, blätterte Villatoro in der Akte, die die Fotokopien der markierten Hundertdollarscheine
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