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Stunde der Klesh

Stunde der Klesh

Titel: Stunde der Klesh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. A. Foster
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hinschaffen, an einen Ort, den ich nicht kenne. Sie sieht noch einmal auf die Knochen und sagt nein. Das ist nicht weit genug. Jetzt schlägt er einen anderen Ort vor: Medlicht. Nein. Sie scheint unter Druck zu stehen, jetzt schlägt sie etwas vor … kenne ich auch nicht. Es hat etwas mit Fliegen zu tun. Mallam ist zornig, aber er beherrscht sich. Es ist entschieden. Sie kniet nieder, um die Knochen wieder aufzusammeln, und die anderen erheben sich. Es wird noch etwas geschehen … etwas Dunkles.“
    Meure wollte eigentlich nichts „Dunkles“ sehen, aber er konnte die Augen nicht abwenden. Alle Haydars standen jetzt, bildeten noch immer einen lockeren Kreis. Alle starrten intensiv auf das Mädchen, das sorgfältig die Knochen auflas. Jetzt war es fertig und ging erschöpft in die Hocke, den Kopf hatte es zurückgeworfen, die Augen geschlossen. Dann schien es wieder zu sich zu kommen; es erhob sich langsam und vermied dabei sorgfältig, einen aus der Gruppe anzusehen. Alle sahen genau hin und beobachteten, wie sie den Riemen des Lederbeutels zuzog. Die Weissagung war beendet.
    Meure entschied, daß er genug gesehen hatte, schlüpfte zwischen Clellendol und Flerdistar hindurch und begab sich zu der Stelle, wo der Wagen stand. Er schaute weder nach dem Feuer noch nach dem Mädchen, noch nach den Jägern, aber er sah aus den Augenwinkeln heraus, daß alle noch immer schweigend und regungslos an der gleichen Stelle standen. Ungesehen bewegte er sich durch die Dunkelheit. Die anderen hatten nur Augen für ihren Kreis.
    Über die drahtigen Bodenpflanzen schritt er zu dem Wagen, wo die Saumer entspannt in ihrem Zaumzeug hockten und teilnahmslos dösten. Meure mied die Nähe der Saumer, dieser Tiere, die wie Menschen aussahen, oder dieser Menschen, die zu Tieren geworden waren. Er konnte das nicht entscheiden. Er begab sich zur Rückseite des Wagens und betrachtete den weiten sternengeschmückten Himmel. Hinter sich hörte er Bruchstücke einer Unterhaltung, spürte Bewegung. Das Licht des Feuers nahm ab, als würde es langsam eingedämmt. Entgegen seinen Vorsätzen lauschte er. Nichts war geschehen. Meure atmete erleichtert auf. Also würden sie sich wieder auf den Weg machen, vielleicht fliegen. Das hatte Flerdistar gesagt. Vielleicht war es nur eine atemberaubend klapprige Fahrt in Morgins Karren? Sehr schnell sah das Gefährt allerdings nicht aus.
    Er hörte, daß die Saumer sich heftig bewegten. Sie schnaubten, rasselten mit dem Zaumzeug. Der Wagen erbebte ein wenig, die Handbremse knarrte. Ein leises Geräusch war zu hören. Als er um die Ecke von Morgins Karren spähte, verstellte eine hohe, dunkle Gestalt seinen Blick auf das ersterbende Feuer. Mit einer Hand stützte sie sich am Wagen ab; sie kam auf ihn zu. Prickelnd sträubten sich die Haare in Meures Nacken, wie Eis floß das Blut durch seine Adern. Er erstarrte.
    Sie war auf Reichweite herangekommen, da erst schien sie ihn zu bemerken. Die Trance der Weissagung war noch nicht gänzlich von ihr gewichen. Er hatte keine Vorstellung, wozu diese Haydars imstande waren, mit oder ohne Orakel. Außerdem galten vielleicht ihre eigenen Worte nicht für sie, weil für sie ein anderes Orakel zutraf. Eine mythische Gestalt stand da vor ihm, kein Mensch, den er verstehen konnte.
    Tenguft war groß, anderthalb Kopf größer als er; und sie hielt sich leicht gebückt, hatte sich nicht einmal zu ihrer vollen Höhe aufgerichtet. Meure konnte ihr Gesicht nicht sehen, denn die Finsternis verbarg es. Er spürte aber, daß sie ihn durchdringend anstarrte. Er wollte sich umdrehen und weglaufen, aber er wußte, daß dies keinen Sinn hatte.
    So sah sie ihn sehr lange an, dann sagte sie, heftig atmend, aber leise: „Du, du sollst es sein!“ Die Worte klangen fremd in Meures Ohren, aber er glaubte sie verstanden zu haben. Sie fuhr fort: „Komm mit mir. Jetzt. Fliegen. Heute nacht.“ Mit erschöpfter Stimme sagte sie noch etwas, aber Meure verstand es nicht. Nur: Incana. Wollte sie dorthin mit ihm fliegen?
    Tenguft streckte eine Hand aus und ergriff Meure beim Arm, um ihn zu führen. Die Berührung war leicht, und ihre Hand fühlte sich überraschend weich an, aber er spürte den Stahl unter dieser Zartheit und die Spannung, die sie unterdrückte. Er war sich nicht sicher, was sie zurückhielt. Wollte sie ihn jagen, und mußte sie ihren Jagdtrieb jetzt noch im Zaume halten? Sie schob ihn sanft vorwärts, um den Wagen herum. Dabei wiederholte sie das eine Wort: „Komm.“
    Jetzt sah

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