Stundenlohn für flotte Gangster
wir Bescheid und können uns
kümmern.“
*
Die Fliegen an der schmutzigen Fensterscheibe
summten nicht mehr. Mit einer gefalteten Zeitung hatte Flappe sie erschlagen.
Nicht, weil sie ihn störten, sondern nur so zum Zeitvertreib.
Das Geld aus dem toten
Briefkasten, dem Schmelzofen, war jetzt im Schlafzimmer versteckt: im Bett, unter
der Matratze — am Fußende.
Flappe hielt dieses Versteck
für sicher. Alles, was er mit kriminellen Coups verdiente, wurde dort
gebunkert.
Offiziell war er arbeitslos,
hatte wegen angeblicher Rückenprobleme seinen Job als Maurer aufgegeben. Mit
Gelegenheitsarbeit schlug er sich durch. Mit Schwarzarbeit, argwöhnten seine
Nachbarn. In Wahrheit war’s schlimmer: Er lebte von Verbrechen. Als bezahlter
Schläger, Schuldeneintreiber, Einbrecher und und und...
Dass er zurzeit für den
unbekannten Auftraggeber jobbte, gefiel ihm. Der bezahlte sehr gut und die
Aufträge waren leicht auszuführen. Schien eine große Nummer zu sein, der Typ im
Dunkeln, denn er hatte ja nicht nur ihn engagiert. Nein, buchstäblich alle, die
Flappe empfohlen hatte — bei dem ersten telefonischen Kontakt: Arnold Pönke,
Sergio Gilli, Käthe Biberkuhl und Tanja Trücklich. Flappe, der die halbe
Unterwelt kannte, hätte noch mehr Profis vermitteln können. Aber fünf — mit ihm
— waren für den Unbekannten genug.
Das Telefon klingelte. Flappe
stemmte sich aus seinem Sessel hoch, ging zum Apparat und nahm ab.
„Paul-Egon Flappe — ja bitte?“
„Ich bin’s“, sagte der
Auftraggeber. „Hast du dein Geld geholt?“
„Habe ich. Vielen Dank!“
„Jetzt geht’s um die nächtlichen
Anrufe bei Anna Riedel. Die Bullen nennen es Telefonterror.“
„Ich weiß.“
„Schon mal gemacht?“
„Nein.“
„Ich erkläre es dir. In der
ersten Nacht — also heute — kannst du deinen Apparat benutzen. Ab morgen — das
gilt natürlich auch für deine Kollegen — nur noch von ‘ner Telefonzelle aus.“
„Verstehe. Weil die Riedel eine
Fangschaltung bei sich einrichten wird.“
„Genau. Dazu muss sie
allerdings erst bei der Polizei Anzeige erstatten. Gegen unbekannt. Mit dem
zugeteilten Aktenzeichen geht sie dann zu einem Telekom-Geschäft. Und stellt
dort den Antrag. Danach wird die Fangschaltung sofort aktiviert. Sie hält die
Rufnummer des Anrufers fest. Die Polizei kann also feststellen, von wo
angerufen wurde.“
„Verstehe, Chef. Also
Vorsicht.“
Der Unbekannte am anderen Ende
der Leitung lachte leise. „Die Kosten für die Fangschaltung muss die Riedel
allerdings selbst tragen. Kostet bis zu 100 im ersten Monat.“
„Das wird es ihr wert sein.“
„Die Bullen erteilen natürlich
Ratschläge. Vielleicht weiß die Riedel das auch schon. Du musst damit rechnen,
dass sie mit ‘ner Trillerpfeife in den Hörer bläst.“
„Na, so was! Ich werde
aufpassen.“
„Ein beliebter Abwehrtrick ist
auch, dass die Angerufene ein Gespräch auf Band aufzeichnet und dem Anrufer beim
nächsten Mal vorspielt. Das soll verunsichern, abschrecken.“
„Mich nicht. Und die Kollegen
Pönke, Gilli und Biberkuhl auch nicht. Soll die Trücklich mitmachen?“
„Wenn nötig, ja. Und noch
etwas. Ihr könnt mit euren Drohungen sehr weit gehen. Bis zur Todesdrohung.“
„Aha!“
„Die Polizei handhabt das auf
ihre Weise. Nach der Devise: Solange nichts passiert ist, sind wir nicht
zuständig.“
„Der Anruf mit Drohung zählt
nicht?“
„Was sollen die denn machen?
Außer der Empfehlung zur Fangschaltung und den erwähnten Tricks haben die
nichts im Hut. Deshalb ist ja Telefonterror ein perfides (niederträchtiges) Mittel.“
„Verstehe.“
„Ich will die Riedel
selbstmordreif sehen.“
„Wir tun, was Sie erwarten,
Chef.“
„Heute Nacht hast du wenig Schlaf,
Flappe. Alle halbe Stunde wirst du sie anrufen. Lass dir was einfallen.“
„Aber immer! Ich verstelle die
Stimme und bemühe meine Phantasie. Schlimme Geschichten werde ich der Tante
erzählen.“
„Gut so. Morgen rufe ich dich
an.“
Der Anrufer legte auf.
12. Zerstochene Reifen
Jemand hatte Bierflaschen auf
dem Gehsteig zerschmissen. Scharfkantige Splitter und Scherben lagen dort. Fürs
Wegräumen fühlte sich niemand zuständig.
Eine freilaufende
Dalmatiner-Hündin jaulte jämmerlich, als sie sich die rechte Vorderpfote
zerschnitt.
TKKG, die gerade vorbei
radelten, stoppten. Gaby ließ ihr Bike fallen und war sofort bei der Hündin,
einem jungen Tier von knapp einem Jahr.
Jung und unerfahren, wie man
sah. Denn
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