Stupid Crazy Love Story
bisschen die Angst vorm Tod genommen.«
»Interessant. Ich hätte niemals gedacht, dass du ein Fan von Carson McCullers bist«, sagt Kylie.
»Warum? Weil ich ein hirnloser Sportler bin?«
»Ich sage doch gar nicht, dass du ein hirnloser Sportler bist. Ich kenne dich ja nicht mal. Du sagst nur nie besonders viel in Englisch. Ich dachte, du liest nicht gerne. Aber anscheinend hast du das Buch besser verstanden als ich. Ich meine, ich habe davon nichts begriffen.« Kylie grinst. Zum ersten Mal fällt mir auf, wie sexy ihr Lächeln mit diesen groÃen, vollen Lippen ist. Aber ich glaube, ich habe sie in der Schule auch noch nie lächeln sehen. »Es ist nur überhaupt nicht das, was ich von dir erwartet hätte. Ganz und gar nicht.«
Die Leute sind selten so, wie sie scheinen, SüÃe.
»Das ist super. Ich dachte schon, ich müsste die ganze Arbeit machen, aber du hast mir richtig was geliefert. Das Einzige, was ich noch über Carson McCullers weiÃ, ist, dass Truman Capote ihr bester Freund war, was ja wohl so was von cool ist. Der Typ hatte so viel Stil und Verstand, wie niemand sonst jemals haben wird«, sagt Kylie.
Ich habe sogar mal was von Truman Capote gelesen. Kaltblütig hat mir sehr gut gefallen. Aber das werde ich jetzt nicht erwähnen. Das ufert hier sonst noch aus. Kylie scheint etwas zu sehr davon besessen, sich über Bücher zu unterhalten. Und wir müssen ja nicht gleich beste Freunde werden. Ich will das hier nur möglichst schnell hinter mich bringen.
»Okay, noch ein Buch«, sagt Kylie. »Und dann musst du nie wieder ein Wort mit mir wechseln.«
»Versprochen?«, scherze ich.
»Vertrau mir, ich bin von dieser Sache hier genauso begeistert wie du.«
»Unendlicher Spaë, sage ich, ohne zu zögern.
»Okay. Warum? Das habe ich nicht gelesen.«
»Es geht um Abhängigkeit, Tennis und darum, dem Leben zu entfliehen. Keine Ahnung. Ich konnte mich damit identifizieren.«
»Warum sollte jemand wie du dem Leben entfliehen wollen?«, fragt Kylie.
»Kein Leben ist perfekt«, sage ich. Ich würde es gerne dabei belassen, aber Kylie sieht mich an, als würde sie mir gerne noch mehr Fragen stellen. »Ich habe auch mein Päckchen zu tragen. Wie auch immer, das sind meine beiden Bücher. Ich habe meine Pflicht erfüllt. Willst du immer noch beide Aufsätze schreiben?«
»Ãh, ja. Klar ⦠mache ich nachher in der Freistunde. Bis zum Englischkurs müsste ich beide schaffen. Glaube ich â¦Â« Kylie scheint nicht mehr ganz so begeistert davon zu sein, aber schlieÃlich war es ihre Idee. Ich werde ganz bestimmt keinen Aufsatz schreiben. Ich habe schon mehr getan, als ich wollte. Zeit, den letzten Schultag zu zelebrieren.
Als ich aufstehe, guckt Kylie mich mit groÃen Hundeaugen an. »Willst du gar nicht wissen, welches Buch mich am meisten beeindruckt hat?«, fragt sie.
Nicht wirklich. Ich dachte, wir wären damit fertig. In Gedanken war ich schon zur Tür hinaus. »Ãh, doch, klar.« Ich setze mich wieder hin, denn ich will kein totales Arschloch sein.
»Tja, wenn ich mir eins aussuchen müsste â¦Â« Kylie scheint eine längere Rede halten zu wollen. Ich frage mich, was Charlie und Lily gerade machen. Mit Donuts und Kaffee auf der Eingangstreppe sitzen? Frisbee spielen?
»Keine einfache Wahl, aber ich denke, Der Fremde von Camus, weil es sich für mich so zutreffend angefühlt hat. Es geht darum, dass niemand sich um irgendetwas schert, aber sobald du das erst einmal akzeptiert hast, kannst du dich weiterentwickeln und glücklich werden.«
»Das ist deprimierend.«
»Genauso wie dein Buch.«
Da hat sie recht. Anscheinend stehen wir beide auf so trostlosen Kram. Wer hätte gedacht, dass ich irgendwelche Gemeinsamkeiten mit Kylie Flores habe?
»Und dann hat mir Schande von diesem südafrikanischen Autor namens Coetzee sehr gut gefallen. Das habe ich letztes Jahr gelesen. Ich finde, es ist das perfekteste Buch, das jemals geschrieben wurde. Jedes einzelne Wort darin steht an der richtigen Stelle. Es ist so ehrlich. Und wahrhaftig. Es geht unter anderem um die Folgen der Rassentrennung, die wir wahrscheinlich nie ganz überwinden werden.«
Ich kann es nicht fassen, dass wir uns immer noch über Bücher unterhalten. AuÃerhalb des Unterrichts habe ich noch nie mit jemanden über Bücher geredet. Schon seltsam. Ich
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