Stupid Crazy Love Story
genieÃen. Der Highway zieht sich hin wie ein langsamer schwarzer Strom. In der Ferne flimmert der heiÃe Asphalt â eine typische Wüstenlandschaft. Hier und da taucht ein heruntergekommenes Gebäude am StraÃenrand auf â ein Taco-Stand, ein Souvenirshop oder ein abgewirtschaftetes Motel. Ein Roadrunner rennt ein Stück neben uns her, seine Beine bewegen sich so schnell, dass sie verschwimmen. Auf einem handgemalten Schild steht Gasolina.
Ich recke den Kopf, um auf die Tankanzeige zu sehen. Es wäre echt scheiÃe, wenn der Tank auf einmal leer wäre. Gott sei Dank ist er noch halb voll. Bis Ensenada sollte es reichen und dann fahren wir mit dem Bus zurück nach San Diego. Ich habe mich noch nie so auf die Schule gefreut.
Als Kylie das Radio einschaltet, plärrt uns schnelle mexikanische Musik entgegen. Sofort drückt sie auf einen Knopf, woraufhin eine traurige spanische Ballade ertönt. Seltsame Musik, aber Kylie scheint sie zu gefallen, auf einmal fängt sie sogar an mitzusingen.
»Du kennst das Lied?«, frage ich.
»Das war eins der Lieblingslieder meiner GroÃmutter. Es geht um einen Kerl, dem sein bester Freund die Frau ausspannt. Er kommt einfach nicht darüber hinweg.«
»Ganz schön deprimierend.«
»Tja, wir Latinas lieben eben das Melodrama. Hast du mal âne Telenovela gesehen?«
»Nee, aber ich hab davon gehört.«
»Meine GroÃmutter hat die immer geguckt. Man kapiert die gesamte Handlung schon nach den ersten drei Minuten. Es gibt immer eine Frau, die ihren Mann betrügt, einen sitzen gelassenen Liebhaber und eine trauernde Witwe mit megagroÃen Brüsten. Telenovelas sind einfach super. Da können die Desperate Housewives nicht mithalten.«
»Hätte gar nicht gedacht, dass kitschige Romanzen so dein Ding sind.«
»Ich mag alles Mögliche«, verteidigt sich Kylie. »Ich stecke voller Ãberraschungen.«
»Oh ja, das stimmt.«
Ich meinte das eigentlich positiv, aber ich weià nicht, ob Kylie das richtig verstanden hat.
»Und wer ist der Sänger von diesem Lied?«, frage ich sie.
»Luis Miguel.« Sie sieht mich erwartungsvoll an, so als müsste ich ihn kennen.
Ich starre zurück. »No comprendo, chica.«
»Ahh, hable Espagnol amigo?«
»Leider nein. Ich hab Chinesisch bei Bernstein. Das war so ziemlich alles, was ich auf Spanisch kann.«
»Chinesisch? Wirklich? Du und Sheila Nollins.«
»Die Chinesen erobern die ganze Welt. Sagt mein Dad jedenfalls.«
Was ich nicht erwähne, ist, dass das mit Chinesisch seine Idee war. Und dass bei uns zu Hause das gemacht wird, was er für richtig hält.
»Okay. Wie auch immer. Ich finde es trotzdem unglaublich, dass du Luis Miguel nicht kennst«, sagt Kylie.
»Ich bin halt ein Gringo, was erwartest du? Oder ist dir das noch nicht aufgefallen?«
»Oh, doch.« Kylie lächelt. Sie meint es nicht böse. Da bin ich mir ziemlich sicher.
»Dieser Luis ⦠ist gar nicht schlecht«, sage ich.
»Luis Miguel. Er ist einer der berühmtesten lateinamerikanischen Sänger überhaupt. Hat ungefähr eine Million Grammys gewonnen. Was hörst du denn so?«
»Ach, ganz verschiedene Sachen. Alles Mögliche. Ich mag Johnny Cash, Jackâs Mannequin, Vampire Weekend, Thirty Seconds to Mars, Radiohead, PiL, Fleet Foxes, Led Zeppelin ⦠«
Kylie guckt, als würde sie versuchen, sich einen Reim da rauf zu machen. Mein Musikgeschmack ist anscheinend nicht ganz so eindimensional, wie sie angenommen hat. Im Grunde höre ich ziemlich viel Musik. Auch lateinamerikanische. Mit Musik und alten Filmen kann ich wunderbar den Mist um mich herum vergessen. Wenn auch nur für eine Weile. Aber es gibt nichts anderes, womit ich so gut abschalten kann.
»Und du?«, frage ich Kylie. Nicht um höflich zu sein, wie bei Starbucks, sondern weil es mich tatsächlich interessiert. Das Mädel ist mir ein absolutes Rätsel.
»Mir gefällt eigentlich alles, was du aufgezählt hast, bis auf Radiohead. Die raffe ich einfach nicht. Und es nervt mich, wie die Jungs von Vampire Weekend gehypt werden, aber die Musik mag ich trotzdem.«
»Ganz deiner Meinung.«
»Und es ist natürlich superpeinlich, aber insgeheim stehe ich auf Shakira und Enrique Iglesias. Und ⦠Gloria Estefan. Ist so âne Latino-Sache«, sagt Kylie dann.
»Ja, das muss es wohl sein«,
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