Stupid Crazy Love Story
wie der auftauchen und uns doch noch erschieÃen. Aber nichts dergleichen passiert und wir kommen wohlbehalten beim Busbahnhof an.
Ich bin wirklich erleichtert, als die Frau am Schalter zwei Tickets für den Drei-Uhr-Bus nach San Diego unter der Glastrennwand hindurchschiebt. Geschafft. Alles kommt wieder in Ordnung. Noch vor einer Stunde war ich total verzweifelt und nass geschwitzt vor Angst, weil ich überzeugt war, jeden Moment zu sterben. Und jetzt muss ich nur noch ein paar Stunden in Ensenada totschlagen.
Könnte schlimmer sein.
Da beugt sich die Ticketverkäuferin vor und sagt etwas auf Spanisch. Kylies Lächeln ist auf einmal wie weggewischt. Sie schiebt die Tickets wieder zurück und sieht mich besorgt an. Oh nein. Ich glaube nicht, dass ich heute noch ein Problem verkraften kann. Meine Energie nähert sich dem Nullpunkt.
»Was ist los?«, frage ich. Ich hasse es, nichts zu verstehen. Hätte ich doch nur Spanisch gelernt, statt auf Dad zu hören. Immerhin lebe ich an der Grenze zu Mexiko. Und ich kann gerade mal zehn Wörter auf Spanisch â eins davon ist ausgerechnet wichsen. Erbärmlich.
»Sie hat gefragt, ob wir unsere Pässe oder Geburtsurkunden dabeihaben«, sagt Kylie. »Ohne kommen wir nicht über die Grenze.« Kylie schnappt nach Luft und scheint gar nicht mehr auszuatmen.
Mir ist auf einmal schwindlig, der Boden dreht sich unter meinen FüÃen. Dieser Tag macht mich echt fertig.
Kylie bedankt sich bei der Ticketverkäuferin und lässt sich ein Stück weiter auf eine Bank fallen. Ich setze mich neben sie. Im selben Moment merke ich, wie ich wieder panisch werde. Herumzuhocken macht es nur noch schlimmer. Also stehe ich wieder auf und verlasse die Bahnhofshalle. Kylie lasse ich einfach sitzen. Ich will sie nicht ansehen. Ich will nicht mit ihr reden. Inzwischen bin ich wieder ganz schön angepisst, weil sie uns diese ScheiÃe eingebrockt hat. Ich kann einfach nicht anders. Ich will nicht hier sein. Aber es sieht langsam so aus, als gäbe es keinen Ausweg.
»Ich weiÃ, das hier ist alles ziemlich beschissen. Es tut mir echt leid. Ich hätte dich niemals da mit reinziehen dürfen«, sagt Kylie, als sie auf einmal neben mir auftaucht. Sie ist irgendwie unheimlich ruhig. Und es scheint ihr aufrichtig leidzutun.
»Es ist nicht allein deine Schuld. Ich meine, ich bin ein groÃer Junge. Ich hätte auch einfach verschwinden können«, sage ich.
Ich meine es so und irgendwie auch wieder nicht. Aber schlieÃlich hat sie das hier genauso wenig gewollt. Und wenigstens jammert sie deswegen nicht so rum wie ich.
»Was machen wir denn jetzt?«, frage ich. Denn ich habe absolut keinen Plan.
»Mein Pass ist zu Hause. Aber ich kann meine Eltern unmöglich anrufen. Sie würden austicken.«
»Ja. Geht mir genauso.«
»Kannst du deinen Eltern nicht erzählen, dass du auf einer Art Schulstreich oder so in Mexiko bist und sie uns mit unseren Pässen an der Grenze abholen sollen?«
»Auf gar keinen Fall. Pass auf, ich kann ihnen absolut nichts von dem hier erzählen. Es ist ⦠eine lange Geschichte. Vertrau mir. Das wäre eine wirklich ganz schlechte Idee.«
Ich sehe ihr direkt in die Augen. Ich will, dass sie versteht, dass ich es ernst meine.
»Verdammt.« Das ist alles, was Kylie sagt. Dann geht sie über die StraÃe in einen kleinen Park, in dem ungefähr eine Million Tauben herumflattern und ein paar alte Kerle Domino spielen. Kylie setzt sich auf einen grasbewachsenen Hügel und starrt zum Hafen hinüber. Ich lege mich neben sie und schaue in den Himmel. Es ist ein wolkenloser Tag, ideal zum Surfen, Fahrradfahren, Laufen. Stattdessen hänge ich an einem dreckigen Busbahnhof fest und warte darauf, dass ein Wunder geschieht.
»Zu Hause hängt grad irgendwie alles an einem seidenen Faden. Ich glaube, das hier würde meiner Mutter den Rest geben«, sagt Kylie, während sie sich neben mich legt. Sie dreht sich auf die Seite und sieht mich an.
»Was meinst du mit âºalles hängt an einem seidenen Fadenâ¹?«
Kylie seufzt. »Mein Bruder Jake ist Autist. Er hat das Asperger-Syndrom und braucht verdammt viel Aufmerksamkeit. Ich meine, er geht zwar zur Schule und so, aber es ist alles ziemlich schwierig für ihn. Es ist praktisch der Job meiner Mutter, sich rund um die Uhr um ihn zu kümmern, nur dass sie auch noch eine Vollzeitstelle als
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