Sturm auf mein Herz
Cain, obwohl er ein primitives männliches Interesse an ihr haben mochte, dieses Interesse auf zivilisierte Weise verfolgen würde.
»Ja«, antwortete sie heiser.
»Gut. Leute, die Geschäfte miteinander machen, sollten einander vertrauen.«
Sie blinzelte. »Geschäfte?«
»Sicher. Du vergoldest meine Lilie, schon vergessen?«
»Äh, nein.«
»Ich erkläre dir alles, während ich frische Limonade für uns mache. Diese großen gelben Dinger da oben in der Schüssel waren doch Zitronen, wenn ich mich nicht irre?«
Sie starrte ihn verständnislos an. »Limonade?«
»Außer es waren Grapefruits.« Er hielt ihr die Hand hin. »Bereit?«
Sie blickte seine Hand an, musste an deren Stärke und schwielige Wärme denken. Die Narben an seinen Knöcheln zeichneten sich als hellerer Bronzeton unter seinen golden schimmernden, sonnengebleichten Härchen ab.
»Nein«, sagte sie leise, aber deutlich.
Graue Augen zogen sich für einen kurzen Moment zusammen, dann entspannte sich Cains Gesicht wieder. »Sind es alle Männer oder bloß ich?«
Sie blickte ihn mit großen Augen an. »Ich lasse mich - das heißt, ich -«
»Du lässt dich auf keine Geschäfte mit Männern ein?«, unterbrach er sie. »Komisch, ich hätte schwören können, dass Brian unter dem piekfeinen Designeranzug ein Mann ist.«
»Geschäfte, ja. Den Rest, nein.«
Ein träges Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Wie du meinst.«
Sie schloss die Augen. Sie wusste, wusste einfach, dass er an seinen Kuss dachte, den sie zweifellos erwidert hatte.
Ja, sie hatte ihn erwidert. Sie hatte nicht passiv in seinen Armen verharrt und darauf gewartet, dass die unwillkommene Umarmung endete.
Genau das war es, was ihr Angst machte. Sie hatte seit Jahren nichts mehr für einen Mann empfunden. Ja, wollte es auch gar nicht. Sie hatte lange um die finanzielle und emotionale Sicherheit gekämpft, die sie jetzt hatte. Sie konnte keinen gut aussehenden, muskulösen Fremden gebrauchen, der sich in ihr Leben drängte und Heim und Herz auf den Kopf stellte.
Je schneller Cain Remington aus ihrem Leben verschwand, desto besser.
Sie öffnete die Augen und wollte ihm dies schon sagen, als sie merkte, dass er sich bereits umgewandt hatte und mit langen Schritten, zwei Stufen auf einmal nehmend, die Treppe hinaufeilte. Der Klang seiner Stimme schwebte zu ihr hinunter.
»Wenn das Leben dir Zitronen gibt, dann mach Limonade. Oder hat dir das dein Daddy nie gesagt?«
»Aber bloß, wenn das Leben dir auch Zucker gibt«, entgegnete sie irritiert.
Er blieb stehen. Einen Moment lang war es still, dann folgte ein tiefes, maskulines Lachen. Er blickte über die Schulter gewandt zu ihr hinunter.
»Solange es dich gibt, ist Zucker das geringste Problem.«
5
»Lass mich mal«, sagte Cain.
Shelley wollte automatisch protestieren, ließ es dann aber. Nach der erfrischenden Kühle ihres Hauses und der langen Motorradfahrt in der prallen Sonne fühlte sie sich unter ihrem Helm wie in einem Backofen. Um die Sache noch schlimmer zu machen, war der blöde Kinnriemen einfach nicht aufzukriegen.
Sobald sie die Hände senkte, machte er sich an die Arbeit. Sie stand geduldig da, während seine langen Finger den steifen Lederriemen geschickt aus der Schnalle befreiten. Seine Hände dufteten wundervoll nach Zitrone, und sie musste ein entzücktes Schaudern unterdrücken.
Er hatte sich gar nicht erst mit einer Saftpresse aufgehalten, hatte die Früchte einfach mit der Hand ausgepresst und das mit einer Schnelligkeit und Kraft, die sie erstaunte. Sie hielt sich selbst für alles andere als schwach, aber seine Stärke überraschte sie dennoch.
Ebenso wie sein Lächeln.
»Fast fertig«, sagte er.
»Ich beklag mich ja gar nicht.«
»Ich weiß. Auch das gefällt mir so an dir.«
Er zog ihr den Helm vorsichtig vom Kopf und strich ihr dabei ihre seidigen Haare glatt. Das Ganze hätte viel schneller gehen können, aber er genoss es zu sehr, wie sich ihre dichten, glänzenden Haare unter seinen Händen anfühlten.
Er sog tief den Atem ein. Sie roch so gut nach Zitrone und ihrem dezenten Parfüm. Die Limonade, die sie so durstig getrunken hatte, hatte eine blasse Linie auf ihrer Oberlippe hinterlassen.
Lächelnd dachte er, dass, wenn er die silbrigen Reste ableckte, diese süß schmecken würden. Zuckersüß und nach Frau.
Shelley verspürte ein köstliches kleines Schaudern, als sie Cains Lächeln sah.
Das muss aufhören, dachte sie. Ich lasse ihn viel zu schnell viel zu nahe an mich
Weitere Kostenlose Bücher