Sturm auf mein Herz
rosa Zungenspitze einen feuchten Schimmer auf ihren Lippen hinterließ. Dabei fiel ihm unwillkürlich ein, wie warm und süß ihr Mund geschmeckt hatte. Mit einem stummen Fluch zwang er sich, sich wieder auf seine Speisekarte zu konzentrieren.
Als der Kellner dann auftauchte, hatte er sich entschieden. Shelley ebenfalls. Beide wählten das Gleiche.
»Junglachs gefüllt mit Shrimps«, sagte sie zum Kellner.
»Was war deine Alternative?«, erkundigte sich Cain. »Golfshrimps in Zitronenbutter und Kräutern?«
»Woher weißt du?«
»Weil’s auch meine war«, entgegnete er trocken. Er blickte den Kellner an. »Einmal Junglachs für die Dame und einmal Golfshrimps für mich. Dazu nehmen wir grünen Salat und New England Chowder. Als Vorspeise bringen Sie bitte gefüllte Champignons und Austern.«
»So viel kann ich nicht essen«, protestierte sie.
»Aber ich.«
Sie musterte seinen durchtrainierten, breitschultrigen Körper und kam zu dem Schluss, dass er glatt sein Dinner und auch ihres vertilgen könnte und dann noch nach Nachtisch verlangen.
»Ich nehme an, dir ist ein trockener Wein lieber als ein lieblicher«, bemerkte er.
Sie nickte.
»Chardonnay?«, erkundigte er sich.
»Ja, bitte.«
»Französischen oder kalifornischen?«
Ihr fiel ein, dass »ein Hauch« Knoblauch und »eine Spur« Schalotten in der Beschreibung beider Vorspeisen erwähnt worden war.
»Kalifornischen, wenn’s dir nichts ausmacht«, sagte sie. »Die französischen Chardonnays sind mitunter so leicht, dass sie keinem Knoblauch standhalten können.«
Er bestellte den Wein, reichte dem Kellner die Speisekarte und wandte sich ihr mit einem Lächeln wieder zu.
»Du kannst jederzeit für mich bestellen. Ist fast so, als würde ich mir selbst beim Bestellen zuhören.«
»Klingt langweilig.«
»Überhaupt nicht. Manchmal überrasche ich mich sogar selbst.« Liebevoll musterte er ihren Mund. »Und ich glaube, du auch.«
Shelley senkte die Lider. Ihre fast schwarzen Wimpern verbargen den Ausdruck ihrer Augen, die Erregung, die sie plötzlich und ohne dass sie es verhindern konnte, durchzuckt hatte, aber Cain fühlte sie. Er beobachtete sie sehr genau. Bei jeder Bewegung funkelten die schwarzen Perlen in ihrem dunklen Haar wie eine ferne Sternenkonstellation in pechschwarzer Nacht.
»Was machst du beruflich?«, erkundigte sie sich rasch.
Ihre Stimme klang merklich nervös. Sie fühlte die Intensität seines Blicks wie eine Liebkosung, einen Angriff auf ihre mühsam bewahrte Fassung. Sie leckte sich nervös die Lippen, eine Geste, die absolut nicht dazu beitrug, sie zu beruhigen.
Sie schmeckte ihn noch immer. Leicht süß, leicht salzig und ganz und gar einmalig.
Ein einziger Kuss, und ich kann mir nicht mal die Lippen lecken, ohne ihn gleich wieder zu schmecken, dachte sie fast panisch. Ich muss einfach damit Schluss machen.
»Was glaubst du, was ich mache?«, fragte er angriffslustig.
Seine Feindseligkeit überraschte sie. Sie blickte seine Hände an, groß, stark und narbig, sauber, sanft und sensibel.
»Ich weiß nicht«, sagte sie. »Aber was immer es auch ist, du machst es sicher besser als alle anderen.«
Jetzt war es an ihm, überrascht zu sein. »Wieso sagst du das?«
»Du bist nicht der Typ Mann, der halbe Sachen macht.«
Nicht mal bei einem einfachen Kuss, fügte sie im Stillen hinzu.
Der Kellner kehrte mit ihrem Wein zurück, bevor Cain sich eine Antwort überlegen konnte. Er probierte ihn ausdruckslos und setzte sich dann über die Konvention hinweg, indem er das Glas Shelley reichte und auf ihr Urteil wartete.
Sie nippte daran und genoss das sich entfaltende Aroma des Weins und die Erkenntnis, dass seine Lippen ihn nur Sekunden zuvor berührt hatten. Als sie ihm das Glas zurückgab, zitterte ihre Hand fast unmerklich.
Er sah es. Seinen hellgrauen Augen entging nichts, was sie tat, nicht einmal der kleinste Atemzug. Er nahm das Glas von ihr und leerte es mit einer raschen, faszinierend maskulinen Bewegung. Er nickte dem geduldigen Kellner zu, der nun den Wein in beide Gläser einschenkte und dann verschwand.
»Das zweite Mal hat der Wein sogar noch besser geschmeckt«, sagte er. »Wärmer.«
Shelley wusste, dass er damit mehr auf die Tatsache anspielte, dass ihre Lippen den Wein berührt hatten, als auf die Eigenschaft eines guten Chardonnay, erst bei Zimmertemperatur sein volles Aroma zu entfalten. Aber sie konnte ihm kaum mangelnde Geschäftsmäßigkeit vorwerfen, ohne dabei die Richtung, in die ihre Gedanken
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