Sturm auf mein Herz
Von Cains Wohnung aus lag die Stadt wie ein sanft gewellter, grünweißer Flickenteppich unter ihnen, eingeklemmt zwischen der blauen Linie des Meeres und der aufragenden braunen Bergkette der San Gabriel Mountains.
Leider war der Ausblick das einzig Erwähnenswerte an der Wohnung. Die Innenausstattung war zwar teuer, aber alles andere als individuell. Offenbar war hier ein zwar kompetenter, aber fantasieloser Innendekorateur am Werk gewesen. Kräftiges Weiß, staubiges Schwarz und ein komischer, trüber Rotton dominierten das große Wohnzimmer.
»Hast du dir die Farben ausgesucht?«, erkundigte sie sich.
»Nein. Hab dem Dekorateur bloß gedroht, wenn er irgendwas Pastelliges reinbringt, ziehe ich ihm fünfzig Prozent von seiner Rechnung ab.«
»Aber mein Haus hat dir gefallen.«
»Du hattest ja auch keine Pastellfarben drin.«
»Creme, Weizen, Toast, Sand, Eierschale«, leierte sie, an ihren Fingern abzählend, herunter. »Diese Töne findest du überall in meinem Haus.«
»Das sind keine Pastellfarben.«
Sie wandte sich rasch zu ihm um. Er betrachtete sie mit frommer Miene.
»Was meinst du, wenn du Pastellfarben sagst?«, erkundigte sie sich.
»Pink, Babyblau, Lavendel, so ’n Zeug.«
»Ostereierfarben.«
»Genau.«
Sie lächelte. »Du hast Recht. Würde überhaupt nicht zu dir passen.«
»Danke.«
»Und das hier?« Sie wies mit einer ausholenden Armbewegung auf das Wohnzimmer.
»Was meinst du?«
»Ich meine, wenn du je länger als ein paar Wochen hier wärst, würdest du den ganzen Raum neu machen lassen.«
Er schenkte ihr ein schiefes Lächeln. »Kennst du irgendwelche guten Innendekorateure? Ich kann die Wohnung nicht ausstehen, sobald der Jetlag nachgelassen hat.«
Stirnrunzelnd dachte sie an all die Dekorateure, die sie kannte. Jeder Einzelne davon war hervorragend auf seinem oder ihrem Gebiet... und keiner davon wäre richtig für Cain. Seufzend brach sie ihren Vorsatz, sich nie in Dinge wie Farb-und Teppichmuster verwickeln zu lassen.
»Mich«, sagte sie. »Das heißt, falls du mir vertraust. Ich habe keine richtige Ausbildung darin.«
»Ich würde dir mit allem vertrauen, was ich habe.«
Diese ruhige Feststellung überraschte sie sehr. Sie musterte nun ihn, anstatt den Raum. Wie üblich wurde sie von den sich ständig verändernden Farbtönen seiner grauen Augen gefangen genommen. Im Kontrast zu dem trüben Schwarz-Weiß des Raums wirkten seine Augen hell und lebendig, wie Nebel, kurz bevor die Sonne durchbricht.
Er wirkt auf mich einfach zu verdammt attraktiv, musste sie sich erneut eingestehen.
Cain lächelte sanft, als fühlte er ihr plötzliches Unbehagen und auch den Grund dafür.
»Willst du den Rest sehen?«, erkundigte er sich.
Froh darüber, dass er das Thema wechselte, sagte sie: »Okay, du gehst voran.«
Ihm durch die restlichen Räume folgend, probierte sie im
Geiste schon verschiedene Farbkombinationen durch. Als sie schließlich wieder im Wohnzimmer landeten, hatte sie sich für gedämpfte Hintergrundtöne in verschiedenen Oberflächenstrukturen entschieden, da sie einen perfekten Rahmen für die Kunstobjekte bilden würden, die sie hinzuzufügen gedachte, um der Wohnung Individualität zu verleihen.
»Du runzelst die Stirn«, sagte er. »Ist es so schlimm?«
»Ich habe gerade über diese eigenartige, türkisgrüne Farbe der Fliesen in deinem Bad nachgedacht. Das Jacuzzi ist ja herrlich und die versenkte Badewanne groß genug, um darin Schwimmen gehen zu können. Es widerstrebt mir, dir die Kosten und Unbequemlichkeiten eines Umbaus aufzubürden, bloß wegen der Farbe der Fliesen ...«
»Mach es. Dieser komische Türkiston gefällt mir auch nicht gerade. Alles, worum ich dich bitte, ist, das Ganze in Angriff nehmen zu lassen, während ich weg bin.«
Sie wandte den Blick ab, bevor Cain sehen konnte, wie sich ihre Mundwinkel mit einem Mal nach unten bogen.
»Wann wirst du wegfahren?«, erkundigte sie sich in ruhigem Ton.
»Ich weiß noch nicht. Ich habe im Yukon ein richtiges Schlamassel hinterlassen.«
»Was ist los?«
»Zwei von meinen Ingenieuren liegen sich wegen der Interpretation von Satellitenaufnahmen, Landkarten und Erzproben in den Haaren. Beide trinken zu viel, und eine Frau ist auch noch im Spiel«, fügte er hinzu und raufte sich die Haare.
»Eine Frau, die zu viel trinkt?«
»Nein. Eine Frau, um die sie sich streiten. Teufel, Lulu trinkt auch zu viel, jetzt wo ich darüber nachdenke.«
»Klingt, äh, interessant.«
»So könnte man’s auch
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