Sturm auf mein Herz
Maßbegriffe waren.
»Du trägst Größe vierzig«, sagte er, »außer bei Designerklamotten. Dann Größe achtunddreißig. Dasselbe gilt für deine Schuhe. Größe achtunddreißig, meine ich.«
»Was die Größe der Duschkabine in deinem Penthouse betrifft«, begann sie.
Er redete einfach über sie hinweg. »Deine Maße sind, ein paar Zentimeter hin oder her, achtundachzig, siebzig, neunzig. Und«, fuhr er fort, die Handfläche seiner großen Pranke anblickend, »du passt perfekt in meine Hand. Das bedeutet ein hübsch gefülltes B-Körbchen.«
»Hör sofort auf.«
»Wieso? Du lernst doch was, oder nicht?«
»Ich kenne meine eigenen Maße bereits.«
»Und jetzt weißt du auch, dass du meinen Raumeinschätzungen trauen kannst.« Ein herausforderndes Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. »Stimmt’s?«
Sie knallte heftig ihr Notizbuch zu. »Ich muss gehen und ein paar Bestellungen aufgeben. Wieso setzt du dich nicht einfach da drüben hin und wartest auf mich?«
Er warf einen Blick über seine Schulter und sah Nachahmungen einer mittelalterlichen Streckbank, einer eisernen Jungfrau und eines Nagelbetts. Irgendein verrückter Designer hatte wohl mittels der alten Folterinstrumente zeigen wollen, was man im Namen des menschlichen Komforts tunlichst vermeiden sollte.
»Ich gestehe«, rief Cain und warf die Hände hoch. »Ich gestehe alles.« Er ließ die Hände auf ihre Schultern fallen und zog sie näher. »Außer, dass ich lüge. Ich lüge nie, Kätzchen. Du passt wirklich perfekt in meine Hand.«
Sein Kuss war sanft, aber nichtsdestotrotz leidenschaftlich, ebenso wie seine Hände, die über ihren Rücken zu ihren Hüften glitten. Doch er ließ sie so rasch wieder los, dass ihr keine Zeit zum Protestieren blieb.
»Bleib nicht zu lange«, sagte er. »Wir haben eine Verabredung zum Abendessen.«
»Abendessen?«, fragte sie verwirrt.
Er hatte sie ganz aus dem Gleichgewicht gebracht; sie wusste nicht, ob sie sich ärgern oder lachen sollte.
»Am Strand. Mit Billy. Keine Sorge«, fügte er gähnend hinzu. »JoLynn wird nicht dabei sein.«
»Mit JoLynn werde ich schon fertig.«
»Das bezweifle ich nicht.«
Er wartete, bis Shelley sich umgewandt und ein paar Schritte gegangen war, bevor er sprach.
»Ich bin froh, dass du findest, ich würde mich wie Squeeze anfühlen - stark, warm und sehr hart.«
Sie blieb zögernd stehen, als ihr klar wurde, dass JoLynn Cain erzählt haben musste, dass sie ihn mit einer Schlange verglichen hatte. Rasch drehte sie sich um und musterte ihn.
Auf seinem Gesicht stand ein viel sagendes Lächeln.
Entschlossen und mit laut klickenden Absätzen lief sie weiter den Gang entlang. Wie ihr Herzschlag, so beschleunigten sich auch ihre Schritte.
Obwohl ihr nichts folgte als die Erinnerung an sein Lächeln, fühlte sie sich getrieben.
9
Die Wellen brachen sich tiefgolden vor der langsam untergehenden Sonne. Es herrschte ein geradezu magisches Licht am Strand, schimmernd, geheimnisvoll, mystisch. Alles, selbst ganz gewöhnliche Dinge bekamen etwas Zauberhaftes. Ein Plastikeimer, von einem Kind vergessen, halb im Sand begraben, funkelte wie kostbarer, in Gold eingefasster Lapislazuli. Winzige gestrandete Quallen schimmerten wie Mondsteine. Aus Felsbrocken wurden elfenbeinerne Skulpturen, deren Schattengesichter sich mit der Abendsonne, mit jeder ankommenden Welle wandelten.
Während des glühend heißen Tages war der Sand von Tausenden von Füßen zertrampelt und aufgewühlt worden. Die Sonnenanbeter waren nun verschwunden, aber die von ihnen hinterlassenen Fußspuren wirkten wie Miniaturdünen und erinnerten Shelley mit ihrem samtenen Schattenspiel an die epischen Sandberge der Sahara. Das Meer selbst war von einem funkelnden, tiefen Blau, das in seiner Intensität beinahe tropisch wirkte.
Shelley schaute über ihre sandigen Zehen hinweg Billy und Cain beim Bodysurfen zu. Auch wenn es Jahre her war, seit Cain zuletzt in den pazifischen Wellen herumgesurft war, hielt er sich neben seinem flinken Neffen gut.
Mit täuschender Leichtigkeit ritt Cain eine Welle nach der anderen. Nur seine kraftvollen Schultern waren zwischen den Schaumkronen ab und zu zu erkennen. Billy hielt sich dicht an der Seite seines Onkels und machte mit Entschlossenheit und Geschicklichkeit wett, was ihm an Kraft noch fehlte.
Mit einem träumerischen Lächeln beobachtete sie die beiden, den Jungen und den Junggebliebenen, beim Spielen. Was das Wellenreiten betraf, konnte sie den beiden nicht das
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