Sturm der Herzen
bereitet hat. Bitte verbreiten Sie, dass alles ein Irrtum war und in bester Ordnung ist.« Mit unnachgiebiger Stimme wiederholte er: »Alles ist bestens. Einfach bestens.«
Thompson verneigte sich. »Gut, Sir. Ich werde mich darum kümmern.«
Sobald er allein in seinem Arbeitszimmer saß, schlüpfte Marcus aus seinem Rock und nahm sein Halstuch ab, ohne dabei auch nur eine Sekunde den Blick von dem Umschlag abzuwenden, der mitten auf seinem Schreibtisch lag. Er musste den Brief gar nicht lesen, um zu wissen, was darin stand. Von dem Augenblick, da er erfahren hatte, dass Isabels Stute reiterlos zum Stall zurückgekommen war, hatte er insgeheim mit einem Erpresserbrief gerechnet. Unfälle waren nie auszuschließen, aber seine Frau war eine ausgezeichnete Reiterin, die Stute stand auch nicht in dem Ruf, besonders schreckhaft zu sein. Von Beginn an war er sich des Umstandes bewusst gewesen, wie unwahrscheinlich es war, dass Isabel von ihrem Pferd abgeworfen worden war und, als die Nachsuche keine brauchbaren Spuren von ihr erbrachte, hatte er darum ringen müssen, die panische Angst in den Griff zu bekommen, die ihn zu überwältigen drohte. Dass er die Spuren der Entführer mit Ellard gefunden hatte, hatte nur seinen anfänglichen Verdacht bestätigt, dass Isabels Verschwinden nichts mit einem Unfall zu tun hatte.
Er goss sich einen Schluck Brandy ein und setzte sich mit dem Glas in der Hand hinter seinen Schreibtisch. Er betrachtete den Umschlag vor sich wie eine giftige Schlange. Alles, was ich tun muss, sprach er sich Mut zu, ist, ihn zu öffnen, und schon wird meine größte Angst bestätigt.
Eine Sekunde länger trank er von seinem Brandy, starrte auf den schmalen Umschlag auf dem Schreibtisch vor ihm und versuchte seine Gedanken zu ordnen, alles zu bedenken. Die Versuchung, seinen wilden Mutmaßungen ein Ende zu setzen, war am Ende zu stark, und mit einem Fluch stellte er sein Glas ab, nahm den Umschlag und riss ihn mit einer heftigen Bewegung auf.
Es war nur ein Blatt Papier darin, und während er die knappen Worte las, die dort geschrieben standen, machte sich Eiseskälte in ihm breit. Herr im Himmel, nein!
Seine Züge erstarrten, er zerknüllte den Brief in der Hand, sprang auf und lief aus dem Zimmer. Ohne auf das zu achten, was ihm im Weg war, rannte er zu den Ställen, rannte in seiner Hast beinahe Worley um.
Er erreichte die Tür zu seinem Büro in den Ställen, riss sie auf und schaute sich verzweifelt um. Da, an einem Haken an der Wand, wo einer der Stallburschen ihn ordentlich aufgehängt hatte, befand sich das, was er gesucht hatte. Mit vier raschen Schritten durchquerte er den Raum und nahm Whitleys Mantel vom Haken.
Ich hätte selbst darauf kommen müssen , schäumte er innerlich, während er das Kleidungsstück auf seinen Schreibtisch legte. Wir wussten, dass der Bastard das Memorandum irgendwo bei sich trug. Ich wusste, dass es irgendwo in der Nähe sein musste, aber ich habe überhaupt nicht an seinen verdammten Mantel gedacht. Ich war ein Narr , überlegte er weiter, dass ich den Einbruchsversuchen nicht mehr Beachtung geschenkt habe.
Es wurde allmählich dunkel, und da er Licht brauchte, zündete Marcus ein paar Kerzen an, stellte sie auf seinen Schreibtisch, je eine rechts und eine links von dem Mantel. Er zwang sich zur Ruhe und begann den edlen Wollstoff im unsteten Kerzenlicht sorgfältig zu untersuchen. Er benötigte mehrere Minuten, aber schließlich berührten seine Finger ein Stück Stoff, das sich anders anfühlte. Es war schier unmöglich, Whitleys Versteck für das Memorandum zufällig zu entdecken, und Marcus musste ihm für seine Gerissenheit Respekt zollen. Wenn er nicht gewusst hätte, dass das Memorandum im Mantel versteckt war, hätte er es nie gefunden. Nur indem er sorgsam mit dem Finger die Nähte an Kragen und Aufschlägen nachgefahren war, war ihm aufgefallen, dass eine Seite ein wenig dicker war und auch steifer als die andere, sodass er schließlich das Gesuchte fand.
Mit einem Messer fuhr er vorsichtig unter den fachmännisch genähten Saum und trennte die Naht auf. Sein Atem beschleunigte sich, als seine Finger auf eine Rolle Öltuch stießen. Er zog sie aus dem Mantelstoff und hielt sie näher ans Licht, dann entrollte er sie beinahe ehrfürchtig. Innen befanden sich mehrere eng zusammengerollte Blätter, und als er sie überflog, erkannte er, wie schädlich es für die britischen Truppen wäre, wenn diese Informationen den Franzosen in die Hände
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