Sturm der Verfuehrung
einiger Entfernung die Landschaft hinter dem Herrenhaus durchschnitt.
Sarah nickte. Charlie bot ihr den Arm, und sie legte die Hand in seine Ellbogenbeuge. Sie gingen über den Rasen, vorbei an einer Reihe Rhododendronbüsche, und waren bald außer Sichtweite.
Der Pfad stieß auf den schnell fließenden Bach und verlief dann dicht am Ufer entlang. Sie folgten ihm, ließen das Herrenhaus hinter sich.
Sarah schaute zu Charlie auf. »Ich nehme an, Sie sind heute Abend bei Lady Cruikshank zum Dinner eingeladen. Es wird eine große Runde sein.«
»Bestimmt.« Er blickte angestrengt geradeaus. Wenn ihn sein Gedächtnis nicht trog, floss der Bach hinter der nächsten Biegung in ein Wehr, und auf seiner Höhe hatte früher ein Pavillon aus weiß gestrichenem Holz gestanden, im Windschatten des aufsteigenden Ufers und in der Umarmung von immergrünen Bäumen. In seiner Kindheit hatten seine und Sarahs Mutter im Sommer unter seinem Dach gesessen und ihren Kindern beim Spielen im seichten Wasser oder -in seinem Fall - beim Angeln vom Ufer aus zugesehen. »Ich werde trotzdem hingehen.«
Eine Baumgruppe und ein Gebüsch verwehrten ihnen die Sicht nach vorn. Charlie und Sarah gingen an den Bäumen vorbei, um die Biegung - und da stand der Pavillon.
Charlie lächelte. »Wie wir feststellen mussten, ist es in dieser Jahreszeit extrem schwierig, Zeit und die notwendige Ungestörtheit zu finden, um uns besser kennenzulernen.«
»Vor allem für Sie.« Als er sich ihr zuwandte, lächelte sie über seine finstere Miene. »Sie sind der Earl - Sie können keinem gesellschaftlichen Ereignis fernbleiben. Nicht nur, weil Sie unverheiratet sind. Sie müssen den Leuten auch die Gelegenheit geben, sich ein Bild von Ihnen zu machen und Ihre Ansichten zu diesem und jenem Thema zu erfahren.«
Er schnitt eine Grimasse. »Stimmt.« In den drei Jahren, die er schon Earl war, hatte er sich nur selten auf dem Land sehen lassen und war für viele der Grundbesitzer in der Grafschaft noch eine unbekannte Größe.
»Das bringt mich zu meinem Ausgangspunkt zurück.«
Sie hatten den Pavillon erreicht, und Charlie geleitete Sarah die Stufen hinauf.
Oben angekommen, schaute er um sich und war beruhigt: Nicht nur lag der Pavillon außer Sichtweite des Herrenhauses, auch war zu dieser Jahreszeit nicht damit zu rechnen, dass irgendjemand des Weges käme. Absolut ideal für ihre Zwecke. Die rückwärtigen der Rundbögen, die das Dach trugen, waren mit Holzklappläden verschlossen, die auf das Wehr hinausgehenden offen.
Im Innern des Pavillons war es dank des sonnigen Tages angenehm warm. In der Mitte des Raumes standen, auf die Aussicht ausgerichtet, ein gepolstertes Korbsofa und zwei passende Korbsessel. Ein kritischer Blick sagte Charlie, dass hier regelmäßig sauberge-macht wurde. Nirgends lag Staub, keine Spinnwebe spannte sich zwischen den Dachbalken.
Sarah blieb vor dem Sofa stehen, drehte sich um und bewunderte den Blick. Charlie trat zu ihr. Sie wandte sich ihm zu und schaute ihm mit fragend hochgezogenen Brauen in die Augen.
Er streckte die Arme nach ihr aus, und sie kam ohne Zaudern zu ihm. Er schaute einen Moment lang auf ihr Gesicht hinunter, dann neigte er den Kopf und küsste sie. Lange. Stillte bis zu einem gewissen Grad ihre Neugier. Schließlich zwang er sich, sich von ihr zu lösen, hob den Kopf und murmelte: »Sie werden uns alle beobachten, die alten und die jungen Ladys und sogar die Gentlemen. Wie Ihre Schwestern haben sie etwas gemerkt, und da wir uns nicht erklärt haben, werden sie uns mit Argusaugen verfolgen.«
Sarah akzeptierte widerstrebend, dass er sie im Moment nicht weiterküssen würde. Sie öffnete die Augen und blickte in die seinen, die seine Gedanken so oft verbargen. Er war nicht leicht zu durchschauen.
»Sie haben sich eine Zeit der Brautwerbung ausbedungen, damit wir uns besser kennenlernen, aber die gesellschaftlichen Verpflichtungen erweisen sich dabei als äußerst hinderlich.«
Sie fragte sich, ob er sie bitten würde, ihm jetzt zu antworten, vor Ablauf der zwei Wochen, doch ehe sie in Panik verfallen konnte -sie hatte noch keine Ahnung, was sie ihm antworten sollte fuhr er fort: »Wir können diese Hindernisse - und damit eine erschwerte Brautwerbung - entweder akzeptieren oder umgehen.«
Erleichterung durchflutete sie. »Und wie können wir das?«, fragte sie eifrig.
Er lächelte. »Ganz einfach. Indem wir uns hier treffen.« Er umfasste mit einer Geste den Raum. Charlies Blick sank zu Sarahs Lippen
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