Sturm im Elfenland
rutschte neben sie auf die Bank.
Alana lehnte sich zurück und sah hinauf ins dichte Gerank der Rosen. Sie dufteten betäubend und süß. Wenn man hier saß, schien der Sommer noch anzudauern, auch wenn sich das Laub an den Bäumen bereits zu verfärben begann.
»Ein schöner Platz«, sagte Ivaylo.
»Ja, und es ist mein Platz.« Sie hatte nicht so scharf klingen wollen, aber sie war müde und auch ein bisschen böse auf ihn. Er hatte sie gestern zu diesem Zwerg geschleppt, der seltsame Dinge mit ihr angestellt hatte, und sie dann ohne ein weiteres Wort einfach stehen lassen.
Dieses Mal haftete der Zorn in seinen Augen länger und deutlicher erkennbar.
Alana legte die Hand begütigend auf seinen Arm. »Tut mir leid«, sagte sie. »Ich habe heute Nacht kein Auge zugetan, und das macht mich stachlig.«
Er nickte schroff. »Warum?«
Sie legte unwillkürlich die Hand auf den Stein, der um ihren Hals hing. »Dieses Ding hat die ganze Nacht geredet.« Sie sah Ivaylo vorwurfsvoll an. »Du hättest mich warnen können. Du hättest überhaupt mit mir reden können. Stattdessen hast du mich stehen lassen, als wäre ich nur eine lästige Dienstmagd.«
Er starrte sie an, als hätte sie in einer Sprache mit ihm gesprochen, die ihm fremd war. Nach einer Weile nickte er.
»Ich entschuldige mich.«
Das klang zwar nicht besonders freundlich, aber Alana war gewillt, das zu übersehen. Sie wollte ein paar Erklärungen von ihm haben, und dazu mussten sie schließlich keine Herzensfreunde sein.
»Also bitte«, sagte sie energisch. »Was hat es mit diesen Steinen auf sich? Du musst wissen, dass ich nicht sonderlich erpicht darauf bin, einem Zwerg bis an mein Lebensende verpflichtet zu sein.«
»Bis an seins, das ist wahrscheinlicher«, erwiderte er. »Sverre dürfte ein gutes Stück älter sein als du.«
Alana schüttelte den Kopf. »Lenk nicht ab. Also?«
Ivaylo verschränkte die Hände ineinander und blickte lange darauf nieder. Sie nutzte die Gelegenheit, um ihn gründlich zu mustern. Hatte er sich verändert? Garnet hatte behauptet, Ivaylo sähe gut aus, und Alana hatte es vehement bestritten, aber wenn sie ihn jetzt so vor sich sah, musste sie Garnet beinahe zustimmen. Sein schwarzes Haar und seine hellen Augen bildeten einen wirklich hübschen Kontrast, seine Bewegungen waren so geschmeidig und kraftvoll wie die eines jungen Wolfes, und seine raue, dunkle Stimme klang melodisch und angenehm.
»Dieser Sternenstein«, begann er nun endlich zu sprechen. »Ich dachte, dass er dir nützlich sein könnte. Ich habe auch einen, der ...« Er unterbrach sich mit einem ärgerlichen Schnaufen. »Warum hat es dir nicht wehgetan, ihn in der Hand zu halten?« Alana ließ den Stein los und schaute ihre Finger an. »Nein, es tut nicht weh«, sagte sie überrumpelt.
»Nicht jetzt.« Ivaylo klang ärgerlich und ungeduldig. Er sprang auf, streckte sich wie eine Katze und hielt ihr die Hand hin. »Komm mit. Ich kann nicht herumsitzen, meine Füße wollen laufen.«
Alana lachte überrascht und nahm seine Hand. Sie liefen durch den Rosengarten und über den Hof. Ivaylo drehte sich um und blickte am Haus empor. »Du hast es gut«, sagte er sehnsüchtig. »Das ist dein Zimmer da oben, oder?«
Alana folgte seinem Blick. »Ja«, erwiderte sie und zuckte die Achseln. »Ich sollte ja eigentlich ... na gut. Ich gönn’s dir.«
Sie konnte sehen, dass er nicht zugehört hatte. Seine Stirn war gerunzelt. »Gehen wir zu Sverre«, sagte er. »Ich muss ihn was fragen. Und er sollte dich unterweisen, wie du mit dem Stein umgehen musst. Der Stein spricht mit dir, hast du gesagt?«
Alana schauderte. »Die ganze Nacht hat er geflüstert und gemurmelt.«
Es war gruselig. Sie war trotz der ganzen Aufregung so müde gewesen und beinahe sofort eingeschlafen. Eine Stimme, die leise und monoton in ihr Ohr murmelte, hatte sie dann geweckt. Sie war aufgeschreckt, hatte »Aindru?« gerufen, aber es war niemand außer ihr im Zimmer. Und die Stimme war deutlich zu hören, die ganze Zeit über. Sie konnte nicht verstehen, was sie sagte. Es raunte und wisperte in einer Sprache, die fremd und unheimlich klang.
Da musste jemand sein, der sie ärgern oder ängstigen wollte. Sie durchsuchte das kleine Zimmer, schaute in den Schrank und sogar in die kleine Truhe unter dem Fenster, sie lugte unter ihr Bett und beugte sich weit zum Fenster hinaus, um zu sehen, ob jemand auf dem Dach saß ... aber da war niemand, dem die Stimme gehörte.
Dann war sie zurück in ihr Bett
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