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Sturm ueber Cleybourne Castle

Sturm ueber Cleybourne Castle

Titel: Sturm ueber Cleybourne Castle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Candace Camp
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Jessica den Unterhaltungen mehr Aufmerksamkeit als sonst und fragte sich dabei immer wieder, welcher von den Anwesenden wohl in irgendeinen Zusammenhang mit den mysteriösen Vorkommnissen der letzten Tage gebracht werden könnte. Manchmal spürte sie, dass die Blicke des Duke auf ihr ruhten. Sie sah ihn aber nicht an, weil sie fürchtete, er könne in ihren Augen lesen, dass sie etwas ganz Bestimmtes vorhatte.
    Gleich nachdem die Tafel aufgehoben worden war, lief sie in ihr Zimmer, um noch ein wenig zu ruhen, bis die anderen zu Bett gingen. Doch sie war viel zu aufgeregt, um schlafen zu können. Nach einer Weile stand sie seufzend wieder auf, kramte ein altes schwarzes Kleid aus der Truhe und zog es über. Dann bürstete sie ihr Haar und beschloss, es lose auf die Schultern fallen zu lassen. Auf diese Weise konnte sie gegebenenfalls ihr Gesicht dahinter verbergen.
    Als sie all diese Vorkehrungen getroffen hatte, öffnete sie die Tür ein klein wenig, schob einen Sessel heran und spähte hinunter in die Halle. Draußen war alles ruhig. Kurze Zeit später erblickte sie einen der Lakaien auf seinem abendlichen Rundgang. Der junge Mann sah sich prüfend um und blies danach die Kerzen in den schweren Standleuchtern aus. Nun lag die Halle im völligen Dunkel. Jessica lehnte den Kopf an den Türrahmen und lugte durch den Türspalt. Der Lakai war in den hinteren Räumen verschwunden. Weit und breit war niemand zu sehen.
    Nach und nach begannen ihre Lider, schwer zu werden. Sie riss die Augen weit auf, blinzelte und rieb sich die Stirn. Der Schlaf, den sie zuvor vergeblich gesucht hatte, drohte jetzt, sie zu übermannen. Als sie wieder zu sich kam, wusste sie nicht genau, wie lange sie geschlafen und was sie soeben geweckt hatte. Die Halle war nach wie vor still und dunkel. Nichts bewegte sich darin.
    Leise öffnete Jessica die Tür etwas weiter und steckte den Kopf hinaus. Auch im Korridor regte sich nichts. Offensichtlich war jetzt die beste Gelegenheit, sich in das Versteck zu begeben. Lautlos schlich sie zur Treppe und huschte die Stufen hinab. Kurz bevor sie die Blattpflanze erreicht hatte, schien es ihr, als habe sie ein Geräusch gehört. Aber noch ehe sie sich umsehen konnte, legte sich eine Hand auf i hren Mund. Ein Arm schlang sich von hinten um ihre Hüfte und drückte sie fest gegen einen männlichen Körper.
    Sie erstarrte vor Schreck, und eine Welle panischer Angst durchflutete sie. Doch im selben Augenblick spürte sie einen warmen Atem an ihrem Ohr, und eine Stimme flüsterte: „Ich bin's, Richard. Nicht schreien!"
    Erleichtert nickte Jessica, und Richard ließ sofort die Hände sinken. Auch er war gänzlich in Schwarz gekleidet. Statt seines üblichen weißen Anzughemdes und des seidenen Krawattentuchs trug er ein einfaches, kragenloses dunkles Hemd, das er am Hals offen gelassen hatte. Wortlos schob er Jessica ein paar Schritte zur Seite und dann in einen schmalen Alkoven am Rande der Halle. Die enge Nische war fast völlig ausgefüllt durch eine gepolsterte Bank und nur mit einem kleinen runden Fenster versehen, durch dessen dicke undurchsichtige Scheibe, die noch aus der Tudor-zeit stammte, das trübe Licht des Mondes fiel. Cleybourne wies auf die Bank, und die beiden nahmen eng nebeneinander darauf Platz. Dann klappte er an beiden Seiten des Alkovens zwei aus Weidengeflecht hergestellte Türhälften um und verschloss damit die Nische. Das Flechtwerk bot genügend Zwischenräume, durch welche die Vorgänge in der Halle und auf der Treppe beobachtet werden konnten, ohne dass man selbst gesehen wurde.
    „Ich hatte keine Ahnung, was hinter dieser Tür liegt", flüsterte Jessica, die schon oft daran vorübergegangen war und das Flechtwerk immer für einen Wandschmuck gehalten hatte.
    „Die Nische war eigentlich im Verteidigungsfall für einen Bogenschützen bestimmt", erwiderte Richard ebenso leise und zeigte auf das runde Fenster. „Später wurde die Öffnung verglast, und noch viel später hat irgendein Heimlichtuer dann noch die Tür anbringen lassen. Aber darf ich nun auch einmal fragen", fügte er mit einem kaum merklichen Lächeln hinzu, „was Sie eigentlich hier gesucht haben?"
    „Ich wollte mich hinter der großen Blattpflanze verstecken und aufpassen." „Aufpassen? Worauf?"
    „Ich nehme an, auf dasselbe, das auch Sie beobachten wollten", erwiderte Jessica ärgerlich. „Es gehen schließlich sehr merkwürdige Dinge in diesem Hause vor, und ich will herausfinden, was es damit auf sich

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