Sturm ueber Cleybourne Castle
es spielte keine Rolle mehr, als sie merkte, dass sich auch sein Lächeln vertiefte.
„Ich wollte gerade darauf hinweisen", fuhr sie fort, „dass Sie jemanden brauchen werden, der alles aufschreibt, was die einen oder anderen sagen. Dann haben Sie doch etwas, das Sie den Behörden zeigen können, wenn es wieder möglich sein wird, das Haus zu verlassen."
„Ja, das ist richtig. Aber wer wäre denn wohl in der Lage, alles schnell und korrekt zu notieren?"
„Nun, ich habe seit Jahren dem General geholfen, seine Memoiren niederzuschreiben. Er erklärte mir, was er sagen wollte, und ich habe es dann zu Papier gebracht. Dabei habe ich mir ein paar Verkürzungen ausgedacht, die es mir ermöglichten, schneller zu schreiben."
„Das ist ja großartig!" Unverhofft nahm Cleybourne ihre Hand und drückte sie. „Ich würde auch Ihr persönliches Urteil sehr schätzen, um ehrlich zu sein. "
Seine Worte lösten eine Welle von Freude in ihr aus, und ihre Augen bekamen einen verräterischen Glanz. Richard bemerkte es und war sogleich wieder überwältigt von ihrer natürlichen Schönheit. Am liebsten hätte er Jessica an seine Brust gezogen und ein paar Augenblicke lang ganz fest gehalten. Doch noch standen einige der Diener und Hausmädchen wartend in einer Ecke der Halle, und so beherrschte er sich.
„Ich denke, wir sollten jetzt in mein Arbeitszimmer gehen, schlug er vor. „Ich werde einen der Lakaien beauftragen, vor der Tür von Mrs. Woods' Zimmer Wache zu halten. Wenn wir alle Gäste befragt haben, werden wir uns in dem Raum umsehen. Vielleicht bekommen wir dadurch nützliche Hinweise."
Wenig später nahm Jessica an Cleybournes Schreibtisch Platz, vor sich einen Stapel weißes Papier, ein Tintenfass und eine frisch gespitzte Feder. Richard saß vor dem Tisch in einem der beiden Armstühle. Der zweite war für den jeweiligen Gast bestimmt. Für Mr. Cobb hatten sie in einiger Entfernung in der Nähe der Tür einen Stuhl zurechtgerückt, von dem aus er das Verhalten und den Gesichtsausdruck der Befragten gut beobachten konnte.
Als alles vorbereitet war, wollte Mr. Cobb den ersten Gast hereinholen, doch Richard hielt ihn auf. „Warten Sie noch, Mr. Cobb. Ich denke, wir sollten noch einiges klären, bevor wir anfangen."
„Oh, Sie wollen wahrscheinlich, dass ich mich ausweise. Sofort." Cobb griff in die Innentasche seines Rockes, holte das entsprechende Papier hervor und überreichte es dem Duke.
Richard prüfte es eingehend und gab es ihm dann zurück.
„Ich denke, dass ich in Anbetracht der Umstände ein Recht habe zu erfahren, aus welchem Grunde Sie sich hier in der Gegend aufhalten. Sie sind doch nicht mit der Postkutsche gekommen, nicht wahr? Wollten Sie nach Cleybourne Castle, oder haben Sie wirklich nur wegen des Schnees hier Zuflucht gesucht? Für wen arbeiten Sie zurzeit?"
Jessica wunderte sich nicht über diese Frage, denn sie hatte schon einmal davon gehört, dass Polizisten auch von Privatleuten angestellt werden konnten, um ein Verbrechen aufzuklären.
„Das kann ich Ihnen gern sagen, Euer Gnaden", erwiderte der untersetzte Mann gleichmütig. „Ich arbeite im Auftrag eines reichen Londoner Bürgers, eines Mr. Joseph Gil-pin. Ihm wurden einige kostbare Schmuckstücke aus seinem Hause gestohlen, die ich nun wieder beschaffen soll. Er vermutet, dass der Diebstahl von einem Tanzlehrer begangen wurde, den er für seine Töchter engagiert hatte. Als ich einen Hinweis darauf erhielt, dass sich der Verdächtige mit der Postkutsche nach York begeben haben könnte, folgte ich ihm."
„Meinen Sie ... meinen Sie etwa dieselbe Kutsche, mit der die Gäste angekommen sind?" fragte Jessica überrascht.
„Kann schon sein, Miss. Ich habe zumindest Anlass, es anzunehmen, denn der Mann könnte kaum viel früher aus London abgereist sein. Wenn er die Kutsche genommen hat, dann ist er jedenfalls hier im Hause. Ich tippe auf diesen Kerl von Goodrich. Er ist mir zu nervös und hält sich immer in gebührender Entfernung von mir."
„Aha."
„Allerdings", fuhr Cobb mit ärgerlicher Miene fort, „wenn es ihm doch gelungen sein sollte, einen Tag eher aufzubrechen, dann habe ich seine Spur durch das Unwetter leider verloren."
„Ein Dieb also ..." Nachdenklich strich Richard sich über das Kinn. „Dann hat Kestwick vielleicht doch Recht, wenn er behauptete, es müsse neulich Nacht sich jemand in meinem Arbeitszimmer nach etwas Wertvollem zum Mitnehmen umgesehen haben."
Cobb nickte. „Er muss ein ziemlich
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