Sturm ueber Cleybourne Castle
blickte mit weit aufgerissenen Augen zu Cleybourne auf. „Es dreht sich alles um mich. Wahrscheinlich habe ich mir den Kopf verletzt."
Angewidert verzog Jessica die Lippen und tauschte einen Blick mit Gabriela, die jetzt ebenfalls misstrauisch geworden war. Zögernd stiegen die beiden die letzten Stufen bis zur Halle hinab.
Mit geschlossenen Augen und bleichen Wangen lehnte Lady Vesey an der Brust des Hausherrn, der sich offensichtlich sehr unbehaglich fühlte. „Sind Sie in der Lage zu gehen, Mylady?" fragte er sachlich und löste vorsichtig den Arm von ihr.
„Ich ... ich werde es versuchen ... wenn Sie mir dabei helfen." Noch ehe Cleybourne seinen Arm gänzlich zurückziehen konnte, hatte sie ihn ergriffen und machte, an Cleybournes Schulter gelehnt, einen unsicheren Schritt vorwärts.
Sofort begann sie, laut zu jammern. „Oh nein, oh, nein! Ich kann nicht laufen! Wahrscheinlich habe ich mir den Knöchel gebrochen." In gespielter Verzweiflung legte sie wieder den Kopf an Cleybournes Brust.
Bei diesen Worten umwölkte sich die Stirn des Duke so unübersehbar, dass Jessica Mühe hatte, ein Kichern zu unterdrücken. Sie blickte zum Boden.
„Oh, oh!" fiel Vesey sofort in das Wehklagen ein. „Wir müssen einen Arzt holen, Liebste! Verehrter Cleybourne ... "
„Jaja", erwiderte der Hausherr ungeduldig. „Blake, schicken Sie einen der Stallburschen zu Doktor Houghton." Stirnrunzelnd blickte er auf Leona, die sich immer noch an ihn klammerte.
„Du solltest am besten wieder ins Bett gehen, Liebling", schlug Vesey mit Trauermiene vor. „Und dabei waren wir doch gerade auf dem Weg, wieder aufzubrechen."
„Ja", bestätigte Cleybourne trocken, „ein erstaunlicher Zufall."
Während Vesey ihn ausdruckslos anstarrte, nahm seine Frau die Gelegenheit wahr, ihre Arme um den Hals des Duke zu schlingen.
„Tragen Sie mich bitte, Richard", flehte sie mit einem Tränenschimmer in den Augen. „Laufen schmerzt mich zu sehr."
„Zweifellos", erwiderte Cleybourne und winkte die Lakaien heran. „Hobbs, Williams, tragen Sie Lady Vesey in ihr Zimmer." Mit diesen Worten drückte er Leona den Dienern in die Arme und fügte mit kühler Miene hinzu: „Ich schicke Ihnen eines der Mädchen zur Hilfe."
Angesichts des Ausdrucks tiefster Enttäuschung auf Lady Veseys Miene, als sie so uninteressiert den Dienstboten übergeben wurde, musste sich Jessica erneut das Lachen verbeißen.
„Sicherlich möchten Sie Ihrer Frau Gesellschaft leisten, bis der Arzt eintrifft", wandte sich der Hausherr nun an Vesey.
„Wie bitte? Ja ... ja, natürlich, selbstverständlich." Vesey wirkte bei dieser Aussicht nicht gerade begeistert, wandte sich aber dennoch um und folgte den Lakaien, die Leona auf ihren verschränkten Händen die Treppe hochtrugen.
Jessicas Blick kreuzte sich dabei mit dem von Lady Vesey, der vor Gift und Gehässigkeit sprühte. Es war allerdings nicht genau auszumachen, ob sich die Bosheit gegen ihre Person richtete oder gegen die Art der Behandlung, die ihr von dem Duke zuteil geworden war. Achselzuckend drehte sich Jessica zu Cleybourne um.
„Ich vermute, dass uns die Gegenwart unserer Gäste noch ein wenig länger als erwartet erhalten bleiben wird", sagte Richard missvergnügt. Während dieser Worte streifte sein Blick Gabriela, die auf der letzten Treppenstufe stehen geblieben war. Rasch senkte er die Lider und winkte den inzwischen auch auf der Bildfläche erschienenen Butler herbei. „Baxter, schicken Sie eines der Mädchen zu Lady Vesey hinauf."
„Sie sollten jemanden hinschicken, dem es nichts ausmacht, geohrfeigt zu werden", sagte Jessica kurz, während sie überrascht bemerkte, dass der Duke zum ersten Mal Notiz von Gaby genommen hatte.
Verblüfft hob Cleybourne den Kopf. „Ich verstehe nicht ganz."
„Lady Vesey schien in einer gereizten Stimmung zu sein. Ich nehme an, dass ihr gebrochener Kochel' daran schuld ist. Und ich habe die Erfahrung gemacht, dass sie nur zu gern ihren Ärger an den Dienstboten auslässt."
Der Duke dachte einen Augenblick nach und befahl dann dem Butler: „Schicke Katy hin, und sage ihr, dass sie meine ausdrückliche Erlaubnis hat, der Dame auch den anderen Knöchel zu brechen, wenn sie es wagen sollte, handgreiflich zu werden." Wortlos wandte Baxter sich um und lief in den Dienstbotenflügel.
Krampfhaft überlegte Jessica, wie sie Gabriela darüber hinwegtrösten könnte, dass Cleybourne sie zwar angesehen, aber dennoch keines Wortes gewürdigt hatte. Die Kleine blickte
Weitere Kostenlose Bücher