Sturm ueber den Highlands
riss fest an den Zügeln und zog sie näher an sich. „Es ist ein weiter Weg von Carmichael Castle bis in die Highlands“, höhnte er. „Und der Laird ist ein kranker Mann.“
„Doch es ist nicht weit von Kinduin, Munro“, rief eine Stimme.
„Lucais!“ Sie blickte auf und sah, dass die Munros von grün gekleideten Sutherlands umzingelt waren, deren gezogene Schwerter mit tödlicher Sicherheit niedersausten, als sie den Weg zu ihr frei schlugen.
Seamus’ Gesicht wurde purpurrot. „Packt sie!“ brüllte er. Doch seine Munros senkten die Waffen, denn sie waren von einer Übermacht umgeben, eingekeilt zwischen den heranrückenden Sutherlands und den Carmichaels, die begierig auf Rache warteten.
„Deine Männer haben mehr Hirn als du“, sagte Lucais ruhig, als er seinen Rappen näher herandrängte. „Was bringt dich hierher?“ fragte er. Nur die zusammengepressten Lippen verrieten seine Anspannung.
„Ich bin lediglich hier, um das zu holen, was mir gehört“, schrie Seamus zurück.
„Meinst du das Mädchen?“ erwiderte Lucais, ohne sie anzusehen.
„Sie ist meine Schwiegertochter“, antwortete Seamus.
„Sie ist eine Munro?“ Cathal spuckte aus.
Ein verblüfftes Raunen folgte dem Nicken von Seamus, und die tadelnden Blicke der Sutherlands, die ihr am Tag zuvor noch zugelächelt hatten, ließen in Elspeth alle Hoffnungen schwinden.
„Was hat das mit dem Turm zu tun?“ Lucais blickte kalt und ungerührt.
„Nicht das Geringste“, antwortete Seamus rasch. „Dies ist nur der Ort des Zusammentreffens.“
„Er lügt“, rief Elspeth dazwischen, da sie einen Ausweg sah, ihrem Schwiegervater zu entkommen. „Broch Tower gehört mir ... auf mich übertragen von Seamus, als Raebert und ich heirateten. Nun möchte er ihn zurück.“
„Dieses Land gehört den Sutherlands. Seamus hatte kein Recht, es zu verschenken“, sagte Lucais, und ein wütender Gefühlsausbruch seiner Clansmänner erscholl.
Elspeth tat dies mit einer ungeduldigen Bewegung ab. „Ich habe aber ein D... “
Sie kam nicht weiter, denn mit einstimmigem Protest schnitten ihr die Sutherlands das Wort ab. Angeführt von Cathal, verfluchte man sie und die Munros dafür, dass sie sich erdreisteten, nach
ihrem Land zu begehren.
„Genug!“ rief Lucais, dann richtete er die Aufmerksamkeit wieder auf den Feind. „Warum trachtest du nach dem Turm?“ fragte er Seamus.
„Ich schere mich keinen Deut um diesen Steinhaufen“, brauste Seamus auf, und Lucais wusste, dass er log. Doch warum? „Aber er gehört Elspeth, und da sie die Witwe meines Sohnes ...“ „Witwe?“ Lucais blickte Elspeth zum ersten Mal an, seit er die Schlucht herabgesprengt war. Der einzige Farbfleck in ihrem weißen, betroffenen Gesicht waren die Augen, groß und veilchenblau, ängstlich und flehend. Es war die Wahrheit. Sie war eine Witwe, doch sie hatte es ihm nicht gesagt. Wut stieg in ihm auf.
„Ja“, fuhr Seamus fort. „Raebert starb vor drei Wochen. Eine Angelegenheit, die ich noch untersuche.“ Gewöhnliche Worte, doch der durchdringende Blick, den er Elspeth dabei zuwarf, ließ ihr Herz verzagen. Er wusste etwas. Er wusste, welche Rolle sie bei Raeberts Tod gespielt hatte. Und er würde sie dafür bezahlen lassen. „Es ist meine Verantwortung, mich um seine geliebte Gemahlin zu kümmern“, sagte Seamus in die drückende Stille hinein.
Elspeth erschauderte. Im Innersten ihres Herzens wusste sie, dass sie nicht einen Tag in der Obhut von Seamus überleben könnte. Und was war mit Lucais? Sie blickte unter gesenkten Wimpern zu ihm hinüber.
Was sie in seinem Gesicht durch das offene Visier lesen konnte, stimmte sie nicht zuversichtlich. Düsterer Blick, gefühllose Augen, die Lippen unbewegt, der Mund, der sie letzte Nacht so leidenschaftlich geküsst hatte, kalt und grimmig. Ihre Kehle war plötzlich wie zugeschnürt. Warum war die Wahl niemals wirklich eine Wahl? Trotzdem nahm sie an, dass Lucais’ Ärger der Grausamkeit von Seamus vorzuziehen war. „Ich würde lieber meinen Besuch auf Kinduin fortsetzen“, sagte sie geradewegs.
Seamus schnaufte verächtlich. „Du hast in dieser Sache nichts zu sagen. Außerdem es ist nicht passend ... du, ein einsames Weib in einem Turm voll mit Männern.“
„Welche weibliche Gesellschaft habe ich denn auf Scourie?“ „Dort brauchst du keine. Wir sind deine Familie.“
„Durch die Ehe.“ Elspeth widerstrebte es, mit solchen Kreaturen zusammengeworfen zu werden. „Ich bin keine Munro.“ Das
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