Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Sturm über Freistatt

Titel: Sturm über Freistatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Asprin
Vom Netzwerk:
den Deinen aus der Stadt meines Vaters verschwindest!«
    »Dein Vater. Ja. Und wo ist dein Vater, Siveni?«
    Harran verhielt sich völlig ruhig. Er versuchte, sich klarzuwerden, was in ihm vorging. Er haßte die rankanischen Götter, aber die ungeheure, bedächtige Gewalt der Macht in Savankalas Stimme erschreckte ihn weit weniger als die wütende Herausforderung Sivenis. Auch das war ein Problem. Wie kann ich anderes als Vollkommenheit aus der Stimme einer Göttin hören? Vor fünf Minuten war sie noch ganz Schönheit, ganz Macht, unübertrefflich, Jetzt …
    »Laß meinen Vater aus dem Spiel!« schrie Siveni. »Ich brauche seine Erlaubnis nicht, wenn ich mich des Donners bedienen will! Ich werde allein mit dir fertig! Mit euch allen! Denn Vashanka Großsprecher ist ohne erwachsenen Avatar! Dir fehlt ein Kriegsgott, Vater der Rankaner. Ich werde eure Tempel, einen nach dem andern zerstören, wenn du nicht kommst und dich mir und der Niederlage stellst, die dich erwartet!«
    Das Schweigen mochte lange gedauert haben, doch Harran war darüber hinaus, es zu bemerken. Was ist mit meiner Lady geschehen? In alle Ewigkeit sollte sie sein, wie sie war: von ruhiger Macht! Nicht von einer so selbstherrlichen Gewalttätigkeit. Und überhaupt, warum habe ich sie eigentlich gerufen? Aus Ärger über die Rankaner und die Beysiber? Wirklich? Oder aus einem andern Grund?
    Liebe? Ich …
    Er wagte nicht, sich mit diesem Gedanken weiter zu beschäftigen. Doch wenn es stimmte, was sie zu ihm gesagt hatte, war er selbst im Begriff ein Gott zu werden. Einen Augenblick erfüllte ihn heftige Freude. Wenn er sie von dieser Dummheit ablenken und dazu bringen konnte, den Zauber ein zweites Mal durchzuführen, wäre es für immer.
    Allein der Gedanke in alle Ewigkeit an der Seite dieser blitzenden Schönheit, dieser wilden, tollkühnen Macht sein zu dürfen …
    Die Erinnerung an ein weiches Lachen und Ischades Stimme, die sanft einen Mann verspottete, der sein eigenes Herz nicht kannte, brachte Harran wieder zu Sinnen. Unbedachtheit und Ungestüm hatten ihn in dieser Nacht hierhergeführt – so, wie sie ihn damals zu den Stiefsöhnen gebracht hatten. Und Unbedachtheit bedeutete Blindheit. Obgleich sein Körper schrie bei dieser Wandlung zur Göttlichkeit, sah sein Geist nun klarer. Er hatte Ischade die Situation besser erklärt, als er wußte. Siveni, die Ungestüme, die Blitzschnelle, hatte die Zeit und ihre Bitterkeit gründlicher akzeptiert als irgendein anderer Gott. Hier in der Welt der Sterblichen, wo die Zeit am stärksten war, waren auch ihre Verbitterung und ihre Wut am größten. Hier würde sie keine Weisheit, keine Zeit, keine Liebe für ihn haben.
    Und anderswo … ?
    Siveni war eine jungfräuliche Göttin. Darum konnte es auch anderswo nicht anders sein.
    »Komm heraus!« brüllte Siveni in Savankalas Schweigen. »Feigling von einem Gott, komm heraus und kämpfe gegen mich, sonst werde ich deinen Tempel in Schutt und Asche legen und jeden Rankaner in dieser Stadt töten! Beunruhigt dich das nicht? Bedeuten deine Anhänger dir so wenig?«
    »Ich höre deine Herausforderung«, antwortete Savankala. »Verstehst du denn nicht, daß ich sie nicht annehmen kann? Das Schicksal will es, daß Auseinandersetzungen zwischen uns von Sterblichen ausgetragen werden, nicht von uns Göttern selbst. Fürchtest du dich denn nicht vor dem Schicksal – der Macht-mit-vielen-Namen, die im Dunkeln über den Häusern aller Götter thront, rankanischen, ilsigern und beysibischen gleichermaßen? Willst du dich ihr widersetzen?«
    »Ja!«
    »Das ist betrüblich. Du als Göttin und angeblich weise solltest wissen, daß du nicht …«
    »Weisheit! Weisheit hat mir nichts gebracht!«
    »Ja«, entgegnete Savankala trocken. »Das sehe ich …«
    Harran war in einer seltsamen Gelassenheit gefangen, einer Klarheit, die keine Angst gestattete. Aber er wußte, daß er diese Klarheit bald opfern mußte. Und inzwischen hörten Savankala und Siveni sich wie ganz gewöhnliche Sterbliche an, die im Basar einen Streit ausfochten. Harran erkannte, daß Savankala nur darauf wartete, daß er, Harran etwas unternahm, und nur solange Zeit schinden wollte. Die Botschaft war deutlich genug gewesen: Auseinandersetzungen zwischen uns werden von Sterblichen ausgetragen …
    Seine Hand, oder vielmehr ihr Verlust, hatte ihm eine gute und rasche Lehre erteilt. Kein Haß war Schmerz wert – nicht einmal der einer unbedeutenden Schnittwunde im Finger. Und ganz gewiß war Haß den

Weitere Kostenlose Bücher