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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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Birnen.«
    »Für einen Centira könnten Sie nicht mal die Stiele kaufen. Ich gebe sie Ihnen für vier, dann habe ich wenigstens keinen Verlust.«
    »Es wäre ein Akt größter Barmherzigkeit«, versetzte Locke, »wenn ich sie dir für zwei abnähme. Aber du hast Glück, denn ich fließe schier über vor Großzügigkeit, deshalb sollst du zwei Centira haben.«
    »Zwei wären eine Beleidigung für die Männer und Frauen, die diese Birnen in den Treibhäusern des Schwarzhandbogens züchten. Aber wir können uns doch bestimmt auf drei Centira einigen?«
    »Drei Centira!«, wiederholte Locke lächelnd. »Bis jetzt bin ich in Tal Verrar noch nie ausgeraubt worden, doch ich bin so hungrig, dass ich dir dieses Privileg gewähre.«
    Ohne hinzusehen, reichte er Jean zwei der Birnen, während er in einer Rocktasche nach Kupfergeld kramte. Als er der Obstverkäuferin die drei verlangten Münzen zuwarf, nickte sie.
    »Ich wünsche Ihnen noch einen guten Abend, Meister Lamora.«
    Locke erstarrte und sah sie prüfend an. »Wie bitte?« »Ich sagte nur, dass ich Ihnen noch einen guten Abend wünsche, werter Herr.«
    »Oh nein, ich habe etwas anderes gehört …« »Was haben Sie gehört?«
    »Ach, nichts.« Locke seufzte nervös. »Ich habe ein bisschen zu viel getrunken, das ist alles. Ich wünsche auch dir einen schönen Abend.«
    Er und Jean schlenderten weiter, und Locke biss ein kleines Stück von der Birne ab. Sie war perfekt, weder zu fest noch zu trocken, noch zu reif oder klebrig. »Jean«, nuschelte er zwischen zwei Bissen, »hast du zufällig mitbekommen, was die Frau gerade zu mir gesagt hat?«
    »Ich fürchte, ich habe nichts gehört außer dem Todesschrei dieser unglücklichen Birne.
    Hör genau hin: ›Neeeiiin, iss mich nicht, bitte, bitte, iss mich nicht …‹« Jean hatte seine erste Birne bereits bis auf das Kerngehäuse verputzt; nun sah Locke, wie er sich auch das in den Mund stopfte, geräuschvoll mit den Zähnen zermalmte und bis auf den Stiel herunterschluckte, den er auf den Boden schnippte.
    »Bei den Dreizehn Göttern!« Locke schüttelte den Kopf. »Muss das sein?«
    »Ich mag die Kerngehäuse«, schmollte Jean. »All die winzigen, harten Stückchen.«
    »Nur Ziegen fressen so was!«
    »Hör auf, mir Essmanieren beibringen zu wollen. Du bist nicht meine Mutter.«
    »Ganz recht. Deine Mutter muss hässlich gewesen sein. Sieh mich nicht so an! Mach schon weiter, mampf das zweite Kerngehäuse; es steckt in einer leckeren saftigen Birne.«
    »Was hat die Frau denn gesagt?«
    »Sie sagte … ach, bei den Göttern, vergiss es! Ich bin blau, ich muss mich verhört haben.«
    »Alchemische Laternen, die Herren?« Ein bärtiger Mann streckte ihnen seinen Arm entgegen; mindestens ein halbes Dutzend kleine Laternen in vergoldeten Zierrahmen baumelten daran. »Zwei gut gekleidete Herren sollten nicht ohne Licht unterwegs sein; nur Gesocks pirscht im Finstern durch die Gegend, ohne etwas zu sehen! In der ganzen Galerie finden Sie keine besseren Laternen, weder tagsüber noch auf dem Nachtmarkt.«
    Jean wimmelte den Mann ab, während er und Locke ihre Birnen vertilgten. Locke warf sein Kerngehäuse achtlos über die Schulter, doch Jean steckte sich seines in den Mund, wobei er darauf achtete, dass Locke es sah.
    »Mmmmmmm«, brummte er mit halb vollem Mund, »himmlisch! Aber diese Erfahrung wirst du nie machen, du und all die anderen kulinarischen Feiglinge!«
    »Skorpione?«
    Dieser Ausruf sorgte dafür, dass Locke und Jean abrupt stehen blieben. Der Mann, der sie angesprochen hatte, trug einen Mantel, hatte eine Glatze und die kaffeefarbene Haut eines Okanti-Insulaners; er befand sich mehrere tausend Meilen von seiner Heimat entfernt. Als er lächelte, blitzten seine ebenmäßigen weißen Zähne, und er verbeugte sich leicht über seinen Waren. Vor ihm standen ein Dutzend kleine Holzkäfige; in einigen von ihnen bewegten sich dunkle Umrisse.
    »Skorpione? Richtige Skorpione? Lebendige?« Locke beugte sich hinunter, um besser in die Käfige spähen zu können, doch er hielt vorsichtig Distanz. »Wozu um alles in der Welt braucht man lebende Skorpione?«
    »Ich vermute, Sie sind erst kürzlich hier eingetroffen.« Der Mann sprach Therin mit einem leichten Akzent. »Die meisten Menschen, die in der Nähe des Messing-Meers leben, sind mit dem grauen Felsenskorpion gut vertraut. Sind Sie vielleicht Karthani?
    Oder Camorri?«
    »Talishani«, antwortete Jean. »Und das sind also graue Felsenskorpione? Von hier?«
    »Vom

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