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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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des folgenden Tages lauerten sie Jean in einem Hinterhalt auf.
    Zu ihrer Verblüffung spazierte er in Begleitung eines Konstablers aus Vel Virazzo in die alte Gerberei. Die Polizistin war groß und muskulös und trug einen pflaumenblauen Rock mit unterlegtem Ringelpanzer aus dünnen eisernen Kettengliedern; auf ihren Schultern prangten Messing-Epauletten, und das lange braune Haar war mit Messingringen zu einem straffen Zopf gebunden, die übliche Frisur einer professionellen Fechterin. Vier weitere Konstabler bezogen direkt vor der Tür Position; sie trugen ähnliche Röcke, doch obendrein waren sie bewaffnet mit langen, lackierten Stöcken und wuchtigen Holzschilden, die sie an Riemen über die Schultern geschlungen hatten.
    »Hallo, Kumpels«, grüßte Jean. In der gesamten Halle verschwanden Dolche, Stilette, zerbrochene Flaschen und Stöcke aus dem Blickfeld. »Bestimmt kennen einige von euch die Präfektin Levasto und ihre Männer.«
    »Tag, Jungs«, sagte die Präfektin lässig und hakte die Daumen in ihren ledernen Schwertgürtel. Von den Konstablern war sie die Einzige, die in einer schmucklosen schwarzen Scheide einen kurzen Säbel trug.
    »Präfektin Levasto«, fuhr Jean fort, »ist eine kluge Frau, und unter ihr dienen kluge Männer. Zufällig haben sie eine Vorliebe für Geld, das ich ihnen zuteilen werde als Entlohnung für ihren schweren und gefährlichen Dienst. Falls mir etwas zustoßen sollte … tja, dann verlieren sie ihre neue Einnahmequelle.«
    »Es würde ihnen das Herz zerreißen«, erläuterte die Präfektin.
    »Und es bliebe nicht ohne Konsequenzen«, legte Jean nach.
    Die Präfektin setzte einen Stiefel auf eine leere Weinflasche und übte so lange einen steten Druck darauf aus, bis das Glas unter ihrem Absatz zersplitterte. »Das Herz würde es ihnen zerreißen«, wiederholte sie mit einem schweren Seufzer.
    »Ich bin sicher, ihr seid alle nicht auf den Kopf gefallen, Kumpels«, setzte Jean seine Ansprache fort. »Ganz gewiss hat euch der unverhoffte Besuch der Präfektin gefreut.«
    »Und bei diesem einen Besuch könnte es bleiben«, meinte Levasto mit einem listigen Grinsen. »Sofern es keine besonderen Vorkommnisse gibt, komme ich nicht wieder hierher.« Betont langsam drehte sie sich um und schlenderte gemächlich durch die Tür nach draußen. Das rhythmische Gepolter, unter dem ihr Trupp abzog, verhallte schon bald in der Ferne.
    Drinnen in der Halle funkelten die Messing-Kerle Jean wütend an. Die vier Jungen, die der Tür am nächsten standen und die Hände hinter den Rücken versteckten, waren die Burschen, die Jean tags zuvor grün und blau geschlagen hatte.
    »Warum zum Teufel tust du uns das an?«, grummelte einer von ihnen.
    »Ich habe nichts gegen euch persönlich, Jungs, ich bin nicht euer Feind. Ob ihr es glaubt oder nicht, aber eines Tages werdet ihr zu schätzen wissen, welchen Gefallen ich euch erweise. Und jetzt haltet die Klappe und hört mir gut zu. Erstens …« An dieser Stelle hob Jean die Stimme, damit jeder ihn klar und deutlich verstehen konnte.
    »… muss ich euch sagen, es ist eine Schande, dass ihr schon so lange aktiv seid, ohne die Stadtwache gekauft zu haben. Sie waren schier überglücklich, als ich den Vorschlag machte, mit ihnen ins Geschäft zu kommen. Gefreut haben sie sich, wie vernachlässigte junge Hunde, die endlich mal gestreichelt werden.«
    Über einer fleckigen weißen Tunika trug Jean eine lange schwarze Weste. Mit der rechten Hand fasste er hinter seinen Rücken.
    »Aber«, fuhr er fort, »allein der Umstand, dass euer erster Gedanke war, mich zu töten, beweist, dass ihr zumindest einen Funken Mumm habt. Lasst mich doch mal eure Spielsachen sehen. Na los, zeigt sie mir.«
    Verschämt zückten die Jungen wieder ihre Waffen, und Jean inspizierte sie der Reihe nach. »Mmmm. Minderwertige Klingen, zerbrochene Flaschen, kurze Stöcke, ein Hammer … Jungs, das größte Problem an diesem Sammelsurium ist, dass ihr glaubt, diese Kinkerlitzchen stellten eine Bedrohung dar. Das stimmt aber nicht. Dieser Kinderkram ist eine Beleidigung.«
    Noch während er sprach, setzte er sich in Bewegung; seine linke Hand schob sich neben die rechte unter die Weste. Dann schossen beide Hände blitzartig nach vorn, er stieß einen Grunzer aus und ließ seine beiden Äxte fliegen.
    An der hinteren Wand hingen zwei halbvolle Weinschläuche; sie explodierten, als sich die Klingen der »Bösen Schwestern« durch das Leder fraßen, und ein Schwall billiger Verrari

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