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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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nicht blamiert. Auf der Eisvogel wart ihr beide die Helden des Tages, nicht ich. Ich habe ja selbst gesehen, was sie alles abgekriegt hat – die meisten Leute hätten sich mit diesen Verletzungen ein paar Tage lang in ihre Hängematten verkrochen. Aber sie ist so stur, dass sie einfach immer weitermacht. Ihr zwei passt wirklich gut zusammen.« »Das klingt, als müsste ich mich zwischen dir und Ezri entscheiden …« »Dazu muss es natürlich nicht kommen. Aber die Situation wird sich ändern …« »Sie wird sich nicht nur ändern, sie wird sich verbessern. Das bedeutet doch nicht, dass alles zu Ende ist.«
    »Du willst, dass wir sie mitnehmen? Drei gegen die ganze Welt? Möchtest du was Neues anfangen, eine Gang gründen? Hatten wir dieses Gespräch nicht schon einmal?« »Ja, und …«
    »Damals war ich ein versoffenes Arschloch, und das aus Leidenschaft. Ich weiß.« Locke legte seine linke Hand auf Jeans rechte. »Du hast recht. Es gibt immer Veränderungen und Verbesserungen. Wir haben gesehen, wie es anderen Leuten erging. Vielleicht blüht uns auch mal dieses Glück. Nachdem wir den Sündenturm-Coup durchgezogen haben, haben wir Geld wie Heu und werden in Tal Verrars feiner Gesellschaft nicht mehr geduldet. Wir können Ezri mitnehmen … aber du kannst auch hier bei ihr bleiben …«
    »Ich weiß noch nicht, wie ich mich entscheiden werde«, bekannte Jean. »Das Gleiche gilt für Ezri. Wir haben beschlossen, uns während der Dauer dieser Reise nicht mit der Frage nach unserer Zukunft herumzuschlagen. Wir ignorieren sie einfach.«
    »Gute Idee.«
    »Aber ich möchte …«
    »Hör mir zu: Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, dann triffst du die Entscheidung, die für dich am besten ist, ohne Rücksicht auf mich zu nehmen, verstanden? Ihr seid ein ideales Paar. Du könntest vielleicht noch was Besseres finden …«, Locke grinste, um Jean anzudeuten, dass er ihm nicht das Gehirn aus dem Schädel schlagen musste, »… sie jedoch nicht, das weiß ich hundertprozentig. Egal wie lange sie sucht, so was wie dich kriegt sie nicht noch mal. Nie im Leben.« Danach drückte er Jeans Hand. »Ich freue mich für dich. Du hast aus dieser ausweglosen Situation, in die Stragos uns gebracht hat, wenigstens noch etwas gemacht. Für dich ist trotz des ganzen Elends noch etwas Gutes dabei herausgekommen. Halte es fest.«
    Es gab nichts mehr zu sagen, deshalb standen sie an der Reling, lauschten den Schreien der kreisenden Seemöwen und beobachteten, wie die Sonne am fernen Horizont versank, ihr Feuer in die See ausblutend. Nach einer Weile polterten hinter ihnen auf dem Achterdeck Schritte.
    »Meine Jungs«, rief Drakasha, trat hinter sie und legte ihnen die Arme um die Schultern. »Mit euch wollte ich sprechen. Zusammen mit allen anderen Mitgliedern der Roten befreie ich euch von der Nachmittagswache.«
    »Ähem … das ist sehr großzügig«, bedankte sich Locke.
    »Nein, das ist es nicht. Von jetzt an geht ihr an den Nachmittagen den Zimmerleuten zur Hand. Da wir euretwegen nach Tal Verrar segeln, übernehmt ihr die meisten Arbeiten, die nötig sind, um das Erscheinungsbild der Orchidee zu verändern. Farbanstrich, Holzarbeiten, Takelage – für euch gibt es eine Menge zu tun.«
    »Na toll«, entgegnete Locke. »Eine gute Art, uns unterwegs zu beschäftigen.«
    Er sollte sich irren.

8
     
     
    »Land in Sicht!«, brüllte der Ausguck im Fockmast am frühen Abend. »Land und Feuer einen Strich an Steuerbord voraus!« »Feuer?«
    Locke, der im Vorschiff mit ein paar Maaten Karten spielte, blickte von seinem Blatt hoch. »Scheiße!« Er warf die Karten auf das Deck und verlor damit seinen Wetteinsatz von sieben Solari für diese Runde. Fast so viel, wie ein ehrlicher Verrari-Arbeiter in einem Jahr verdiente; der übliche Einsatz bei Spielen, die nach dem Auszahlen der Anteile stattfanden. Da sie Port Prodigal so überstürzt verlassen hatten, war auf dem Schiff eine Menge Geld im Umlauf.
    Als er auf das Oberdeck rannte, prallte er um ein Haar mit Delmastro zusammen.
    »Leutnant, ist das Tal Verrar?«
    »Es muss Tal Verrar sein.«
    »Und das Feuer? Ist es sicher, dass dort irgendein Brand ausgebrochen ist?« Ein Feuer in der Stadt konnte eine Katastrophe oder auch einen Bürgerkrieg bedeuten. Chaos.
    Vielleicht war Stragos schon tot, oder er wurde belagert, oder er hatte gesiegt – und deshalb keine Verwendung mehr für Locke und Jean.
    »Es ist der einundzwanzigste, Ravelle.«
    »Ich weiß, was für ein beschissener Tag

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