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Sturm ueber roten Wassern

Sturm ueber roten Wassern

Titel: Sturm ueber roten Wassern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Lynch
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Schlüsselbein sausen ließ. So fest er konnte, drehte Locke die beiden Klingen in den Wunden herum, und der Mann stöhnte auf. Die Kette glitt aus seiner Hand und landete klirrend auf den Steinen; in der nächsten Sekunde zog Locke seine Stilette aus dem Körper heraus wie Spieße aus einem Fleischbrocken, und der arme Kerl sackte in sich zusammen. Locke hob die blutigen Stilette, drehte sich um und stürzte sich in einer törichten Anwandlung von Selbstüberschätzung auf Jeans Gegnerin.
    Ohne ihm groß Beachtung zu schenken, verpasste sie ihm einen Tritt aus der Hüfte. Ihr Fuß knallte gegen sein Brustbein; es war ein Gefühl, als wäre er gegen eine Ziegelmauer gerannt. Er torkelte nach hinten, und sie nutzte die Gelegenheit, um endgültig von Jean abzulassen (der einen reichlich mitgenommenen Eindruck machte) und sich nun ganz Locke zu widmen. Ihrer Lumpen hatte sie sich entledigt. Locke sah, dass sie noch sehr jung war, vermutlich jünger als er; sie trug locker sitzende, dunkle Kleidung und eine schicke leichte Weste aus geripptem Leder. Sie war eine Therinerin, hatte eine ziemlich dunkle Haut, und das schwarze Haar war zu einem straffen Zopf geflochten, der wie eine Krone um ihren Kopf lag. Sie strahlte eine Gelassenheit aus, die verriet, dass sie bereits früher getötet hatte.
    Und wenn schon, dachte Locke, während er rückwärts auswich, das habe ich auch. In diesem Moment stolperte er über den Mann, den er gerade erstochen hatte. Sofort nutzte sie seinen Fehler aus. Kaum hatte er das Gleichgewicht wiedererlangt, ließ sie ihr rechtes Bein in einem hohen Bogen herumsausen. Ihr Fuß traf Lockes linken Unterarm wie ein Hammerschlag, und er fluchte, als das Stilett aus seinen plötzlich tauben Fingern rutschte. Wütend stieß er mit der rechten Klinge zu. Mit einer Gewandtheit, die der von Jean in nichts nachstand, packte sie mit der Linken Lockes rechtes Handgelenk, zerrte ihn nach vorn und knallte ihm ihre rechte Handkante gegen das Kinn. Sein zweites Stilett flog durch die Dunkelheit wie ein Mann, der von einem hohen Gebäude herunterspringt, und dann sah er anstatt des schwarzen Himmels über sich graue Steine, die auf ihn zuzufliegen schienen. Der Aufprall auf das Pflaster war so heftig, dass seine Zähne aufeinanderschlugen wie Würfel in einem Becher.
    Sie verpasste ihm einen weiteren Tritt, um ihn auf den Rücken zu rollen, dann stellte sie einen Fuß auf seine Brust und nagelte ihn am Boden fest. Eines seiner Stilette hatte sie aufgefangen, und benommen sah er, wie sie sich bückte, um damit auf ihn einzustechen. In den Händen hatte er kein Gefühl mehr, er war wie gelähmt, und in seinem Hals spürte er ein unerträgliches Kribbeln, als sein eigenes Stilett auf ihn zukam.
    Locke hörte nicht, wie Jeans Axt sich in den Rücken der Frau grub, doch er sah die Wirkung und konnte sich den Grund denken. Mit einem Ruck richtete seine Angreiferin sich auf, drückte den Rücken durch und ließ die Klinge fallen. Klirrend landete sie direkt neben Lockes Gesicht, und er zuckte zusammen. Die Frau sank auf die Knie, rang in schnellen, flachen Atemzügen nach Luft und lehnte sich dann zur Seite. Direkt neben ihrer Wirbelsäule steckte eine von Jeans Bösen Schwestern, und auf der Kleidung der Frau breitete sich rasch ein dunkler Fleck aus.
    Jean machte einen großen Schritt über Locke hinweg, bückte sich und riss die Axt aus dem Rücken der Frau. Die röchelte, kippte vornüber und wurde von Jean brutal wieder hochgerissen, der hinter ihr stand und die Klinge seiner Axt gegen ihren Hals drückte.
    »Lo … Leo! Leocanto. Bist du verletzt?«
    »Auf jeden Fall lebe ich noch«, keuchte Locke. »Bei diesen Schmerzen kann ich gar nicht tot sein.«
    »Schön.« Jean übte mehr Druck auf die Axt aus, die er dicht unter der Klinge festhielt, wie ein Barbier, der ein Rasiermesser ansetzt. »Red schon. Ich kann dir einen raschen Tod bescheren, ohne dass du dich noch lange quälen musst, vielleicht kann ich auch dafür sorgen, dass du am Leben bleibst. Du bist keine einfache Verbrecherin. Wer hat dich auf uns angesetzt?«
    »Mein Rücken«, schluchzte die Frau mit bebender Stimme, in der keine Spur von Drohung mitschwang. »Bitte, bitte, es tut schrecklich weh.«
    »Das soll es auch. Wer hat dich engagiert? Wer ist dein Auftraggeber?«
    »Gold«, legte Locke nach, von einem Hustenanfall unterbrochen. »Weißes Eisen. Wir können dich bezahlen. Von uns kriegst du das Doppelte von dem, was man dir für diesen Aufrag

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