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Sturm und Drang

Sturm und Drang

Titel: Sturm und Drang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Scott
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dem Hafen. Von hier aus kann man bis zum Strand laufen. In Zeiten einer nationalen Krise ist es dem Torwächter zwar strengstens untersagt, irgendjemanden hinauszulassen, aber der Mann wohnt schon lange in ZwölfSeen, und ich kenne ihn bereits mein ganzes Leben lang. Ich gebe ihm eine kleine Münze, und er lässt uns passieren. Er wirft mir einen anzüglichen Blick zu, als wir an ihm vorbeigehen. Wahrscheinlich denkt er, dass ich mir die Zeit mit einer Hure vertreiben will.
    »Es ist nicht sehr beruhigend, für wie wenig Schmiergeld er uns durch das Tor gelassen hat«, bemerkt Makri, während wir über die Felsen klettern.
    »Vermutlich wird er den Orks mehr abknöpfen. Bist du sicher, dass Dandelion hier ist?«
    Makri nickt. »Sie geht immer zu den Delfinen, wenn sie aufgeregt ist. «
    Irgendetwas scheint Makri zu bedrücken.
    »Glaubst du, dass wir uns entschuldigen müssen, weil wir sie zum Weinen gebracht haben?«, rückt sie schließlich damit heraus.
    »Weiß ich nicht.«
    »Das musst du machen«, sagt sie. »Ich kann mich nicht entschuldigen. Bei mir klingt das irgendwie immer etwas merkwürdig. «
    Die Müdigkeit und das Thazis setzen mir zu, als wir über die schwarzen Felsen kraxeln. Makri springt geschickt von Brocken zu Brocken, aber ich bin nicht so wendig wie früher und muss aufpassen, dass ich nicht in die eisigen Pfützen zwischen den Felsen falle. Schließlich erreichen wir den Strand.
    »Ich kann kaum glauben, dass ich tatsächlich mit Delfinen rede«, knurre ich. »Schon wieder.«
    Die Delfine in der Bucht sind in Turai sehr beliebt. Sie werden als Glücksbringer angesehen. Mir haben sie jedenfalls noch nie Glück gebracht. Aber sie haben mir auch nichts zuleide getan. Vielleicht gewinne ich ja beim Kartenspiel, wenn ich einem von ihnen den Schädel kraule.
    »Da ist sie«, stellt Makri fest.
    Ich spähe in die Dunkelheit, kann aber nichts erkennen. Makri sieht mit ihren Elfenaugen weit besser in der Finsternis als ich. Wir müssen noch ziemlich lange gehen, bis ich endlich den Umriss einer jungen Frau erkenne, die direkt am Wasser steht. Sie dreht sich um, als sie uns kommen hört. Ich hebe meinen Leuchtstab hoch und leuchte Dandelion ins Gesicht. Sie scheint immer noch zu weinen. Ich fühle mich unbehaglich, und Makri tritt feige einen Schritt zurück, damit ich die Wogen glätte.
    »Hallo, Dandelion. Hältst du gerade ein nettes Schwätzchen mit den Delfinen?«
    Dandelion antwortet nicht, sondern steht einfach nur so miesepetrig da wie eine niojanische Hure. Oder vielleicht noch Schlimmeres.
    »Wir fragen uns, ob du uns helfen kannst.«
    Sie sagt immer noch nichts. Ich bin frustriert. Es ist überflüssig, die Sache so aufzubauschen. Schließlich hat Makri ihr die Axt ja nicht über den Schädel gezogen. Was ihr wahrhaftig niemand hätte verübeln können.
    »Tut mir Leid, dass wir dich zum Weinen gebracht haben, aber weißt du … Es war nur ein kleiner Streit. So etwas kommt in den besten Tavernen vor. Vor allem in ZwölfSeen. Da ist es an der Tagesordnung. Wenn du glaubst, dass es in der Rächenden Axt schlimm zugeht, solltest du mal die Mehrjungfrau besuchen. Dort ziehen die Leute ständig blank, und es werden jeden Tag Gäste ermordet. He, wir haben das nicht so gemeint. Das musst du doch einsehen! Du kannst doch von Makri und mir nicht wirklich erwarten, dass wir jedes Wort auf die Goldwaage legen, bloß damit du dich nicht aufregst. Verdammt, was erwartest du eigentlich von uns? Wir können nicht den ganzen Tag herumrennen und Hymnen auf die Delfine verfassen. Einige Leute müssen verdammt schwer schuften, weißt du? Ich meine, du hast doch wirklich einen Knall, Dandelion!«
    Ich hole Luft.
    »Gute Entschuldigung«, lobt mich Makri. »Eine deiner besten.«
    Dandelion wischt sich eine Träne aus dem Augenwinkel. »Ich weine nicht wegen eures Streits. Die Delfine haben mir gesagt, dass die Orks schon hier sind.«
    Makri und ich zücken gleichzeitig unsere Schwerter und wirbeln herum. Aber es ist niemand zu sehen.
    »Wo? Wo sind sie?«
    »In der Rächenden Axt. «
    Makri und ich sehen uns an.
    »Von da kommen wir gerade. Da sind keine Orks.«
    »Haben sie vielleicht angegriffen, nachdem wir weggegangen sind?«, will Makri wissen.
    Dandelion schüttelt den Kopf. »Sie sind schon seit Tagen da. «
    »Seit Tagen?«
    »Ja.«
    Ich schiebe mein Schwert in die Scheide zurück.
    »Ohne dass jemand es bemerkt hat?«
    Dandelion nickt.
    »Aber die Delfine wissen es?«
    »Sie können es wahrnehmen«,

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