Sturm und Drang
lassen«, erklärt sie.
»Wie schön. Haben sie dir zufällig auch etwas über Wale gezwitschert?«
Dandelion schüttelt den Kopf. Der Seetang ist offenbar in ihr Haar geflochten, denn er fliegt nicht heraus.
»Sie wussten nicht, welchen Sinn das haben sollte, einen Schatz unter einem Wal zu vergraben.«
»Na großartig«, erkläre ich. »Der Abend heute hat sich wirklich gelohnt. Ein langer Spaziergang zum Strand, um sich von einer Bande Delfine beleidigen zu lassen.«
Ich stapfe zu den Felsen zurück. Makri folgt mir auf dem Fuß.
»Du solltest es vielleicht nicht als Beleidigung auffassen«, schlägt sie vor. »Vielleicht haben sie sich ja nur um deine Gesundheit Sorgen gemacht.«
Das besänftigt mich keineswegs.
»Diese verdammten Fische! Sie sollten sich lieber um ihre eigene Gesundheit kümmern. Ich komme über sie wie ein böser Bann, wenn sie weiter solche Gerüchte über mich verbreiten. Ich trinke zu viel, also wirklich!«
Ich ziehe den kleinen silbernen Flakon mit dem Kleeh heraus, den ich immer bei mir habe, und nehme einen beruhigenden Schluck. Wir gehen durch das kleine Tor in die Stadt zurück.
»Halt Ausschau nach allem, was wie ein Wal aussieht«, bitte ich Makri, als wir am Hafen vorbeigehen.
»Ich habe schon überall nachgesehen«, behauptet sie. »Hier gibt es nichts Derartiges.«
Als wir an einem großen Getreidesilo vorbeigehen, hält uns jemand an. Es ist Hauptmann Rallig.
»Hauptmann. Habt Ihr heute Dienst?«
Er schüttelt den Kopf.
»Was macht Ihr dann hier?«
Ich hatte bisher den Eindruck, dass Rallig jeden Moment seiner freien Zeit damit verbringt, mit Moolifi zu kuscheln, aber ich will ihm das nicht ins Gesicht sagen.
»Ich sehe mich nur ein bisschen um«, erklärt er und senkt seine Stimme. »Würdest du sagen, dass es irgendetwas hier in der Gegend gibt, das einem Wal ähnlich sieht?«
Ich blicke ihn streng an. »Habt Ihr getrunken, Hauptmann? Hier gibt es keine Wale.«
»Es ist vielleicht kein richtiger Wal.« Rallig ist hartnäckig. »Vielleicht etwas, das man im weitesten Sinne als Wal beschreiben könnte?« Er sieht Makri an. »Hast du irgendwelche Ideen? Vielleicht ein altes elfisches Wort, das dir dazu einfällt?«
Makri schüttelt den Kopf. »Die Elfen sprechen nur selten über Wale, eigentlich fast nie. Wo Ihr es erwähnt, es ist tatsächlich merkwürdig, wie wenig Verweise auf Wale in der elfischen Poesie zu finden sind.«
Hauptmann Rallig sieht sie misstrauisch an. »Hast du dich früher schon einmal mit dem Thema beschäftigt?«
»Ganz bestimmt nicht. Thraxas, habe ich jemals Wale oder walbezogene Themen studiert?«
»Nicht dass ich wüsste.«
»Was macht ihr beide denn um diese Zeit hier draußen?«, erkundigt sich der Hauptmann plötzlich.
»Wir schnappen nur ein bisschen frische Luft«, antwortet Makri. »Mit Walen hat das nichts zu tun. Und wir haben auch die ganze Zeit nicht über Wale geredet, kein einziges Mal. Bis Ihr sie eben erwähnt habt. Und selbst jetzt fällt mir zu Walen nichts ein.«
Ich verabschiede mich eiligst von dem Hauptmann und zerre Makri hinter mir her.
»Verdammt, Makri, übst du es eigentlich heimlich, so schlecht zu lügen?«
»Was meinst du damit, dass ich schlecht lüge? Ich fand mich sehr überzeugend!«
Ich schüttele angewidert den Kopf. Die Dienerin von Tanroses Mutter soll verflucht sein! Anscheinend hat sie jedem von dem Schatz erzählt. Es wird nicht mehr lange dauern, dann fällt die ganze Stadt dem Goldfieber anheim.
16. KAPITEL
Es ist schon später Morgen, als wir endlich müde in die Rächende Axt zurückkehren. Makri verschwindet sofort nach oben, um nach Lisutaris zu sehen, und ich gehe in Ghurds Zimmer, um einen Blick auf den Barbaren zu werfen. Obwohl ich so leise bin wie möglich, wälzt er sich bei meinem Eintreten auf seinem Lager herum.
»Entschuldige, ich wollte dich nicht wecken.«
Ghurd bringt ein schwaches Grinsen zustande. Das ist mehr, als all die anderen Fieberkranken geschafft haben. Ghurd ist ein kräftiger Barbar und zweifellos in einem oder zwei Tagen wieder auf den Beinen.
»Ich musste mich mal kurz hinlegen«, erklärt er. »Mir geht’s bald wieder besser.«
»Ganz sicher.«
Ich bin mit Ghurd durch die ganze Welt gezogen. Vor langer Zeit wäre ich einmal in einer Schlacht fast umgekommen, wenn er mich nicht herausgehauen hätte.
»Die Taverne … Ist alles in Ordnung?«
Ich beruhige ihn. »Ich habe alles unter Kontrolle.«
»Wie geht es Tanrose?«
»Gut. Sie ist in ein paar
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