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Sturmauge

Sturmauge

Titel: Sturmauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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der Geschichten überarbeiten müssen.
    »Torl, Eure Männer führen die Morgenandachten nicht durch«, sagte Chalat schließlich. Sein Blick wanderte über die versammelte Leibgarde und fand zuletzt den Lordprotektor. »Ihre mangelnde Frömmigkeit ist uns allen ein Grund zur Sorge. Der Erfolg hängt vom Segen der Götter ab.«

    Chalat war so groß wie General Lahk, aber deutlich kräftiger gebaut als jeder Farlan. Seine Oberarme waren so dick wie Männeroberschenkel  – sein unlängst begonnenes Fasten hatte sie nur wenig dünner werden lassen. Aber der einst für seine Fassform gepriesene Chalat hatte seinen Bauch verloren und erschien nun unterhalb seines ausladenden Brustkorbs deutlich schmaler, was durch das Seil, das er sich um die Taille band, noch betont wurde. Sein Haar war silbergrau, was bei Weißaugen selten war. Obwohl Chalat bereits länger als jeder normale Mensch lebte, war er im Sommer immer noch von der braunen Farbe gewesen, die für Chetse so üblich war.
    »Ich stelle ihre Frömmigkeit nicht infrage, Chalat«, sagte Torl angestrengt. »Über einige der Leute, die Euch wie aasfressende Krägen folgen, kann ich das allerdings nicht sagen.«
    Die Krähen hinter Chalat flatterten empört mit den Flügeln, doch brachte er sie mit einer Geste zum Schweigen. Sein Gesicht blieb ausdruckslos – er war mit dem Land im Einklang und sich seiner Stellung sicher. Das beunruhigte Lordprotektor Torl, der Vater eines Weißauges und lange Jahre Lord Bahls Vertrauter gewesen war. Ein Weißauge mitten in einem Heer sollte nicht so aussehen. Das widersprach ihrem ureigensten Antrieb.
    »Sie sind Motten, keine Krähen, und sie umschwärmen mein Licht«, sagte Chalat ruhig. Er trug auf dem Rücken noch immer das große Breitschwert, das er erhalten hatte, als ihn der Feuergott vor vielen Jahren erwählt hatte. Das Blutrosenamulett jedoch, das er ebenfalls erhalten hatte, hatte er abgegeben, bevor er Lomin verließ. Torl, als er dies gehört hatte, hatte gelacht, da er nicht hatte glauben können, dass ein Weißauge ein Artefakt von solcher Macht abgeben würde. Aber Chalat hatte es wirklich getan. Er hatte sich unwiderruflich verändert.
    »Kein Weißauge mehr«, erinnerte sich Torl an Chalats Worte,
als er sich ihnen angeschlossen hatte. »Kein Lord mehr, nur noch ein Bote der Götter.«
    Das kommt einem Propheten für meinen Geschmack ein wenig zu nah, und jeder weiß doch, dass die alle verrückt sind. Denkst du, der Glaube könne Speere abhalten? , fragte er sich in Gedanken.
    »Motten sind dumme Kreaturen, die bald von den Flammen verzehrt werden«, sagte Torl.
    Chalat nickte langsam. Ihn interessierte offensichtlich nur der Ruhm und nicht dessen Auswirkungen. »Das Heer muss die Andacht jeden Morgen durchführen, die Offiziere zusammen mit ihren Männern. Die Priester werden es überwachen und ihnen die Wege der Götter näher bringen. Es gibt Gerüchte über Gottlose unter uns, von Kreaturen, die tagsüber schlafen und des Nachts durch das Lager schleichen.«
    Ihnen die Wege der Götter näher bringen? Ich kann mir kaum vorstellen, was das heißen soll. Glauben sie denn wirklich, dass die Männer einfach danebenstehen, wenn ihre Freunde weggeschleift werden?
    Torl musterte die Priester, die im Schatten des Chetse standen, und wollte sehen, ob er einen wiedererkannte. Die Mitglieder der Gruppe wechselten beständig, was einen Schluss auf den wilden Kampf um die Herrschaft unter den Klerikern des Kreuzzuges zuließ. Zwei waren Priester des Tsatach, noch im kampffähigen Alter, die Chalat als seine Schüler angenommen hatte. Der Rest bestand vorrangig aus Mitgliedern von Tempeln des Nartis und des Todes, doch heute waren auch Vertreter Belarannars, Vrests und Vasles dabei.
    »Es würde uns täglich eine Stunde kosten, wenn die Männer allesamt die Andacht durchführten«, wandte Torl ein. »Und das gibt dem Feind mehr Zeit, uns zu bemerken und sich vorzubereiten.«
    »Ihr behauptet doch, Eure Magier und Hellseher würden uns vor der Entdeckung schützen. Stimmt das etwas nicht?«

    »Ich kann gar nichts versprechen. Der Erwählte des Larat könnte mächtiger sein als unsere Magier.« Jetzt plötzlich sind sie nützlich? Gestern wolltest du sie noch samt und sonders als Ketzer aufknüpfen, obwohl sie uns gesagt haben, wo die Menin sind.
    »In diesem Fall sind sie für uns nutzlos«, antwortete Chalat nur. »Sie werden vor ein Anstandstribunal gestellt werden und müssen sich dort rechtfertigen.«
    Torl deutete

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