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Sturmauge

Sturmauge

Titel: Sturmauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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Begegnung, umringt vom edlen Volk, den Waldgeistern Llehdens, verstärkte dieses Gefühl noch.
    »Aber wen schert das bei diesem Wetter schon? Hauptsache etwas Warmes. Also – was kann ich einem Mann, der das Wissen der Harlekine besitzt, über den Tod erzählen?«
    »Ich … ich weiß auch nicht recht«, gab Mihn nach einer kurzen Pause zu. »Ich habe über das Schicksal und Prophezeiungen nachgedacht, über die Bande, die unsere Existenz bestimmen. Ich weiß nicht genau, wonach ich suche, aber ich denke, ich muss mehr über den Tod erfahren, wenn ich die Ängste meines Lords verstehen will.«
    »Dann kann ich dir nicht helfen, befürchte ich«, sagte die Hexe freundlich. »Dein Wissen über die Mythen und Legenden übertrifft das meine – du kennst doch die Beschreibungen der grauen Halle Tods, des letzten Gerichts, das er abhält, und des Dunklen
Ortes, besser als ich. Ich bin mit den Augenblicken des Todes und der Geburt vertraut, aber nicht mit den Hallen der Unsterblichen. Um Dinge zu erfahren, von denen du noch nichts weißt, bräuchte es einen Priester des Todes oder einen Nekromanten.«
    »Ich glaube, dass mir heutzutage ein Priester noch weniger helfen wollen würde als ein Nekromant«, sagte Mihn mit ernster Miene. »Aber vielleicht …« Er blickte nachdenklich. »Vielleicht sind die Antworten bereits für diejenigen niedergeschrieben, die sie erfassen können.«
    Die Hexe musterte sein Gesicht. »Sprichst du über heilige Schriften oder ketzerische Texte? Wie viel willst du wagen?«
    »Das bringt mich zu meiner zweiten Frage. Lord Isak leidet unter der Last der Verantwortung. Er fürchtet, dass seine Stellung anderen Leid bringen könnte. Xeliath, Carel, sein Vater – sie alle haben wegen ihrer Verbindung zu Isak einen bleibenden Schaden erlitten, und diese Schuld trifft ihn tief. Er sieht mich ohne Waffe und Rüstung und traut sich darum nicht, meine Dienste in Anspruch zu nehmen.«
    »Und damit hat er Recht.«
    Mihn versuchte ihre Miene zu lesen, aber sie war ausdruckslos. »Was hat das damit zu tun?«, fragte er scharf.
    »Es ist nur eine Überlegung«, antwortete Ehla ruhig. »Es tut Lord Isak gut, trotz all seiner Macht und Gaben dann und wann auch einmal wie ein normaler Mensch zu denken. Die Sorge um seine Freunde könnte eine gute Erinnerung daran sein, dass er ein Mensch und kein Gott ist. Du weißt, dass dich im Augenblick keine Pflicht hier hält? Du könntest heute Nacht noch aufbrechen und dich von dem Tod entfernen, der im Schatten dieses jungen Mannes lauert.«
    »Und das kommt von der Frau, die fern der Heimat im eisigen Winter lagert.« Mihn wies auf den Park, in dem alles von einer Eisschicht überzogen war.

    Sie nickte, gestand ihm zu, dass er Recht habe. »Ich möchte dich nur daran erinnern, dass es deine Entscheidung ist, hierzubleiben oder nicht, und dass du diese Entscheidung tatsächlich bewusst fällen solltest, statt in seinem Windschatten von der anbrandenden Geschichte mitgerissen zu werden. Er ist ein Weißauge und der Erwählte des Nartis. Lord Isaks Ausstrahlung nimmt die Wesen in seiner Nähe gefangen, darum fällt es so leicht zu vergessen, dass man dennoch eine Wahl hat.«
    Er schüttelte den Kopf. »Das habe ich nicht vergessen, und ich habe meine Wahl auch getroffen: zu tun, was ich kann. Ich habe den Blick in den Augen derer gesehen, die aus Scree zurückkehrten. Ich kann nicht gehen.«
    »Gut. Welche Hilfe verlangst du dann von mir?«
    Mihn atmete tief durch. »Isak erwähnte letzte Woche etwas, das Aryn Bwr in Scree zu ihm gesagt hatte, und dies blieb mir im Gedächtnis: ›Nicht jeder Stahl ist dazu bestimmt, ein Schwert zu werden.‹ Ich werde niemals so mächtig sein, dass ich ihm Konkurrenz mache, denn die Götter haben mich nicht dergestalt geformt, aber sie haben mich dennoch gesegnet. Akrobatik ist mir stets leichtgefallen und meine Fähigkeiten beim Spurenlesen und Schleichen übertreffen die jedes Farlan-Waldläufers, den ich bisher traf. Das sind heimliche Fähigkeiten, und ich hoffe, dass Eure Zauberkraft sie verstärken kann.«
    »Willst du zum Dieb oder Meuchler für deinen Lord werden?« , fragte Ehla ernst.
    »Ich tue, was mein Lord von mir verlangt«, antwortete er. »Aber mein Schwur hat Bestand. Graf Vesna hat mich deswegen bereits befragt – und ich werde meine Meinung nicht ändern.«
    »Gut. Ich werde meinerseits nicht zulassen, dass meine Magie durch mörderische Taten beschmutzt wird.« Ehla musterte Mihn eine Weile. Er erwiderte

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