Sturmbringer
mich erkennt, ohne daß ich dieses Kompliment erwidern könnte.«
Der Anführer zupfte sich das Fuchscape um die nackte Brust und lächelte mit dünnen Lippen. »Mein Name ist Sepiriz, und du wirst mich bald kennenlernen. Was dich betrifft, so wissen wir seit vielen tausend Jahren von dir. Elric, bist du nicht - der letzte König von Melnibone?«
»Doch.«
»Und du«, wandte sich Sepiriz an Dyvim Slorm, »bist Elrics Cousin. Ihr beide seid die letzten Abkommen der melniboneischen Königsfamilie.«
»Ja«, stimmte ihm Dyvim Slorm zu, und Neugier stand in seinem Blick.
»Dann haben wir darauf gewartet, daß ihr hier entlangkommt. Es ist eine Prophezeiung ausgesprochen worden...«
»Ihr habt Zarozinia entführt?« Elric griff nach seinem Schwert.
Sepiriz schüttelte den Kopf. »Nein, aber wir können dir sagen, wo sie ist. Beruhige dich! Obwohl ich die Seelenqualen ermessen kann, die du durchmachst, kann ich dir in unserem Zuhause alles besser erklären.«
»Sag uns zuerst, wer ihr seid«, forderte Elric.
Sepiriz setzte ein zurückhaltendes Lächeln auf. »Du kennst uns, glaube ich - oder zumindest hast du von uns gehört. Zwischen deinen Vorfahren und uns hat in der Frühzeit des Strahlenden Reiches eine gewisse Freundschaft bestanden.« Er schwieg für einen Augenblick und fuhr dann fort: »Hast du vielleicht in Imrryr Legenden über die Zehn vom Berge gehört? Die Zehn, die im Feuerberg schlafen?«
»Oft sogar.« Elric hielt den Atem an. »Jetzt erkenne ich euch nach den alten Beschreibungen! Aber es heißt, ihr schlaft jahrhundertelang im Feuerberg. Warum zieht ihr auf diese Weise herum?«
»Wir wurden durch einen Ausbruch unseres Vulkans ins Freie getrieben, der davor zweitausend Jahre lang still gewesen war. Solche naturgegebenen Bewegungen sind in letzter Zeit überall auf der Erde eingetreten. Wir wußten, daß die Zeit angebrochen war zu erwachen. Wir waren Diener des Schicksals - und unser Auftrag ist eng an euer Geschick gebunden. Wir bringen dir eine Botschaft von Zarozinias Entführer - und eine zweite von einem anderen Absender. Möchtest du jetzt mit uns zum Abgrund von Nihrain zurückkehren und erfahren, was wir dir mitteilen dürfen?«
Elric überlegte einen Augenblick lang, dann hob er das bleiche Gesicht und sagte: »Es liegt mir daran, meine Rache so schnell wie möglich zu vollziehen. Aber wenn du mir etwas mitteilen kannst, das mich diesem Ziel näherbringt, komme ich mit.«
»Dann los!« Der schwarze Riese zerrte an den Zügeln seines Pferdes und wendete den Wagen.
Nach einer Reise von einem Tag und einer Nacht erreichten sie den Abgrund von Nihrain, einen riesigen klaffenden Spalt hoch in den Bergen, einen Ort, der von allen gemieden wurde; für die Menschen, die in der Nähe wohnten, hatte diese Schlucht eine übernatürliche Bedeutung.
Die vornehmen Nihrain sprachen unterwegs nur selten, und endlich befanden sie sich oberhalb des Abgrunds und lenkten ihre Wagen den steilen Pfad hinab, der sich in die dunklen Tiefen wand.
Etwa eine halbe Meile tiefer gab es kein Licht mehr, doch vor sich sahen sie flackernde Fackeln, die einen Teil eines unirdischen Wandgemäldes erleuchtete oder eine klaffende Öffnung im festen Gestein umrissen. Weiter in die Tiefe reitend, sahen sie in allen Einzelheiten die ehrfurchtgebietende Stadt Nihrain, die seit vielen Jahrhunderten von Außenseitern nicht mehr erblickt worden war. Hier lebten die letzten der Nihrain; zehn unsterbliche Männer einer Rasse, die noch älter war als die der Melniboneer, welche ihrerseits auf eine zwanzigtausendjährige Geschichte zurückblickten.
Schwere Säulen erhoben sich über den Männern, vor Urzeiten aus dem Gestein gehauen, Riesendenkmäler und breite Balkone in vielen Stockwerken. Hundert Fuß hohe Fenster und geschwungene Treppen waren in die Wand des Abgrunds geschnitten. Die Zehn steuerten ihre gelben Wagen durch ein riesiges Tor und in die Höhlen von Nihrain, die von vorn bis hinten mit seltsamen Symbolen und noch seltsameren Skulpturen geziert waren. Sklaven, aus jahrhundertelangem Schlaf geweckt, um ihren Herren zu dienen, eilten herbei. Selbst diese Gestalten hatten keine Ähnlichkeit mit den Menschen, die Elric sonst auf der Welt begegneten.
Sepiriz reichte einem Sklaven die Zügel, und Elric und Dyvim Slorm stiegen ab und blickten sich ehrfurchtsvoll um. »Kommt in meine Gemä- cher, dort teile ich euch mit, was ihr wissen wollt - und was ihr tun müßt.«
Die beiden Kämpfer folgten Sepiriz ungeduldig
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