Sturmbringer
können.
»Sollten wir Melnibone erreichen, wenn unser Werk getan ist«, sagte Elric unterwegs zu seinen Freunden, »können wir vielleicht bis zu dem Augenblick abwarten, da die Weißen Lords in der Lage sind, uns zu helfen. Außerdem schlummern Drachen in den Höhlen, und die würden uns, wenn wir sie wecken könnten, gegen Jagreen Lern viel nützen.«
»Was soll es dann bringen, jetzt noch gegen das Chaos anzutreten?« fragte Dyvim Slorm niedergeschlagen. »Jagreen Lern hat gesiegt, Elric. Wir haben unsere Bestimmung nicht erfüllt. Unsere Herrschaft ist vorbei, jetzt herrscht das Chaos.«
»Wirklich? Wir werden noch einmal dagegen kämpfen und seine Stärke mit der unseren messen. Laßt uns dann entscheiden, wie das Ergebnis aussieht.«
Dyvim Slorm sah ihn zweifelnd an, sagte aber nichts.
Und endlich erreichten sie das Lager des Chaos.
Kein Alptraum eines Sterblichen hätte eine solch schreckliche Vision ausmalen können. Die hochaufragenden Schiffe der Hölle beherrschten den Ort, den sie aus der Ferne beobachteten, bis ins tiefste Mark entsetzt von dem Anblick. Flammen aller Farben schienen überall im Lager zu flackern und hin und her zu schießen, scheußliche Ungeheuer aller Art mischten sich unter die Menschen, die abstoßend schönen Herzöge der Hölle besprachen sich mit den hagergesichtigen Königen, die sich mit Jagreen Lern verbündet hatten und diesen Schritt schon bedauern mochten. Von Zeit zu Zeit bewegte sich der Boden und brach auf, und die Menschen, die das Pech hatten, in dem Augenblick in der Nähe zu sein, wurden entweder verschlungen oder verwandelt und machten unbeschreibliche Körperveränderungen durch. Der Lärm war widerlich, ein Gemisch menschlicher Stimmen und brausender Chaosgeräusche, jaulendes Teufelsgelächter und oft auch der gequälte Schrei einer menschlichen Seele, die ihre Wahl der Gefolgschaft bereute und nun dafür dem Wahnsinn erlag. Der Gestank war ekelhaft, es roch nach Fäulnis und Blut, nach dem Bösen. Die Schiffe der Hölle bewegten sich langsam durch die Horde, die sich meilenweit erstreckte, durchsetzt mit den großen Zelten der Könige, deren Seidenbanner flatterten, ein hohler Stolz im Vergleich zu der Macht des Chaos. Viele Menschen ließen sich kaum noch von ChaosKreaturen unterscheiden, so hatten sie sich unter dem Einfluß des Chaos verändert.
Elric und seine Freunde starrten vom Rücken ihrer Pferde auf die Szene, und Elric sagte leise: »Offensichtlich verstärkt sich der entstellende Einfluß des Chaos in den Reihen der Menschen noch. Dies wird sich fortsetzen, bis sogar Jagreen Lern und die menschlichen Anführer ihre Menschenähnlichkeit ganz verlieren und zu Teilen der brodelnden Masse des Chaos werden. Das bedeutet dann das Ende der menschlichen Rasse - die Menschheit, vom Schlund des Chaos erfaßt, wird für immer untergehen.
Meine Freunde, ihr seht dort die letzten Menschen, die es außer uns noch gibt. Bald wird es keine Unterschiede mehr geben. Die ganze Erde ächzt unter dem Druck der Lords des Chaos, und sie absorbieren sie allmählich in ihr Reich, in ihre Ebene. Zuerst bilden sie die Erde um, dann nehmen sie sie ganz in Besitz; sie wird für sie nur ein Tonklumpen unter vielen sein, den sie nach Herzenslust zu grotesken Formen umgestalten können.«
»Und das sollen wir aufhalten können?« fragte Mondmatt hoffnungslos. »Unmöglich, Elric!«
»Wir müssen uns weiter bemühen, bis wir besiegt werden. Ich erinnere mich an die Worte des Meereskönigs Straasha: wenn Lord Pyaray, der Kommandant der Schiffe der Hölle, fällt, können die Schiffe nicht weiterexistieren. Ich hätte Lust, das auszuprobieren. Außerdem kann es sein, daß meine Frau an Bord seines Schiffes gefangen ist oder daß Jagreen Lern sich dort aufhält. Also habe ich drei gute Gründe für den Angriff.«
»Nein, Elric! Das wäre mehr als Selbstmord!« »Ich bitte euch nicht, mich zu begleiten.«
»Wenn du gehst, kommen wir mit, doch es gefällt mir nicht.«
»Nein - was einem Mann nicht gelingen kann, ist auch dreien unmöglich. Ich reite allein. Wartet hier auf mich. Wenn ich nicht zurückkehre, versucht euch nach Melnibone durchzuschlagen.«
»Aber Elric...!« rief Mondmatt und sah dann zu, wie Elric mit pulsierendem Chaos-Schwert sein nihrainisches Pferd anspornte und auf das Lager zuritt.
Elric, der vor dem Einfluß des Chaos geschützt war, wurde von einer Gruppe Krieger entdeckt, als er sich dem Schiff näherte, das sein Ziel war. Sie erkannten ihn und
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